Heute war es soweit: der lang ersehnte Freiwilligen-Feldkurs ging los. Ich war ja nach all der Aufregung bei der Arbeit und dann noch viel mehr am Wochenende nichtb100% sicher, ob das klappen würde, aber hey: danke, Hübschen, dass der evtl lebensbedrohliche Notfall noch am Wochenende zur Zufriedenheit abgeschlossen werden konnte!
Dementsprechend konnte ich ganz in Ruhe nur wegen der Graberei aufgeregt sein und ab halb fünf nicht mehr schlafen. Anstatt des für viertel vor sechs gestellten Weckers bin ich dann um viertel nach fünf aufgestanden und so viel sei gesagt: trotz Spülmaschine ausräumen, ausführlichem Frühstück, Rucksack fertig packen etc war ich eine gute halbe Stunde zu früh fertig.
Anreise dann mit Bus und Zug zur Kantonsarchäologie, die wirklich direkt am Bahnhof liegt, dort Umsteigen in den vollgepackt Minibus. Auf dem Weg wurde noch Wasser für Kaffee und Benzi für den Generator gekauft, dann ging es ach Besenbüren und dann dort auf einer sehr schmalen Waldstrasse zum Schanzhübel. (Beste Entscheidung: nicht selber mit dem Auto fahren, weil: lol, nein).
Dort warteten schon die, die aus anderen Richtungen angereist waren und es gab erstmal einen "Morgenkreis", in dem sich nochmal alle vorstellten und dann das Projekt noch mal vorgestellt wurde.
Nach logistischen Aufbau (Zelt, Biertischgarnitur, Grill, das WC wurde später noch gebracht) und erstaunlich lang erfolglosen Versuchen, den Generator zu starten (irgendwann hat es dann geklappt), wurden Gruppen eingeteilt.
|
Schon so ein bisschen Indiana Jones-Vibes, oder? |
Die beiden Metalldetektor-BYOD-Kollegen haben angefangen, mit den Detektoren die ganze Stelle abzusuchen. Dabei wurden potentiellen Funde mit Fähnchen markiert und danach eingelesen, die anderen "Funde" aka Müll wurden zusammengesammelt. Erstaunlich viele Taschenmesser, Dosen mit meist Militärhintergrund, Patronenhülsen und Geschosse und halt einfach Müll.
Eine zweite Gruppe begann auf dem Wall, eine Grabungsfläche freizulegen, die einmal der Schnitt durch den Wall werden wird. Hier der Wall vorher (schauen Sie auch links unten, da haben wir später noch gearbeitet)
Ich machte mich mit der Gruppe auf den Weg, die im ehemaligen Siedlungsbereich Bodenbohrungen vornehmen sollte. Dafür haben wir mit einem Massband eine grade 50m lange Strecke markiert, alle 5m einen Pflock ei geschlagen und dann an jeder dieser Pflockstellen einen Erdbohrer so weit reingeschlagen, wie es ging (Jemand wird morgen in beiden Armen Hau-den-Lukas-Muskelkatet haben). Es war gar nicht mal so leicht, diese Bohrkerne überhaupt wieder rauszuziehen und dann auch noch so, dass sie eben unversehrt waren. Irgendwann hatten wir es dann aber raus.
Jeder dieser Bohrkerne wurde fotografiert (normal wäre das mit Drohne gemacht worden, aber wegen Wald halt so gut es ging senkrecht von oben mit Spiegelreflexkamera), dokumentiert (das war natürlich als Quality-Person meine Kernkompetenz) beschrieben und skizziert (das ist nicht so schön geworden).
Man sah sehr deutlich die unterschiedlichen Schichten, meist Humus, Kulturschicht, "Geologie". Gefunden haben wir eine Keramikscherbe, die die Profis (nicht ich, ich hätte gedacht, das war ein dreckiger Stein) in der Bronzezeit einsortiert haben, und ein paar evtl Holzkohleflitter. Wissen wir also, wo es sich lohnt noch mehr zu graben.
Zwischendrin Kaffee, Mittagessen (eine Mikrowelle mit Generator betrieben im regennassen Gras ist schon ein bisschen skurril), und dann ging es auch für uns zurück zum Wall.
Meine Partnerin und ich bekamen den Job, im Graben hinter dem Wall eine Grabungsfläche anzustecken und erstmal Grünzeug und Humus zu entfernen. Damit sind wir nicht ganz fertig geworden, jede Menge Efeu, ein grosser Baumstumpf und galt sehr viel Humus, weil tiefster Punkt im Graben. Auch hier: ich werde morgen meine Grabe- und Schubkarrenmuskeln spüren.
Um etwa fünf wurde aufgeräumt, alles für die Nacht gesichert und unser Minibus chauffierte uns zum Bahnhof. Schau an, auch der Aargau ohne Basel oder Zürich kann Berufsverkehr und Stau! Trotzdem einen vernünftigen Zug nach Hause erwischt (sogar noch soviel Zeit gehabt, ein Papierticket zu kaufen, weil ich mir ni ht sicher war, ob der Rest Akku für die Easyridefunktion reichen würde. Damit konnte ich dann immerhin im Zug schon den Blogeintrag vorschreiben, ohne Sorge haben zu müssen, dass das als Schwarzfahren gälte. Dafür habe ich es aber auch geschafft, die S-Bahn für die letzte Station zu verpassen, obwohl ich am Bahnsteig sass, halt nur ein paar Meter zu weit vorn um die Bahn zu bemerken. Man merkt: ich bin ÖV nicht mehr gewohnt. Werde die nächsten Tage evtl mit dem Rad zum Bahnhof fahren.
Learning:
Rein praktisch: ich muss noch mehr zum Antiehen mitnehmen, zwischendrin war es kalt. Aber: es muss auch für schweisstreibendes Graben reduzierter sein
Die meisten anderen sind richtige Archäologie-Profis, habe zT auch bei der Grabung am Lager in Graubünden geholfen und machen noch viel mehr Freiwiligenarbeit. Ich lerne sehr viel und hey, wer weiss, vllt werde ich auch mal grabende Rentnerin.
Ich freu mich total, dass ich dabei bin (morgen ist Pause für mich wg Elternabend, der so früh ist, dass es sich nicht lohnt, da vorher so lang zu fahren. Dafür backe ich uns für Mittwoch einen Grabekuchen.
1 Kommentar:
Oh wie toll, Bronzezeit. Ich wünsche Dir viel Erfolg, und dass ihr was Interessantes findet.
Kommentar veröffentlichen