Freitag, Februar 10, 2017

So sad.

Manchmal, da kommen Sätze aus dem Mund meiner Kinder, da denke ich mir “Whaaaaaaat? Wo hast Du das denn her? Was kann ich Dir vorgelebt oder erklärt oder erzählt haben, dass das bei Dir zu dieser Schlussfolgerung geführt hat?“

Bei Little L. war das damals die „Gell, wir essen regelmässig Menschenfleisch“-Geschichte und vorgestern und gestern war es (nicht ganz so unmittelbar gruselig) wieder einmal der Fall.

Little L. kam also aus der Schule und erzählte, dass sie in der Pause (oder so) jetzt „Kaufladen“ spielen würden, jeder würde verschiedene Dinge verkaufen, die hätten sie gebastelt, sie hätten auch Geld gebastelt und das wäre alles super. In seiner Mappe fand ich sein recht hochpreisiges Portfolio: ein Elfenbeinturm für 10000000000000 Geld, eine Insel für 987000000 Geld, den besten Fernseher der Welt für schlappe 600000 Geld und das Teslapaket für alle Strassenverhältnisse (ein Model 3, ein Model S und ein Model X) im Bundle für nur 1000000000 Geld.

Ich fragte also: „Und, wie läuft das so mit dem Laden? Machst Du Werbung oder kommen die Leute von allein?“
Little L.: „Also, Mami, das ist so. Das Zeug, was ich verkaufe, ist nur ein Bruchteil von meinem Plan. Hauptsächlich werde ich ein skrupelloser Geldkrieger. Also nicht wie Ninja oder Ritter, sondern „kriegen“ wie „bekommen“.“
FB (*aaaaaaw, das Kind hat einen tollen Wortschatz*): „Oh, und wie machst Du das?“
LL: „Also. Ich werde meine Freunde fragen, ob wir uns nicht zusammentun wollen. Wir tun unser ganzes Geld und unsere Sachen zusammen, damit haben wir einen viel grösseren Laden und können uns viel mehr kaufen.“
FB (*aaaaaaw, er hat das Prinzip „kritische Masse“ und Investitionsvolumen und Synergien erfasst.*)
LL: „Und dann, wenn sie ihre Sachen und ihr Geld auf meinen Tisch gelegt haben, dann sage ich „Du bist gefeuert, aber dein Zeug bleibt hier. Und das Geld auch. Das nennt man „skrupellos“, Mami.“
FB (*waaaaaaaah, mein Kind ist ein ..... skrupelloser Geldkrieger!*): „Aha. Und Du meinst, die machen das mit?“
LL: „Ja, klar, das muss man so sagen, als ob das ganz logisch wäre. Dann machen die das.“
FB (*waaaaaaaaah, manipulativ auch noch*): „Und was meinst Du, wie die das finden? Sind die hinterher noch deine Freunde?“
LL: „Klar wollen die meine Freunde sein, ich hab ja das ganze Geld.“
FB (*wimmert innerlich leise*): „Da bin ich ja mal gespannt, ob der Plan aufgeht.

Heute also: es wurde in der Pause wieder Laden gespielt.

FB: „Und, wie lief dein Plan? Wieviele Leute hast Du um ihr Geld gebracht?“
LL: „Ich hab mich mit L. zusammengetan, genau nach Plan. Als ich gesagt habe „Du bist gefeuert!“, hat er gemeint: „Spinnst Du?“ und einfach weitergemacht. Und irgendwann hat er gemeint, er tut sich jetzt doch nicht mit mir, sondern mit dem J. Zusammen. Da hab ich ihm dann schnell hinterher gerufen „Du bist eh gefeuert“, aber das hat nicht soooo toll geklappt.“
Little Q. fand das alles eh schon interessant und meinte: „Ich weiss was fürs nächste Mal. Du machst einen Vertrag für die Zusammenarbeit mit ihm und da schreibst du dann mit megakleinen Buchstaben rein: „Auch wenn Du dich mit jemand anderem zusammentust oder ich Dich feuere, gehören alle Deine Einnahmen immer noch mir.“
Little L. nickte mit leuchtenden Augen, ich dachte mir: „Jetzt ist der Moment, den Erklärbär zu machen.“
FB: „Das kannst Du natürlich schon reinschreiben, aber es gibt die Regel, das Klauseln in Verträgen, die sittenwidrig sind, unwirksam sind. Das heisst, dass auch wenn Dein „Freund“ das unterschreibt, das nicht gilt. Er muss das trotzdem nicht machen. Zum Beispiel war das mit „Du musst mir Dein Erstgeborenes geben“ in „Rumpelstilzchen“ auch sittenwidrig und deshalb unwirksam. Vor Gericht wäre Rumpelstilzchen damit niemals durchgekommen.“
FB (*lehnt sich zurück mit dem wohligen Gefühl, ihr Kind, das kurz als „skrupelloser Geldkrieger“ auf dem schiefen Pfad war, zurück zu Recht und Ordnung gebracht zu haben.*).
LL (ganz trocken): „Das mag ja sein, Mami. Das weisst Du, das weiss jetzt auch ich, aber meine Freunde, die wissen das nicht.
LQ: „Genau, du musst nur schauen, dass zB Eure Lehrerin den Vertrag nicht genauer zu Gesicht bekommt. Oder Du hältst den beim Unterschreiben so, dass sie das Kleingeschriebene gar nicht lesen können. Ich hab noch eine bessere Idee: Du machst lauter so Gerichtszeichen, wie heissen die, Mami? Wie schreibt man die?“
FB (*mit schwacher Stimme*): „Paragraph. Wie zwei ineinandergehakte „S“.“
LQ: „Genau. Paragraph. Die malst Du an jeden Absatz und dann sagst Du, das heisst, dass ein Richter das schon so bestätigt hat, das glauben die sofort.“
LL (*aufgeregt, mit roten Backen*): „Genau, ich mach noch einen Stempel drunter, das wird super. Mit dem Siegellack, den wir in Wien gekauft haben.

Was soll ich sagen.... weltfremd, naiv in das Gute im Menschen glaubend habe ich die Kinder anscheinend nicht erzogen. Und sie kennen das Wort „skrupellos.“ Und „Paragraph“. Und "Siegellack". Immerhin etwas.

4 Kommentare:

Caramelia hat gesagt…

Ich, als fertige Juristin, die aufgrund von Skrupeln nicht in dieser Branche arbeiten kann/möchte, lache mich hier gerade scheckig. Die beiden haben VOLL erfasst, wie Otto-Normalbürger tagtäglich über den Tisch gezogen wird ;-)

Frau Budenzauberin hat gesagt…

Ich wäre sehr an der Fortsetzung interessiert.

Und auch der, was die Kinder später beruflich mal so machen. Möglichkeiten gibt es mit dieser "Skrupellosigkeit" ja einige.

*hrhrhr*

Sabine von Ordnungsliebe.net hat gesagt…

Ich lach mich kaputt! You made my day!

Sinja80 hat gesagt…

Das ist so lustig! Ich bitte auch um eine Fortsetzung, es bleibt auf jeden Fall spannend!