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Mein lieber grosser Lennibenni,
10 Jahre, meine Güte, das ist wirklich mal eine Hausnummer! Jetzt sind wir alle in der Familie zweistellig.
Du bist im letzten Jahr nicht nur körperlich, sondern auch innerlich wirklich viel gewachsen.
Du bist eine unglaublich coole Socke und zwar nicht mehr nur Deinem Bruderund uns gegenüber, sonder auch anderen Erwachsenen und Kollegen. Dein Freundeskreis ist ein kleiner, aber sehr feiner. Du bist letztens über Dein Kindergartenzeugnis gestolpert, wo drinsteht, dass Du immer nur mit den gleichen Kindern spielst und Mühe hast, dich anderen zu öffnen. Tja. Mit genau denselben Kindern spielst Du immer noch. Ich hatte deswegen tatsächlic h ein bisschen Angst, weil doch die Neueinteilung der Klassen nach der dritten «Zur Förderung der Flexibilität und Durchmischung der Kinder» Dich von Deinem allerbesten Freund getrennt hat. Das Konzept der Schule mit der Durchmischung ist allerdings nicht wirklich aufgegangen (wie auch schon bei Q. Im Jahr vorher nicht), die ehemaligen Klassenkameraden kleben nach wie vor zusammen. Wir haben einen festen L&L-Tag in der Woche etabliert und das funktioniert auch in 90% der Fälle sehr gut, so dass Eure Freundschaft nicht durch äussere Umstände ins Hintertreffen geriet.
Die Schule: flutscht. So ganz problemlos, dass es fast unheimlich ist. Und zwar alles, über die Sachfächer, Deutsch, Englisch und auch Sport, Musik, Kunst und Werken. Du bist richtig gut im Trommeln und Percussion geworden, das fand ich in Q.s Jeki-Jahr mit dem Cello ja schon so beeindruckend, wieviel auch nur ein, zwei Stunden Gruppenunterricht in der Woche ausmachen.
Du schläfst immer noch recht wenig. Abends wirst Du zwar müde, kannst aber schlecht einschlafen (Sansa kuschelt sich jeden Abend zu Dir. Mit niemandem sonst kuschelt sie...), morgens wirst Du aber immer noch recht früh wach. Immerhin hast Du mittlerweile am Wochenende die Freuden des «Bachelns» entdeckt.
Abends geniesst Du immer noch das Vorlesen. An Büchern hast Du einen durchaus anderen Buchgeschmack als Q. (für Aussenstehende nicht unbedingt zu erkennen): Während Q. Alles mit Zauberern und Helden verschlungen hat, magst Du es am liebsten, wenn Tiere mit dabei sind. «Schule der verzauberten Tiere», «Woodwalker», «Animox», das ist genau dein Beuteschema.
Essenstechnisch bleibst Du Dir treu: keine Kartoffeln (ausser Suppe und manchmal Pommes), keine Nüsse, gern alles mit Früchten, keine Karotten, dafür aber Gurken. Wenn man sich Dein Wachstum im letzten Jahr anschaut, ist das nicht der schlechteste Speiseplan.
Du bist (wie vermutlich alle Kinder Deines Alters) ein Medienfuchs, bist auf Youtube zu Hause, hast Dich aber auch ehrlich über das Plüsch-Axolotl gefreut, das heute auf dem Geburtstagstisch lag. Du bist ein sehr, sehr guter Beobachter von zwischenmenschlichen Strömungen, hast einen sehr ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und stehst nicht nur für Deine und die Rechte Deiner Freunde ein, sondern auch für die von Leuten, die Du nicht magst, wenn sie aber halt ungerecht behandelt werden. Du machst Dir Gednaken, ob Deine Äusserungen Dein Gegenüber vielleicht verletzen könnten und bist manchmal ein bisschen arg vorsichtig (manchmal auch nicht. «Ach, L., Du hast so schön weiche Hände!» «Deine sind auch weich, Mami, aber halt schon auch sehr faltig.»).
Du machst Dir sehr viele Gedanken über die Zukunft: immer wieder überlegst Du, ob Du mal Kinder haben möchtest (ganz ernsthaft hat Dich die Aussicht aufs Windelwechseln fast davon abgebracht), ob Du zu einem festgesetzten Zeitpunkt bei uns daheim ausziehen musst (nein!) und welchen Job Du später einmal machen möchtest. Da beschäftigen Dich Roboter und künstliche Intelligenz sehr, weil die in Deiner Vorstellung in naher Zukunft praktisch alle unsere Jobs besser und billiger ausführen können. Deshalb zielst Du im Moment am ehesten auf Roboterprogrammieren oder etwas Künstlerisches, weil Du denkst, dass Roboter das nicht so gut können.,
Ach Du, mein Süsser, bewahr Dir dein Wesen, Du bist perfekt, so wie Du bist!
Alles Liebe
Deine Eltern
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