Samstag, Januar 19, 2019

Samstag, 19.01.2019, Beileidskarte und Fahrradkauf

Mir wurde und wird ja gern mal unterstellt, ich würde mich so darstellen als könne ich alles, wüsste ich alles und überhaupt, wäre die klügste, witzigste, bestorganisierte, effizienteste, beste Person der Welt überhaupt. Tja.
Was ich zum Beispiel überhaupt nicht gut kann, ist Kontakt halten. Beste Schulfreunde, Kommilitonen (ausser dem einen, den ich geheiratet habe), Tanzpartner, Sportkollegen, Arbeitskollegen, Cousins, Cousinen, Onkel, Tanten: sobald wir uns räumlich voneinander entfernt haben, die regelmässigen von mehr oder weniger allein passierenden Treffen beim Mittagessen, Training, Praktikum, Sommerfest, Besuch bei den gemeinsamen Grosseltern nicht mehr passieren, tue ich mich schwer, in Kontakt zu bleiben. Ich habe das früher gern als "aus den Augen, aus dem Sinn" gesehen, aber so ist es gar nicht, ich denke schon immer wieder mal an den einen oder anderen, aber Kontakt ist was anderes. Und irgendwann ist es dann so lang her, dass man sich zum letzten Mal gesehen oder gesprochen hat, da ist "Ich wollte einfach mal horchen, wie es Dir so geht" ein bisschen ein flacher Aufhänger. Und so ist es dann doch so, dass nur die ausserordentlichen Ereignisse, die zu einem Wiedersehen führen. Und das ist dann auch immer ein bisschen heikel, weil man nie weiss, ob der Anruf jetzt kommt, weil der andere "halt einfach mal horchen wollte" oder das nur die Einleitung zu Teilen von lebensverändernden Neuigkeiten ist. Wenn es lebensverändernde gute Neuigkeiten sind, ist das ja noch relativ einfach, aber wenn man auf "Wie gehts bei Euch so?" erst mal die banalsten News über Katzen, Kinder, Job ausgebreitet hat und auf "Und bei euch?" dann "Ja, nicht so toll, ich habe mich von meiner Frau getrennt / wir hatten einen schweren Autounfall / einer von uns ist schwer krank." oder so (nehmen Sie es als fiktive Beispiele), dann kommt man sich mit Katzenkinderjob-News natürlich arg doof und oberflächlich vor. Andererseits: mit "Hallo, lang nicht gehört, ich hab mich von meiner Frau getrennt" ist natürlich auch ein sportlicher Start nach jahrelanger Funktstille.
Bei kalender- oder anlassbasierten Ereignissen wie runden Geburtstagen, Klassentreffen, Taufen, Hochzeiten, etc. ist das natürlich einfacher, da gehört das Schwelgen in Erinnerungen und gegenseitige Updates natürlich essentiell dazu. (Wobei ich innerlich immer schmunzeln muss, wenn das allgemeine "Hey, wir müssen uns UNBEDINGT öfter treffen, nicht erst wieder beim nächsten Klassentreffen", weil ... äh... why should we?. Aber hallo, ich habe ja gewisse social skills und deshalb piepse ich in fester Umarmung mit jemanden, an den ich ungefähr seit dem letzten Klassentreffen nicht ein einziges Mal gedacht, geschweige denn den ich vermisst hätte "Aber echt hey, auf JEDEN!")
Nun ja. es ist jetzt nichts, was mich an sich übermässig traurig macht, es ist halt einfach so, den anderen scheint auch nicht so unendlich viel am Aufrechterhalten des Kontakts zu liegen, sonst würden sie sich ja auch mal melden. (Ich fände es ja sehr praktisch, wenn alle Leute ein Tagebuchblog führen würden, dann könnte man alles nachlesen und wenn man mal wieder anruft oder sich trifft, hat man all die Hintergrundinfo und kann direkt tagesaktuell weiterreden. Hat sich bisher nicht durchgesetzt oder man hat mir einfach nicht Bescheid gesagt.) Sozial verwahrlost bin ich trotzdem nicht, wir haben unseren Freundeskreis vor Ort, der sich aus Kollegen, Nachbarn, Schulkollegen(eltern), Sportkollegen und unserem eingeschworenen Freundeskreis aus den Schweiz-Anfangszeiten vor 16 Jahren zusammensetzt.

Es erwischt mich aber halt dann doch immer wieder mal kalt (und das ist es, worum ich seit Beginn dieses Posts rumeiere), wenn man dann mit den Stift in der Hand vor einer Beileidskarte sitzt und nicht weiss, was man schreiben soll. Das Internet schlägt rät, möglichst keine vorgefertigten Satzbausteine zu nehmen, sondern Persönliches zu schreiben (und dann folgt eine Liste mit vorgefertigten Satzbausteinen), doch liebevolle Erinnerungen anzumerken und so Trost zu spenden. Ich überlege, wann wir uns das letzte Mal gesehen haben und das war, glaube ich, auf unserer Hochzeit vor über 15 Jahren. Die lebhafteste Erinnerung ist, dass ich als Kind panische Angst vor dem Vollbart hatte und er dafür überhaupt kein Verständnis, aber beides ist weder trostspendend noch fühlt es sich besonders liebevoll an, das jetzt in die Karte zu schreiben.
Also schreibe ich mit schlechtem Gewissen und der schönsten Handschrift, die ich hinbekomme, etwas mir unendlich banal und flach erscheinendes rein, die Kinder und der Hübsche unterschreiben, damit es nicht so leer aussieht, die Adresse kenne ich noch auswendig, allerdings noch mit vierstelliger Postleitzahl (die letzte Karte habe ich anscheinend vor "Fümpf ist Trümpf" dorthin geschickt), ich weiss gar nicht, wieviel Porto ein Brief nach Deutschland braucht und klebe vermutlich viel zu viel drauf. Mit eisigen Fingern werfe ich den Umschlag mit dem schwarzen Streifen in den Briefkasten.


Ansonsten so:

  • erste Geburtstagsvorbereitungen für L.: er bekommt sein erstes niegelnagelneues Fahrrad (bisher hat er immer die von Q. geerbt, aber der ist aus dem aktuellen noch nicht ansatzweise rausgewachsen) und das haben wir heute gemeinsam im Laden ausgesucht. Ganz anders als Q., der damals auf einmal alles in fröhlichem Mattschwarz ausgewählt hat, hat er sich ein knallblaues Rad mit neongelber Schrift ausgesucht. Und einen "Stadthelm Fricktal" (finde ich eine tolle Aktion!) mit Licht. Jetzt wird das Rad zusammengeschraubt und im März holen wir es ab.
  • Mitgefreut, dass ein kleiner Kater wieder aufgetaucht ist
  • nochmal was aus dem Tanja Grandits- (Affiliatelink) Kochbuch gemacht, nämlich das Salbei-Huhn (wir haben einen Riesensalbeibusch im Garten, der unbeeindruckt von den Jahreszeiten wächst).



Stressleveldurchschnitt gestern: 14
Selbstbeweihräucherung: Mir mehr Gedanken gemacht, als man ihr anmerkt, beim Kartenschreiben