Sehr gut geschlafen habe ich heute trotz allem in unserer recht einfachen, aber sauberen und gemütlichen Unterkunft. Ich hatte erst Bedenken wegen geteilten Badezimmers auf dem Flur, aber anscheinend waren nur likeminded Leute mit uns da und so war alles super.
Wir sind relativ früh gestartet, ich hatte ja eine 8h Wanderung auf dem Plan. Blick nach draussen liess mich schon ein wenig zweifeln, die Wolkendecke hing nämlich sehr tief und schnitt alle Berge oben ab. Die Wegbeschreibung sagte: nicht im Nebel, weil unmarkiert und Steilabbrüche.
Aber: die Wetterapp kündigte aufklare ab Mittag an und wur müssen ja auch erstmal hinkommen. Ich habe grossspurig angeboten zu fahren hatte ich doch eine geteerte Strasse entlang der Fjord Küste vor meinem inneren Auge.
Das war auch für ungefähr 5min so, dann hiess es wieder "malbik endar" und wir rattert auf einer Schotterpiste dahin, immer wieder zum richtig langsam fahren aufgefordert, weil "Vögel auf der Strasse". Da hatten offensichtlich Unmengen *Insert korrekte Bezeichnung* so schwarzweiß Hübsche das Memo nicht bekommen, dass dwe Place to be an den Klippen wäre.
Wir kamen recht bald an einem einsamen Hotpot vorbei und, das war im Nachhinein ein Fehler, gingen nicht baden, weil "sonst kommen wir gar nicht in die Gänge".
Die 'Strasse" wand sich dann nach oben, steil, ruckelig und jetzt auch voll IN der Wolkendecke. War gar nicht mal so entspannt bei teils weit unter 50m Sicht durchs Febiege zu juckeln. Vorteil: man sah nicht, wie tief es an welcher Seite runter ging. Es gab immer wieder Aussichtspunkte und ich bin sicher, die Gegend ist superschnell, aber naja: nix gwiss woassma ned, weil Nebel. Zweimal waren wir kurz obenraus, aber es ging immer wieder schnell in die Suppe zurück.
Irgendwann kam das Schild für unser erstes Ziel: Dynjandi und promt ein Riesenwasseefall direkt neben uns aus dem Nebel. Das war er aber noch nicht, den "richtigen" Wasserfall erkannten wir unschwer an den .. 15(?) Bussen verschiedener Kreuzfahrtschiffe, die Menschenmassen in entweder einheitlichen Regenjackem (leider im gleichen Blau wie meine) oder mit Aufklebern kenntlich gemacht, alle in Turnschuhen oder anderen ähnlich geeigneten Schuhen ausgespuckt hatten, die sich in einer laaaansamen Schlange den Berg zum korrekten Selfiespot hochkämpften und dann, weil falsche Schuhe und /oder alt und "huch, steil" vom "Reiseverführer" (ich denke mir das nicht aus, daßs stand auf der Regenjacke hintendrauf) an der Hand / im Arm wieder runtergeleitet werden mussten.
Keine Art des Tourismus finde ich grauenvoller als Kreuzfahrten, keine Art von Touristen unangenehmer.
Aber: Superwasserfall!
Die Weiterfahrt übernahm der Hübsche, klar, ab jetzt war natürlich geteert, irgendwo mussten die Busse ja herkommen.
Die Wolken hingen immer noch tief und wir hatten ein kleines Hüngerchen, also: Waffeln mit Rhabarbermarmelade und Sahne im Simbahöllin-Cafe
(im Garten ein Rhabarberbeet und ein ausgemusterter Linienbus mit Tischen drin, anscheinend sind Cafebusse a thing in Island, aber bis zum @
skool_beans- Bus in Vik ist es noch ein Stück)
Im Laden gab es auch Kunst zu kaufen, zB gehäkelte Brüste. In Rahmen.
Als wir gestärkt waren, war es IMMER noch neblig in den Bergen. Ich Sturkopf war immer noch nicht bereit, aufzugeben und so sind wir am Flughäfchen vorbei zu dem Bauernhof gebuckelt, wo es angeblich losgeht. (Jeder zweite Bauernhof in Island heisst Kirkubol).
Naja. Wir waren auf einmal auf einem Bauernhof von Hunden skeptisch beäugt im Nebel kein Weg zu sehen und dann habe es sogar ich eingesehen: nix mit dem "Dach der Westtfjorde" für uns heute.
Stattdessen habe ich uns ein Schwimmbad rausgesucht und der Hübsche kutschierte uns dorthin.
Skurrile Nebenstory: in meinem Lonely Planet Reiseführer von 2013 steht:
(Der erwähnte Tunnel ist nur einspurig, also mit Ausweichbuchten, falls Gegenverkehr und hat eine Kreuzung in der Mitte des Berges, also: schon speziell)
Eine halbe Seite später steht das als Shoppingtipp (als einziger!) für Suðureyri:
Und ich weiss jetzt nicht superviel über Isländische Kultur, aber ich würde vermuten, "Schmuck aus Haaren" ist vllt nicht so sehr typisch isländisch wie typisch für "Jahrhunderte keinen Tunnel zum Rest der Welt gehabt."
Aber : ich war natürlich neugierig (und der Hübsche hatte keine Lust, sich die nächsten 10 Jahre anhören zu müssen, dass wir damals nicht in Björks "Schmuck aus Haar"-Laden waren), also habe ich recherchiert. Ich habe bisher wenig Läden mit weniger Internetfootprint gefunden (noch keinen Tunnel zum Internet?), aber einige Spuren doch. Man war sich unschlüssig, ob Aðalgata 14 oder 15, also sind wir gucken gefahren.
Und da endet die Story, weil: Aðalgata 15 ist ein Restaurant (wir haben nicht überprüft, ob sie Gerichte aus Haar anbieten), Nummer 14 ist ein Appartmenthaus, vor dem Teenager Sachen zum Verkauf anboten. Wir erkannten auf Anhieb Bügelperlenzeug, eine gewisse DIY-Affinität war also durchaus da. Wir haben es allerdings nicht über uns gebracht, zu fragen, ob sie die mit dem Schmuck aus Menschenhaar wären, so entspannt, dass mir wurscht wäre, was Kinder aus einem Dorf in den Westfjorden von mir denken, bin ich noch nicht. (Vielleicht hat der Laden auch Corona einfach nicht überlebt)
Das Schwimmbad war leicht zu finden, es hatte verschieden warmes Wasser, es gab Kaffee umsonst, das war sehr schön. Aus Versehen haben wir uns mit deutschen Touristen aus Berlin unterhalten (ich hatte recht mit den angenommenen Verwandtschaftsverhältnissen) und wir wissen jetzt, dass man in Island ganz anders Urlaub machen kann als wir. Nämlich: 5 Tage ein Haus mit Fischerboot mieten, jeden Tag Fischen gehen und morgens den Fang bei der Fischfabrik abliefern. Und dann findet man Island ganz schön eintönig, besonders landschaftlich und mehr als Angeln kann man ja wohl kaum machen, in Österreich ist der Urlaub besser. Naja. (Ich würde gern ehrlich behaupten, das nicht zu ver- oder auch nur zu beurteilen, aber naja.)
Zurück ging es durch den Tunnel nach Flateyri zu der, finde ich skurrilsten Unterkunft unserer Reise: dem ältesten
Buchladen Islands.
Ich gebe zu, ich war überglücklich, dass sich unsere Zeitplanung mit den verfügbaren Zimmern ausging (es gibt nur drei). Wir übernachten praktisch in einem Museum.
Wie liebevoll das alles gemacht ist!