Mittwoch, März 04, 2015
Im Dezember waren wir mit unserem gesamten Betrieb weihnachtsessen. Ich habe ja das Privileg, bei einem Unternehmen zu arbeiten, wo solche Essen von der Firma bezahlt werden. Allerdings, und das ist ja auch absolut in Ordnung, in einem genau festgelegten Rahmen. So gibt es pro teilnehmendem Mitarbeiter einen Maximalbetrag der ausgeschöpft werden kann, alles, was mehr ist, muss anderweitig bezahlt werden. Und jedes Jahr ist es wieder spannend, welche Anweisungen man bekommt, wie die Rückerstattung zu erfolgen hat.
Dieses Jahr gab es eine ausführliche Mail zum Thema, Tenor war: „Bitte nicht auf Spesenabrechnung, lasst Euch eine Rechnung geben, da muss genau die und die Adresse draufstehen.“
Weil mein Chef an dem Termin keine Zeit hatte, hatte ich die zweifelhafte Ehre, das zu übernehmen.
Wir waren also in einem chinesischen Restaurant, hatten mehr oder weniger viel Spass und als wir beschlossen, dass es jetzt aber wirklich gut wäre, marschierte ich Richtung bezahlen. Nach langem Hin und Her bekam ich erst einen Kassenbon „Da, Rechnung“, dann, nachdem ich geklärt hatte, dass auf einer Rechnung zB v.a. „Rechnung“ draufstehen muss und sowohl meine Visitenkarte als auch die ausgedruckte Mail mit der genauen Angabe zu „Diese Adresse muss unbedingt draufstehen“ dagelassen hatte, hiess es: „Jaja, wir schicken die Rechnung“
Dann waren erstmal Weihnachtsferien, am ersten Arbeitstag danach wartete eine Mail mit einem Word-Dokument im Anhang auf mich. Auf dem Worddokument stand oben drauf „Rechnung“, ansonsten nicht viel, die Adresse war korrekt, Bankverbindung war keine drauf.
Ich habe diese Rechnung mitsamt dem meterlangen Kassenzettel zu unserem Abteilungs-Rechnungsbezahler gebracht, der diese dankend entgegennahm und für das Accounting-System irgendwo in Timbuktu ins System töckelte.
Nach ein paar Tagen kam von dort die Antwort: „Wir können die Rechnung nur bezahlen, wenn wir die Umsatzsteuernummer haben.“
Ich habe also im Internet diese Nummer für das Restaurant rausgesucht und via Kontaktperson nach Timbuktu geschickt.
Zwei Tage später kam von dort die Antwort: „Nein, so nicht, wir brauchen eine Originalrechnung mit der aufgedruckten Umsatzsteuernummer.“
Ich habe das also sowohl an die Mailadresse, von der die Rechnung gekommen war als auch an die Mailadresse auf der Homepage des Restaurants geschrieben.
Dann kam lange nichts mehr und ich hatte das mental schon zu den Akten gelegt, weil: die Adresse, die unbedingt draufmusste, war ja nicht meine, ich würde also gar nicht mitbekommen, wenn die Rechnung bezahlt werden würde. Ausserdem: wie schwer kann es sein, eine Rechnung zu stellen und zu bezahlen.
Nach einigen Wochen hatte ich auf meinem Privathandy dann auf einmal einen Anruf einer mir unbekannten Nummer. Ich verstand den Anrufer so schlecht, dass ich erst auf eine schlechte Verbindung tippte (neben der Wand ist ein Funkloch) und via Festnetz zurückrief. Dabei stellte sich heraus: nicht die Verbindung war schlecht, das Problem waren v.a. die Deutschkenntnisse meines Gesprächspartners, nämlich des Restaurantchefs, der sein Geld immer noch nicht erhalten hatte. Ich erklärte ihm die Sache mit der Steuernummer nochmal und er versprach, mir bzw. der angegebenen Adresse nochmal eine Rechnung zu schicken.
Wieder zwei, drei Wochen Funkstille, bis letzte Woche beim Skifahren. Ich hatte wieder diese Nummer auf dem Privathandy, allerdings hatte ich wegen Skifahren und Hallenbaden schon vier Anrufe verpasst, bis ich endlich ranging. Diesmal war der Herr schon richtig geladen, was ich einerseits sehr gut verstehe, schliesslich wartet er seit zwei Monaten auf sein Geld, allerdings hatte ich bisher nie eine Rechnung mit dieser vermaledeiten Steuernummer bekommen.
Ich habe ihm also freundlich erklärt, dass mir das alles sehr leid tut, dass ich aber erstens ohne Steuernummer nichts machen kann und zweitens jetzt in den Skiferien eh gar nichts machen kann. Er hat mir nicht ganz so freundlich erklärt, dass er schon drei Rechnungen geschickt habe und jetzt dann eine Mahnung schicken würde. Auf meine freundliche und erstgemeinte Antwort, dass das eine grossartige Idee sei und er da drauf aber bitte nicht die Steuernummer vergessen solle, hat er noch unfreundlicher reagiert, so dass ich mich irgendwann mit „Ich kümmere mich drum, sobald ich wieder im Büro bin“ verabschiedet und aufgelegt habe.
Die nächsten 10 Minuten waren dann ein bisschen stressig, weil Sie ja wissen, dass ich von meinem Firmenhandy eine Rufumleitung auf mein Privathandy habe und das Firmenhandy zwar dabei hatte, aber ausgeschaltet und gut verräumt und ausserdem brauche ich das so selten, dass ich den PIN gar nicht genau weiss. Stressig war das deswegen, weil der aufgebrachte Restaurantbesitzer meine Firmenhandynummer auf Dauerwählen gestellt hatte und mich ohne Witz in den 10 Minuten, die ich brauchte, um das Firmenhandy zu finden, zu aktivieren, die Rufumleitung abzustellen und das Handy wieder auszuschalten, noch 18mal anrief.
Weil ich ja kein Unmensch bin und dachte, dass das alles schon längst erledigt sei, schrieb ich meinen Kollegen im Büro noch ein paar Mails, dass sie doch bitte meine physische Post und den elektronischen Rechnungseingang kontrollieren sollten, da war aber leider nix.
Nun denn, gestern war ich dann wieder im Büro und mein erster Task nach Spülen der flauschigen Kaffeetasse war: Weihnachtsrechnung.
Ich habe also mit unserem Rechnungsbeauftragten gesprochen, der auf einmal nichts mehr von der Weisung „Bitte nicht per Spesen“ wissen wollte, mir aber ein paar Beispielrechnungen MIT Umsatzsteuernummer zeigte und den Tipp gab, doch persönlich dort vorbeizufahren und die Rechnung abzuholen. Das fand ich jetzt schon nur so eine mittelgute Idee, weil die dort ja ein bisschen zu Recht stinksauer auf mich sind (also: zu Recht, weil sie ihr Geld nicht bekommen, ein bisschen, weil: ich kann da nun echt nix dafür) und ein bisschen konfliktscheu bin ich ja schon…..
Naja.
Ich habe also wieder an beide Mailadressen geschrieben, dass es mir total leid täte, dass es so kompliziert wäre und sie sollten mir bitte das Worddokument, das sie mir ja im Januar schon geschickt hatten, und das ich mittlerweile mit der Umsatzsteuernummer versehen hatte, doch bitte einfach unterschrieben zurückschicken. Ausserdem habe ich den SpamMarshall überprüft, weil die Mailadresse des Restaurants, sagen wir so, nicht dem Standard "info at restaurant.de" entspricht, sondern ehe 12358345345xy at lsdjkh.li, und es hätte ja sein können, dass die drei bis vier Originalrechnungen mit Umsatzsteuernummer drauf in meinem Spamordner gelandet wären. Waren sie nicht, aber ich habe ungefähr 600 Mails aus dem weiten Themenkreis "Wie Sie Ihre Frau die ganze Nacht glücklich machen" gescreent. Wenn Sie da also mal Fragen hätten....
Heute morgen hatte ich dafür dann folgenden Text in der Inbox:
„wenn du heute nicht bezahlt wird.dann ich gebe meine anwalt weiter“
Jo. Wenn im Anhang noch die unterschriebene Rechnung gewesen wäre, wäre es ja okayish gewesen, so aber war es v.a. ein bisschen scary.
Ich Feigling habe also das Worddokument ausgedruckt, einen Post-it-Kleber neben die Umsatzsteuernummer gemacht und einen zweiten Post-it-Kleber dahin, wo die Unterschrift drauf gehört und bin zu einem Kollegen gegangen, der erstens nicht mit auf dem Weihnachtsessen war und zweitens in der Nähe des Restaurants wohnt und drittens ein unglaublich netter und freundlicher Mensch ist, und ihn gefragt, ob er heute abend kurz dort vorbeigehen könnte und sich das Ding unterschreiben lassen könnte. Trotz Warnung, dass die dort kurz vor der Weissglut wären, war er da sofort für zu haben (könnte auch am versprochenen Kuchen liegen ;-)) und ich wähnte die Sache fast erledigt.
Tja. In der nächsten Sitzung dann brummelte mein Handy mit einer mir unbekannten Nummer, die ich direkt mal googelte (ich war ja so ein bisschen nervös wegen „dann ich gebe meine anwalt weiter“): es handelte sich um ein Steuerberaterbüro.
Rückruf ergab: yay, es geht um die Rechnung. Erstaunlicherweise war der Steuerberater dann gar nicht überrascht davon, dass unser Accounting nur Originalrechnungen mit aufgedruckter Steuernummer bezahlt (ich hatte ja kurz angefangen, an der Rechtmässigkeit dieser Forderung zu zweifeln), auch nicht davon, dass ich nie eine Rechnung bekommen hatte und erklärte total freundlich fröhlich, dass das ja alles super easy sei und er uns so eine Rechnung schicken würde.
Ich habe meinen persönlichen Kurier für heute also abbestellt und habe auch nicht mehr ganz soviel Angst davor, einen Anruf von der Rezeption zu bekommen, dass da die Herren so und so vom Inkassounternehmen xy stünden und ihr Geld wollen würden.
So richtig vom Tisch ist das Ganze natürlich noch nicht, aber zwei Sachen weiss ich: ich werde nienienienienie wieder die Bezahlung des Weihnachtsessens übernehmen und ich werde nienienienie wieder in dieses Restaurant gehen (wäre ich aber auch vor der Rechnungssache nicht).
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6 Kommentare:
:) zu schön, dass es anderswo auch so ist. Bei uns will auch nie einer freiwillig privat eine Rechnung bezahlen. Wat hatten wir schon Spaß hinterher. Tolle Geschichte, obwohl es sich bestimmt eher unlustig anfühlt...
Höhe, ich kann den Restaurantbesitzer gut verstehen.
Wenn ich lese meterlange Re hing habt ihr dort gestimmt für mehrere 100 € diniert.
Klar will er endlich sein Geld! Würde mir auch stinken wenn ich seit Dezember kein Gehalt bekommen hätte.
@anonym: ja, den teil verstehe ich auch (klar ist das viel, wenn über 30 Leute dort essen) Aber: warum man lieber Stunden drauf verschwendet, mich am Telefon zu beschimpfen, anstatt eine korrekte Rechnung zu stellen, das verstehe ich nicht. Aber ich bin ja auch kein Restaurantbesitzer.
Woah, hast du ne Geduld! Ich hätte das unserer Buchhaltung übergeben, damit die sich um alles weitere kümmern. Warum musst du den korrekten Rechnungen hinterher laufen?! (Btw.: war von der Buchhaltung keiner mit zur Weihnachtsfeier?)
Sowas ist echt ein undankbarer Job ...
Jaja... und deswegen lässt einer der Restaurantchefs die uns manchmal zu Feiern essen bringen, uns die Rechnung immer selber schreiben und unterschreibt sie dann nur noch. ;-) Ich weiß zwar auch nicht was daran so schwierig ist, aber so funktioniert es wenigstens.
@malcesine: haha, die Buchhaltung sitzt in Budapest. Die waren weder dabei, noch holen die die Rechnungen.
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