Sonntag, Januar 29, 2017

Schere

Auf der einen Seite Kernfamilienidylle auf dem Land: gut gelaunt früh aufstehen, selbstgebackenen Zopf und frischen Kaffee frühstücken, heisse Schokolade und Tee mit Zitrone einpacken, eine Dreiviertelstunde in den Schwarzwald fahren und bei mittelgutem Wetter Skifahren. Ohne Streit, ohne Unfall mit Folgen (obwohl sich für Little L. der nach dem letztjährigen spektakulären Sturz unter einem Fangzaun durch "Weisst Du noch, wie ich in Davos in die Schlucht gestürzt bin?"angeschaffte Rückenprotektor -für die ganze Familie übrigens- schon gelohnt hat), dafür mit Freunden, mit im Auto Singen und Lesen, daheim Sauna, Kekse und restliche heisse Schokolade, mit Sendung mit der Maus und der letzen Folge "Eine Reihe betrüblicher Ereignisse", und gemeinsamem, partnerschaftlichen Vorbereiten von allem für die nächste Woche mit Elektrikerarbeit in der Garage (unser Tesla hat am letzten Tag der Obama-Administration das US-Festland verlassen. Eins der letzen Obamacars sozusagen ist also auf dem Schiff auf dem Weg zu uns), mit Halbjahreselterngespräch mit Little Q.s Lehrer, mit harmlosen und friedlichen Terminen, die koordiniert werden wollen, wie "nochmal zum Sportladen und L.s Skischuhe umtauschen und mir eine neue Skibrille kaufen" und "endlich zum Optiker und neue Brillengläser bestellen, damit ich nicht mehr in jedem Meeting vorn an der Leinwand kleben muss" und "denk dran, an dem Tag, wo normal Schwimmen wäre, geht Little L. diese Woche Eislaufen".
Auf der anderen Seite verfolgen wir fassungslos, wie auf der anderen Seite der Welt ein, wie auch immer das passieren konnte, gewählter Präsident in nur einer Woche irrere und wahnsinnigere Dinge lostritt, als man sich das je hätte vorstellen können. Also ich. Und ich schwanke zwischen "Das ist doch eine Performance oder ein Fernsehprojekt" und "Wenn er so loslegt, kann er sich nicht lang halten, das sehen die doch, dass das nicht geht, da wird es sicher Widerstand geben, das darf einfach nicht sein." und "Aber was, wenn nicht? Wenn er einfach immer so weitermacht?".
Und so hilflos das auch klingt und sein mag, ich plane für meine harmlose, banale Woche immerhin ein, mir auch pinke Wolle für einen Pussyhat in der Stadt zu besorgen.

2 Kommentare:

IO hat gesagt…

Man bekommt gerade zu Sehnsucht nach Frank Underwood ...

Ruth P. hat gesagt…

Das fassungslose herrscht auch bei uns. Also auf der anderen Seite. Schlimm sowas. Ich Trau mich kaum, in die Nachrichten zu schauen, und muss es dann doch tun. Die rosa Mütze werde ich wohl auch Stricken müssen.