Freitag, Januar 03, 2014

Ein Sofa, ein Sofa (Prequel zu : Ein Tisch, ein Tisch)

Der Hübsche und ich haben gestern mit den Kindern einen Esstisch und Stühle gekauft. Und das nicht im Ikea, da wollten wir danach auch hin, abgebrochene Haken für unsere Lichtgeschichte und Spülbürsten nachkaufen, aber obwohl das Bestellen der Haken sehr lang ging, hatten wir dann immer noch keinen Parkplatz und deswegen haben wir jetzt auch keine neue Spülbürste. Aber: es soll ja hier um den Tisch bzw. die Vorgeschichte zum Tisch gehen und die spielt  in einem sehr grossen Möbelhaus hier im Dreiländereck, das Ende vorletzten Jahres eröffnet hat und mit Riesenrabatten (Sie kennen das vielleicht: diese dezenten Prospekte, die es nur von Möbelhäusern gibt?) geworben hat. Wir haben dort also gestern einen Tisch und vier Stühle mit Ledebezug gekauft. Und damit das witzig wird, muss ich erst erzählen, wie wir in demselben Laden ein Sofa gekauft haben. Wir hatten nämlich praktischerweise genau zu dem Eröffnungszeitpunkt dieses Möbelmekkas ein Loch in den Lieblingssitzplatz von uns allen im alten Sofa gesessen. (Das, und dann ist das auch genug der Vorgeschichte zur Vorgeschichte, haben wir übrigens als Nachfolgemodell unseres ersten gemeinsamen Sofas gekauft, weil wir ja aus der Wohnung in Basel in ein Haus mit irre grossem Wohnzimmer gezogen sind und da sah das Ikea-Schlafsofa dann ein bisschen arg verloren aus. Es ist uns dann leider beim "mit dem Kletterseil den Balkon raufziehen ein bisschen runtergefallen, aber richtig kaputtgegangen ist nur der Rosmarin, auf dem es landete, und so war es mit einem feuerroten neuen Cordbezug wie neu und ist jetzt Gästebett auf dem Speicher.. Wir waren damals dann bereit richtig Geld in die Hand zu nehmen und ein sauteures Rolf-BenzSofa für die Ewigkeit zu kaufen, bis wir dann gesehen haben, dass die Rolf-Benz-Sofas zwar richtig teuer, aber auch gar nicht so richtig schön sind. Und so haben wir uns dann für das eigentlich spottbillige, aber sehr schöne "Modell des Monats" entschieden, das dann eben leider fünf Jahre später vom vielen Draufsitzen an dem einen besten Platz dort ein Loch hatte.
Also. Wir sind also in den neuen Möbeltempel gegangen und wollten eigentlich genau das gleiche Sofa, nur mit ohne Loch und vielleicht ein bisschen haltbarer.
Klar, das gabs nicht mehr, dafür Millionen anderer Sofas, die man in 3000 verschiedenen Grössen und Bezugsfarben haben konnte, und wir waren erstmal ein bisschen hilflos.
Wir hatten jeder eine Prämisse:
Die des Hübsche lautete: "Kein Tweed" (Gut, er sagte: "auf gar keinen Fall diesen groben Stoff, der aussieht, wie Omakleidung"), meine: "Alles, nur kein Leder"
Nachdem wir also zwanzig Minuten total überwältigt durch die Sofaabteilung geirrt waren, und nur noch so leise vor uns hin murmelten: "Das bloss nicht, nicht mal wenn es nicht aus Tweed wäre", und "Vielleicht flicken wir das Loch ja doch", da kam dann also ein hochmotivierter Verkäufer auf uns zu und der Irrsinn nahm seinen Lauf:
VK:"Ja, kann ich Ihnen irgendwie helfen?"
Der Hübsche: "Ja, also, wir suchen ein Sofa, so über Eck, für ein grosses Wohnzimmer, aber nicht aus Tweed."
Frau Brüllen: "Ja, und auf gar keinen Fall aus Leder!"
VK, verstellt die Stimme zu dem "Oh, ist dem kleinen Dutzi das Eis runtergefallen?"-Ton, und wer mich kennt, weiss, dass ab diesem Zeitpunkt eigentlich alles verloren war: "Oh, kein Leder? Ist das so kalt? Und rutschig?"
FB (leichter Dampf aus den Ohren, aber wir wollen ein Sofa kaufen, wir haben schon zwanzig Minuten vertan, also reisse ich mich zusammen und sage ganz langsam und deutlich): "Ich mag halt einfach kein Leder, aber es kann ja nicht sein, dass es nur Ledersofas gibt."
DH: "Oder Tweed."
VK: "Okay, ich hab da was für Sie, alle Leute, die bei mir ein Sofa kaufen, die müssen da erst mal drauf probesitzen, das ist der Hammer."
Und er führt uns in dem Möbelmekka-Labyrinth um 17 Ecken und präsentiert uns ....tadaaaaaa ...... ein feuerrotes Ledersofa. Ich dachte, er macht einen Scherz, aber er sah gar nicht so aus und wirwolltenjaeinSofakaufendasanderehateinLochwirhabenschoneinehalbestundevertan so machte ich gute Miene zum bösen Spiel, setzte mich wortlos auf die rote Geschmacklosigkeit, sass eine angemessene Zeit still, stand wieder auf und blickte in ein högscht erwartungsvolles Verkäufergesicht: "Uuuuuuund?"
FB (was will er denn jetzt hören? Ja, Sie haben recht, ich war mein ganzes Leben lang doof, Leder ist gar nicht glitschig und ungemütlich und klebt einem im Sommer am Hintern und die Katze gewöhnt sich das Kratzen bestimmt auch ab und natürlich kaufe ich diese rote Puff-Scheuslichkeit!): "Naja, ist halt Leder."
VK: "Uuuuund?"
DH (ahnt, was kommt, holt tief Luft, aber zu spät.)
FB: "Ich finde Ledersofas ekelhaft. Schon immer. Das hier ganz besonders. Grad in dieser Nuttenfarbe, Können wir jetzt bitte ein Sofa, das uns gefällt, aussuchen gehen?"

Vermutlich hätten wir einfach gehen sollen, ab der DutziDutzistimme war eigentlich klar, dass, wie man so schön sagt, die Vibes einfach nicht passen (oder der Typ halt einfach strunzdoof war), aber eben: Sofa kaufen, altes hat ein Loch, wie schwer kann das sein?

Irgendwann, gefühlt Stunden später, hatten wir uns für ein Modell entschieden, das es zwar im Supaupaangebot aktuell mit Lederbezug zum Preis von Kunstleder gab, was wir natürlich nicht wollten ("Und auch nicht mit Tweed!"), was der geborene Verkäufer aber auch nicht einfach hinnehmen konnte, sondern mit verkaufspsychologischen Finessen wie "Da gäbe es jetzt natürlich dieses wunderbare samtweiche KeineAhnungwasfüreinFachausdruck-Leder, aber da zickt Ihre Frau ja." Der Hübsche versuchte sein Bestes und meinte: "Ach, hmmm, vielleicht schlafen wir doch noch mal eine Nacht drüber und schauen erstmal noch nach Esstischen.", was ich in meiner "Wir müssen ein Sofa kaufen, egal wie, und jetzt sind wir schon so weit und ich habe diesen Typen und seine Unverschämtheiten jetzt schon eine Stunde ertragen und jetzt sollen wir Esstische schauen gehen? Sicher nicht"-Fixiertheit nicht als goldene Brücke erkannte (Der Plan wäre gewesen, sich bei den Esstischen zu verstecken, abzuwarten, bis der Ledertyp in die Pause ginge, und dann einem anderen Verkäufer ganz schnell zu sagen, dass wir dieses Sofa, mit diesem Bezug ("Kein Leder, kein Tweed") haben wollten und ganz schnell zu zahlen und zu verschwinden), sondern darauf bestand, das Ganze jetzt bitte durchzuprügeln.
Haben wir dann irgendwann auch geschafft, ich habe den Typen nicht verhauen, wir haben ein tolles Sofa ("Kein Leder, kein Tweed"), nur bei den Preisverhandlungen musste ich dann wirklich Esstische schauen gehen, weil sonst hätte ich dem Typen vielleicht doch noch eine Blumenvase aufgesetzt. ("Zu dem Preis hätten Sie es natürlich jetzt auch in Leder haben können, aber Ihre Frau....").
Und in der Esstischabteilung habe ich dann ganz ohne Beratung einen tollen Tisch entdeckt, den wir gestern dann natürlich nicht gekauft haben, aber dazu dann morgen.
Ich muss jetzt nämlich runter auf unser Nichtleder(und Nichttweed)Sofa und weiter Homeland schauen.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Herrlich! Erinnert ich sehr an meine "ich brauche einen Kühlschrank, bitte silbermatt, mit zwei getrennten Kühlkreisläufen und nicht von L...." und der Verkäufer präsentiert mir einen hochglanzschwarzen Kühlschrank des erwähnten ausgeschlossenen Herstellers, ein Kreislauf, der auch als Sarg hätte durchgehen können. Da ich selbst aus einer sehr kundenorientierten und beratungsintensiven Branche komme, reagiere ich da noch um einiges unsensibler. Herrlich zu lesen, Frau Brüllen!
Liebe Grüße
Bettina

Bettina S. hat gesagt…

Liebe Frau Brüllen,

diese Geschichte ist göttlich! Ich konnte nur noch schmunzeln.

Chapeau für Ihre Contenance; ich hätte die Zicke rausgelassen!

Liebe Grüße
Bettina S.

stahldame hat gesagt…

Ich werd ja schon beim Lesen aggressiv... *ommmm*....
Wir brauchen dieses Jahr eine neue Küche, die Vorfreude ist groß, aber der Weg dorthin wird vermutlich ähnlich omm-bedürftig.
Ich geh mal üben *ommmmmmmm*

Sabine hat gesagt…

Wie waren heute genau dort. Und ich hatte den Text schon vorher gelesen und ein bisschen Angst. Fast hätten wir tatsächlich ein Sofa gefunden (was sicher AUCH NICHT dem Talent des Verkäufers zuzuschreiben war), aber jetzt wollen wir einfach keins mehr. Verschoben auf wenn die Kinder grösser und vernünftiger sind.Haha!
Liebe Grüsse, Sabine