Freitag, Oktober 28, 2016

Amtsschimmel

Die Aufklärung des "Posträtsels" war btw relativ einfach: es handelte sich um das Kooperationspaket, keinen Brief, wie in der App angegeben, und ich musste Zoll zahlen, nicht Nachnahme, obwohl die Schalterfrau meinte, alles, was man an der Tür zahlen müsse, wäre Nachnahme, was aber auch nicht stimmt, weil  bisher immer "Zoll" in der Mail stand, wenn "Zoll" gemeint war. Egal, Paket ist da, wir werden berichten.

Ansonsten spielt sich hier mal wieder ein wunderbares internationales Finanzdrama ab. Sie erinnern sich noch an das mysteriöse Sparbuch, das unseren USA-Urlaub deutlich günstiger als geplant machte? Das kam ja auch nur deshalb zum Vorschein, weil die Sparkasse auf einmal Steuernummern wegen FATCA etc. von mir brauchte. Genau so ein Schreiben kam vor ein paar Monaten schon von von der Bank, bei der beide Jungs je ein Depot haben, auf das die beiden Grossmütter grosszügig einzahlen, damit die Jungs dann mit 18 Führerschein machen können oder Möbel kaufen für die Studentenwohnung oder alles in Malle auf den Kopf hauen oder so. Es wurde von beiden Jungs jeweils sämtliche Identifikationen über den Steuersitz etc. gefordert. Ich hatte damals schon erst ein lustiges Telefonat mit einer Dame von der Bank, weil ich ihr erklären wollte, dass die Jungs gar keine Steuern zahlen, weder im Wohnland noch in Timbuktu noch auf den Bahamas oder den Caymans, weil sie 7 und 10 sind. Die Dame meinte, das wäre wurscht, die Nummer bräuchte sie trotzdem und die gäbe es in Deutschland mit der Geburt.
Nun denn. Wir wohnen nicht in Deutschland, sonst wäre dieses ganze Drama ja gar nicht erst losgegangen, also bin ich zum Steueramt unserer Gemeinde marschiert und habe nach diesen Nummern gefragt. Der Steuermann hat herzlich gelacht und gesagt: "Steuernummer gibt es, wenn man Steuern zahlt, mit 18 dann."
Ich habe das der Dame bei der Bank erklärt, die meinte, die Formulare mit genau keiner neuen Information ausser "Steuernummer: "wird in der Schweiz erst mit 18 vergeben" müssten wir trotzdem doppelt unterschriebn zurück schicken. Nun gut. Dann halt.
Heute kam ein Brief an Little Q. mit dem Inhalt: "Fehlerhafte Steueridentifikationsnummer" "Laut den uns vorliegenden Informationen vergibt die Schweiz für natürliche Personen  Steuer-Identifikationsnummern, bitte ergänzen Sie diese."

Ich habe also nochmal bei der Bank angerufen.

FB: "Hallo, hier Frau Brüllen, ich soll eine Steuernummer für meinen Sohn nachreichen. Diese Nummer wird in der Schweiz allerdings erst mit 18 vergeben."
Hotlinetyp: "Laut den uns vorliegenden Informationen werden in der Schweiz Steuernummern an natürliche Personen vergeben."
FB: "Das ist so. Sofern diese Personen volljährig sind. Das wurde mir so von unserem Steueramt mitgeteilt. Ich laufe da jetzt nicht nochmal hin und frage, ob sie mich das letzte Mal veräppelt haben."
Hotlinetyp: "Warten Sie mal bitte kurz, ich rufe die Sachbearbeiterin an."
....
Hotlinetyp: "Also, die Fachabteilung sagt, dass sie sich glauben zu erinnern, dass sie schon mal eine minderjährige Person in der Schweiz lebend hatten, die eine Steuernummer hatte."
FB: "Ja. Hm. Und nun?
Hotlinetyp: "Ja, es wäre toll, wenn Sie die Nummer nachtragen könnten."
FB: "Ja, das wäre super. Aber diese Nummer bekomme ich einmal im August 2023 und einmal im März 2027. Was machen wir denn bis dahin?"
Hotlinetyp: "Ja. Hm. Ich nehme dann mal den Sperrvermerk von den Depots. Aber das ändert nichts an der fehlenden Nummer. Da werden Sie jetzt regelmässig Post bekommen, dass die Nummer fehlt. Da kann ich auch nichts dran ändern. Das macht der Computer."
FB: "Aha. Und das kann ich einfach ignorieren?"
Hotlinetyp: "Ja."
FB: "Jetzt mal ehrlich: was sind denn eigentlich die Konsequenzen, wenn Sie diese Nummer nicht haben?"
Hotlinetyp: "Ja. Eigentlich keine. Die Schweiz ist diesem Abkommen eh nicht so richtig beigetreten. Aber wenn sie das dann mal machen und dann von uns mal Auskunft haben wollen, dann können wir ihnen natürlich die fehlende  Nummer nicht sagen. Nur Name, Adresse, Geburtsdatum. Das ist dann halt so."

Hier wäre, nachträglich betrachtet, der Zeitpunkt perfekt gewesen, das Gespräch zu beenden, aber ich war grad so drin.

FB: "Das klingt mir aber nach ganz schön viel Aufwand für etwas, was man vermutlich niemals brauchen wird."
Hotlinetyp: "Ja, ich sags Ihnen, was das an Zeit und Aufwand frisst, das ist unglaublich. Mit was wir uns rumschlagen müssen, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Das ist ein Riesenprojekt."
FB: "Ich habe so eine leise Ahnung .... ja."
Und ich bin stolz auf mich, dass ich nicht gesagt habe: "Ja, klar, Sie haben mir gerade angekündigt, dass ich noch 11 Jahre lang Post bekommen werde, in der ein Nummer verlangt wird, die in unserem Wohnland nicht existiert, für den hypothetischen Fall, dass unser Wohnland Sie mal nach dieser Nummer fragt, was aber mehr als unwahrscheinlich ist. Und zwar nicht nur, weil die Schweiz die Schweiz ist und das Bankgeheimnis ein Nationalheiligtum ist, sondern auch, weil diese Nummer gar nicht existiert. Das klingt wirklich nach einem grossen Projekt mit richtig Mehrwert."

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Bitte immer informieren, wenn ein neuer Brief kommt. Das möchte ich mir nicht entgehen lassen :)

Irene hat gesagt…

Ich könnte mir vorstellen, dass es minderjährige Personen gibt, die eine Steuernummer haben. Wenn sie nämlich mit U18 eine Lehre machen und Geld verdienen und deshalb eine Steuererklärung ausfüllen müssen.
Da wäre dann die passende Antwort "Kinderarbeit ist in der Schweiz verboten, daher haben die beiden weiterhin keine Steuernummer".

Olga hat gesagt…

Ich spiele dieses Spiel auch gerne: Im Fruehjahr hat mein 8-jähriger Sohn (in Übersee geboren & wohnhaft) einen Brief aus Deutschland bekommen, wo er seine Steuernummer beibringen solle, weil Verdacht der Geldwäsche bestehe.

sabigleinchen hat gesagt…

Sehr unterhaltsam :).
Ich hab auch was nettes mit meiner Bank erlebt heute (damit du auch mal was zu lachen hast, vielleicht). Gestern kam ein Brief meiner Bank, ich möge doch bitte zurück rufen, sie wollten mit mir besprechen welche Alternativen es zum normalen Banksparen für mich gebe. Wahrscheinlich haben die mir tausend Mal von einem Call Center aus angerufen. Solche Nummern nehme ich aber nie ab. Nun gut, ich habe heute Morgen also da angerufen und nach tausend mal klingeln bin ich wohl in einem Call Center gelandet, weil bei der Filiale keiner telefonieren wollte. Eine nette Dame hat abgenommen. Ich habe ihr kurz geschildert warum ich anrufe und wer mich um einen Rückruf gebeten hat. Dann wollte sie meine Konto-Nr. haben. Die stand natürlich nicht auf dem Brief und so hatte ich sie nicht parat. Gut, dann wollte sie halt mein Geburtsdatum. Das alleine hat ihr aber nicht gereicht. Sie wollte noch meine letzte Kontobewegung wissen (kommt dir bekannt vor, oder?) und nee, ich hatte keine Ahnung (im nachhinein ist mir doch noch was eingefallen, war aber zu spät). Ich habe sie dann unterbrochen, weil: Wissen Sie was, schreiben Sie dem Herrn doch einfach eine Notiz: Ich brauche gar keine Beratung, danke, merci, schönen Tag.