Dienstag, März 31, 2020

310320 Neue Routinen

Nach zweieinhalb Wochen haben sich hier Routinen eingespielt, es ist spannend, zu sehen, was wir im Vergleich zu früher (TM) nicht mehr machen, was wir neu machen und was sich gar nicht geändert hat.

Der Tag heute war eigentlich recht typisch:
Mein Wecker läutet um 6:00, ich gehe leise ins Bad, nehme den am Vorabend bereitgelegten Stapel Kleider (aktuell halt eher Jeans/Shirt anstatt Hose/Bluse oder Kleid) mit, mache mich fertig, schminke mich, wie ich das, obwohl das so mancher scheints nicht glauben kann, wie jeden Tag, lese beim Zähneputzen den Feedreader, um halb sieben bin ich fertig, Händewaschen, Parfumausprühen, runter gehts.
Ich gebe den Katzen frisches Wasser und Feuchtfutter, mache die Kaffeemaschine an (wenn Hafermilch nachgefüllt werden muss, kriegt Jonny einen Probierschluck. Sogar er mag die vom coop nicht so gern wie Oatly Barista) und mache mir einen doppelten Milchkaffee im Lieblingsbecher.
Normalerweise würde ich schnee frühstücken und den Kindern ihre Znüniboxen auf den Tisch stellen und um zehn vor sieben aus dem Haus gehen, um den Bus zum Bahnhof zu erwischen.
Heute braucht keiner Znüniboxen, ich stelle stattdessen den Bräter in den Ofen und programmiere das Vorheizen so, das das Brot dann eine Stunde vor dem Mittagessen fertig ist. Den Teig falte ich in der Schüssel einmal zusammen, dann darf er weitergehen.
Mit meinem Kaffee sitze ich um viertel vor sieben am Computer und fange an, die aufgelaufenen Emails zu beantworten.
Um sieben (das ist eine halbe Stunde bis Stunde später als normal für Q. und das spätere normale Aufstehen für L.) läutet der Wecker für den Rest der Familie, die sich mit dem Aufstehen Zeitlassen und um acht den Frühstückstisch fertig haben. Wir kochen die erste von vielen Thermoskannen Pfefferminztee (das ist L.s und mein aktuelles Lieblingsgetränk für immer), ich bugsiere den Brotteig auf die Arbeitsfläche, falte ihn mehrfach, bis es eine Kugel ist, die mit Backpapier ins Gärkörbchen kommt. Je nach Brot- und Mittagessenplansituation für den nächsten Tag würde ich jetzt direkt den nächsten Teig anrühren, aber heute haben wir noch genug und ausserdem habe ich für heute Mittag Suppe geplant in Mengen, die für morgen auch noch reichen sollten.
Frühstückszeit! Wir planen den Tag, d.h. welches Kind braucht das Laptop wann (Wir haben mehr als genug Endgeräte für alle, allerdings ist Ls Schreibtisch noch ohne Computer, so dass er Qs aktuell mitbenutzt. Wird sich vermtlich bald ändern)? Wer muss was ausdrucken? Wann können wir Mittagessen? Welcher Erwachsene hat wann Meetings, die auf keinen Fall gestört werden dürfen, wen kann man im Fall wann etwas fragen?
Zwanzig nach acht machen sich alle auf den Weg in ihre Zimmer oder an ihre Arbeitsplätze. L. möchte neben mir sitzen, was ok ist, ich muss ihn nur manchmal bitten, mit dem Singen aufzuhören :-), dafür kann ich sehr gut parallel zu einer TC ihm zeigen, wie man in ein Word-Dokument Formen und Pfeile einfügt, wir wollen nicht ALLE Arbeitsblätter ausdrucken.
Als der Ofen piepst und mitteilt, dass er fertig vorgezeizt hat, schubse ich das Brot in den heissen Bräter (L. kennt seinen Job: bis der Ofen wieder zu ist, alle 10 Sekunden sagen "Mami, Achtung, das ist heiss!" weil mein Reptiliengehirn "Achtung heiss" nur in Verbindung mit dem Ofen hinbekommt, sobald der mehrere Kilos schwere 230 Grad heisse Bräter auf der Arbeitsplatte steht, denkt der Lizard "Ach, schau, ein Topf, grad mal aufräumen". Fragen Sie nicht, woher ich das weiss...), entferne nach 30 Min den Deckel, weitere 20 Minuten später bin ich mitten in eine Gespräch und L. muss den Piepser abstellen und die Ofentür aufmachen.

Der Hübsche arbeitet derweil unter dem Dach und weil da nicht die Küche, sondern die Waschmaschine in Reichweite ist, ist er unser Laundrymanager, d.h. für Befüllen, Starten, Ausräumen, Aufhängen, Zusammenlegen verantwortlich.

Um halb zwölf würde ich mich eigentlich bei der Arbeit langsam (hahaha) nach Gesellschaft fürs Mittagessen umsehen oder zu eine abgemachten Date marschieren. Heute trudeln mehr oder weniger von allein die anderen Familienmitglieder in der Küche ein, wir bereiten gemeinsam das Mittagessen vor. Heute: zwei Suppen, für die gestern abend schon alles geschnippelt wurde, und die deshalb in 15 Minuten auf dem Tisch stehen.

Statt "Tablett aufs Band" und "Hat noch wer Zeit für einen Kaffee?" wird gemeinsam die Spülmaschine eingeräumt, Kaffee gibt es trotzdem und dann laufen wir alle vier eine Runde ums Quartier. Sansa ist gerade schon heimgekommen, Jonny treffen wir unterwegs (auf dem Rückweg besucht er die beiden Leute, die auf einer Bank Mittagspause machen, stellt sich zwischen ihnen auf und bekommt wie selbstverständlich einen Happen ab. Ok?!). Zwanzig nach 12 sind wir zurück, ich mache L. und mir noch eine Kanne Tee (er muss noch die zweite Runde Englisch machen), dann startet auch schon das nächste Meeting. Das geht dann mehr oder weniger ohne Pause so weiter bis fünf. Zwischendrin habe ich irgendwann mal zwanzig Minuten meetingfrei. Im Büro würde ich allein oder mit Kollegen auf einen schnellen Kaffee gehen, hier rufe ich einmal durchs Haus: "Kaffee? Äpfel? Kekse?" und zack, 10 Minuten Austausch zu viert.

Kurz nach 5 (normalerweise sässe ich da schon im Zug nach Hause) klappe ich das Laptop zu, der Hübsche, Q. und ich (L. hat sich nach dem Crosstrainerstrampeln und Duschen schon den Pyjama angezogen und ausserdem hat sein bester Freund endlich mal Zeit für einen ausgiebigen Videochat) machen noch eine Draussenrunde, stolpern dabei über das grosse "Fressnapf"-Paket, das doch die angekündigten über zwei Wochen Lieferzeit hatte. Aber damit sind die Katzen jetzt für ein paar viele Wochen versorgt und wir müssen nicht durch die Gegend gurken, sammeln die Katzen ein und spendieren grad ein Lieblingsfutter aus dem Paket.
Es ist viertel nach 5, normalerweise würden wir alle langsam zu Hause eintrudeln und über den Tag reden und was so war, das wissen wir jetzt ja alle schon. Der Hübsche und ich strampeln uns durch 20 Minuten Shred (Level 2, es macht überhaupt keinen Spass), dann bin ich die letzte, die noch nicht auf dem Crosstrainer war heute und strample dort noch eine Dreiviertelstunde runter (mit Buch und Internet) und springe dann direkt unter die Dusche. Lustigerweise bin ich sonst bei Sport vor dem Abendesse total schnell unterzuckert und zittrig, aber obwohl ich (happy Fastenzeit) auch daheim nicht mehr esse als sonst bei der Arbeit, ist das aktuell kein Problem.
Frisch geduscht und im Pyjama mit Kuschelmäntelchen drüber stelle ich mich in die Küche und mache Abendessen für alle. Normalerweise wäre der Hübsche drei Abende die Woche beim Sport und ich würde "nur" mit den Kindern essen, das ist schon auch schön, dass das jetzt nicht so ist und wir alle gemeinsam essen. Wobei: heute nicht, weil Q. Pio-Hock hat, der findet per Skype statt und so bekommt Q. sein Essen von L. vor den Computer geliefert.

Normalerweise würde ich nach dem Abendessen mit den Kindern ihre Znüniboxen für den nächsten Tag parat machen, die braucht ja jetzt keiner, stattdessen überlegen wir, was es am nächsten Tag zu Mittag geben soll und was wir dafür vorbereiten können. Heute zB: nix, weil es noch Suppe von mittags und Nudeln von abends gibt.

Die Kinder schreiben ihre Coronatagebucheinträge, während ich hier blogge, verschwinden in ihre Zimmer, machen sich bettfertig (Q. darf, er muss ja später aufstehen als sonst, bis 11 lesen, L. fallen viel früher die Augen zu), ich lese L. noch ein paar Seiten vor, dann liest er alleine weiter, ich schwatze noch ein bisschen mit Q., lege meine Klamotten für morgen raus, koche noch eine Tasse Pfefferminztee, schäle die letzte Orange (jemand hat viel zu viele Äpfel und viel zu wenig leckeres Obst gekauft), schnappe mein Strickzeug und meine Abbendpflegeroutine und setze mich mit dem Hübschen auf unsere Galerie und wir schauen eine (oder verwegen: zwei) Folgen "Ozark", dann Zähneputzen, ab ins Bett, Lesen, bis der Kindle auf den Kopf fällt, gute Nacht.

Und ja, ich finde die (bisher nicht in Stein gemeisselte, aber im Rahmen des Möglichen liegende) Aussicht, dass das bis zu den Sommerferien so weiter geht, nicht unbedingt superst, aber so richtig schlimm auch nicht.

Gegessen:
Zopf mit Erdbeermarmelade
gelbe Linsensuppe mit Curry, Süsskartoffeln, Mango und Kokosmilch. War super!
diese Nudeln, die ich schon total vergessen hatte, bis sie vor ungefähr einer Woche durch einen Tag auf Instagram wieder aus dem Reptiliengedächtnis abgerufen wurden

Getragen:

hellpastell

Gelesen:
"Sühne"

Gesehen:
"Ozark"

Stressleveldurchschnitt gestern:
Selbstbeweihräucherung: nicht durchgedreht, als während der durchgehenden Meetings immer mehr dringende Fragen per Mail kamen. Morgen vormittag ist dafür Zeit genug.