Donnerstag, März 14, 2024

140324

Gestern abend ging es mir wirklich nicht gut und ich habe gemerkt, wie ich mich immer tiefer in Sorgen- und Dramasumpf verstrickte. Höhepunkt tatsächlich: eine Nachricht, auf die ich LANGE gewartet habe und die der Startschuss für ein potentiell neues grosses Abenteuer ist, und meine erste Reaktion: "Boah, ne, nicht auch das noch, das klappt eh nie und Nerven habe ich dafür jetzt auch keine". Der Hübsche, der mit Q. im Nullkommanix die Spülmaschine wieder zum Laufen brachte, hat mich dann wieder eingefangen, aber als spektakulären Abschluss eines doofen Tages habe ich mir noch beim Befüllen der, oh the irony, verbrennungssicheren Wärmflasche an Quooker-Wasser die Pfote so verbrannt, dass sich da heute morgen anderthalb Blasen geblidet haben trotz sofortigen Kühlens. Alternative wäre gewesen, mir das kochende Wasser über Brust und Bauch zu schütten, da ist eine Brandblase an der Hand vermutlich das kleinere Übel, aber von wegen "da KANN man sich gar nicht verbrennen, weil Luft mit reingeperlt wird"

Heute morgen hingegen war ich wie ausgetauscht (was ist los, sind da Hormone? Gesunder Menschenverstand? eine Nacht voll nicht mal besonders gutem Schlaf?) und alles war super. Yay, gutes Wetter, yay, neues grosses Abenteuer, wie cool wird das, yay spannende Fragen in der Arbeit, yay, grossartiger Austausch mit Kollegen, yay, ehrliche, offene Gespräche im Team, yay, der Chef hört uns zu und versteht uns, yay, yay, yay.

Auch mein Essenskonzept mit dem frühen Mittagsyoga ging auf: Müsli mit Joghurt und Früchten umhalb 11, viertel nach 11 bis viertel nach 12 Yoga (heute habe ich die Anweisungen besser verstanden, mich aber angestellt wie der erste Mensch, weil die Schülermatten 90° verdreht zur Lehrerinnenmatte waren anstatt direkt gegenüber), dann ein Bagel mit Hummus (und beim Heimradeln ab der Schafherde krasser Unterzucker, aber Kekse daheim).

Das Wetter ist T-Shirtwarm, darauf war ich nicht ganz vorbereitet oder mental flexibel genug, sagen wir: mir war morgens sehr gemütlich warm beim Ankommen und am Nachmitag war ich durchgeschwitzt.

In meinem gefühlsmässigen Höhenflug habe ich eine neue Strategie für den heute entdeckten Ebikeladeparkplatzblockierer ausprobiert, "killing with kindness". Er hatte sein Ebike an einem der 6 Ladeparkplätze geparkt, aber nicht eingesteckt. Bei Ebikes bis 45km/h ist ja ein Nummernschild dran und in der Schweiz kann man da einfach online den Halter ermitteln. Ich habe also eine freundliche Email geschrieben "Hallo, nur damit heute abend keine böse Überraschung aka leerer Akku kommt: Ihr Rad ist nicht eingesteckt, viele Grüsse". Antwort kam postwendend: "Oh, super, danke für den Hinweis, das wäre wirklich doof gewesen". Und einen Arbeitstag lang glaubte ich an das Gute, aber vllt ein bisschen Verplante im Menschen. Als ich aber mein Rad ausparkte, stand das andere immer noch uneingesteckt da und das heisst für mich, entweder hat der arme Kerl einen so krass stressigen Job, dass er nicht 5min rüberlaufen kann und sein Rad anstecken und muss jetzt halt den schweren Koloss mit reiner Muskelkraft heimjuckeln, oder er hat mich halt angelogen. Aber:  er weiss jetzt, dass ich das weiss und vielleicht parkt er in Zukunft woanders. Und wenn nicht: ich bin ja nicht auf den "with kindness"-Teil abonniert, das war heute mal ein Versuch.



Wunschlistenfrage heute


Passend zum Post von Montag eine Frage, die mich schon länger umtreibt: in Deutschland wurde im letzten Jahr für alle abgelaufenen Paxlovid Packungen, die noch im Umlauf waren, das Haltbarkeitsdatum um 6 Monate verlängert und so auch durch die Apotheken/Ärzt:innen ausgegeben. Und (zumindest in einem konkreten Fall im Freundeskreis) auch noch über das schon einmal verlängerte Datum hinaus. Mit welcher Begründung kann das möglich sein, außer "das Zeug war teuer und muss weg"?


Weil: durch die Einblicke, die Sie zu diesem Thema regelmäßig geben, dieses Vorgehen für mich keinen Sinn macht. Und meine eigene Recherche dazu mich nicht weitergebracht hat.


Das ist eine HERVORRAGENDE Frage und das meine ich nicht in dem Sinn, in dem das gern bei Arbeitsmeetings verwendet wird :-).

Also.

Vorab: ich habe keinerlei Informationen zu dem Paxlovid-Thema und weiss nicht, wer dort was verlängert hat und basierend auf was, ich kann nur spekulieren aufgrund von “ein bisschen” Erfahrung mit dem Thema.

Erster Punkt: Wenn Länder, NGOs, Organisationen Medikamente auf Vorrat kaufen meist für pandemic preparedness, ist das ein ganz anderer Setup, als wenn Medikamente sonst von Wholesalern gekauft und an Apotheken weiterverkauft werden und dann von der Krankenkasse erstattet werden. Da liegt es letztendlich in der Veranwortung des Wholesalers (oder halt der Apotheke, falls sie direkt beim Hersteller bestellt), genug, aber nicht zu viel zu bestellen,dass es eben immer genug gibt, aber man nichts abschreiben muss, weil es abgelaufen ist, bevor man es verkaufen konnte. Länder kaufen diese Medikamente letztendlich mit Steuergeld, müssen dafür geradestehen und damit kann man entweder glänzen, weil man im Notfall vorgesorgt hat oder aber man wird gesteinigt, weil der Notfall nicht eingetreten ist und man abgelaufene Medikamente wegwirft und praktisch Steuerzahlergeld verbrennt. Wir haben ja alle in den letzten vier Jahren gelernt: “There is no glory in prevention”. Und so wäre es natürlich aus Ländersicht schon sehr schön, wenn man die Vorräte noch brauchen könnte anstatt sie wegzuwerfen und für einen ähnlichen Preis wieder zu erneuern.

Man kann natürlich beim Hersteller anfragen, ob er das Expiry Date verlängert, aber er wird mit nahezu 100%iger Wahrscheinlichkeit antworten “Nein, wir können keine batchspezifische Expirydateverlängerung vornehmen, da wir die entsprechenden Batches nicht unter unserer Kontrolle hatten und deshalb nichts über sachgemässe Lagerbedingungen wissen. Wir können keine Verantwortung für die Verwendung nach dem genehmigten und aufgedruckten Expiry date übernehmen oder dazu raten. Falls Sie sich dafür entscheiden, die Produkte auch nach dem Expiry date zu verwenden, liegt die Verantwortung dafür und alle potentiell auftretenden Nebenwirkungen bei Ihnen, wir können dafür nicht zur Verantwortung gezogen werden.” 

Zweiter Punkt: das Ablaufdatum für Medikamente wird ja basierend auf Stabilitätsstudien festgelegt (und von den Gesundheitsbehörden genehmigt). Wenn nun ein Medikament frisch entwickelt wurde (und das ist zB der Fall für Paxlovid) und das gern auch noch unter Zeitdruck, weil zB Pandemie, möchte man das natürlich so schnell wie möglich Patienten zur Verfügung stellen und nicht zB 3 oder 5 Jahre warten, während die Kapseln / Tabletten in Klimakammern liegen und alle 3 Monate getestet werden, um dann eben ein Shelflife von 3 oder 5 Jahren zu beantragen. Man benutzt für die Erstzulassung meist extrapolierte Daten aus accelerated Studien (d.h. Unter harscheren = heisseren, feuchteren Bedingungen als in der Realität) und kann dann zB aus 6 Monatsdaten ein Shelflife von 18 Monaten extrapolieren. Das wird dann zugelassen und sobald man robuste real time Studien hat, kann man eine Shelflife-Extension einreichen. Wichtiger Punkt: das Shelflife /Expiry date wird immer nur maximal für Material, das noch unter Herstellerkontrolle ist, implementiert, im Normalfall erst für zukünftig produziertes Material, weil s.o, wer weiss, wo das Landratsamt Hintertupfing seinen Paxlovid-Vorrat gelagert hat.

Dritter Punkt: Ein Land / NGO / Organisation hat jetzt Medikamente an Lager, die abgelaufen sind, hat die Lagerbedingungen unter Kontrolle und dokumentiert, weiss, dass es Stabilitätsstudien beim Hersteller gibt, die ein längeres Shelflife unterstützen (entweder, weil sie nachgefragt haben und der Hersteller die Daten geteilt hat, oder weil sie bei Vertragsabschluss vereinbart hatten, dass sie die Daten bekommen, sobald verfügbar, oder aber die Gesundheitsbehörde des Landes hat die Daten schon vorliegen, weil der Hersteller die Shelflife-Extension schon eingereicht hat). Dann ist es natürlich ein relativ sichere Sache, das Expiry-Date zu verlängern, zB eben durch überstickern. Wichtig: die Verantwortung dafür liegt bei der Behörde / Organisation, die das veranlasst hat, NICHT beim Hersteller, weil s.o. (Das ist btw. Meine Vermutung, was bei Paxlovid passiert ist)

Viertens: es gibt immer die Möglichkeit für Retests, d.h. die abgelaufenen Medikamente gegen die Freigabe-  oder Stabilitätsspezifikation zu testen, das kann man entweder vom Hersteller machen lassen (und bezahlen :-)) oder bei einem Auftragslabor (und bezahlen). Anhand dieser Daten kann der Besitzer des Materials dann entscheiden, ob er es länger als aufgedruckt verwenden möchte. Achtung: wieder werden weder der Hersteller noch das Auftragslabor die Verantwortung dafür übernehmen oder eine Empfehlung aussprechen. Ein Retest ist immer auch nur eine Momentaufnahme und sagt nichts darüber aus, wie lange das Medikament noch verwendet werden kann.


Fazit: Der Grund ist vermutlich eher nicht “das Zeug war teuer und muss weg”, sondern “das Zeug war teuer, es ist knapp, wir brauchen es und wir sind uns sicher, dass es noch gut ist”, was schon ein kleiner Unterschied ist. 

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Anonym hat gesagt…

Seit Weihnachten besitzt meine Familie eine Wärmflasche. Ihre Erlebnisse damit bestätigen mich darin, das Teil verpackt aufzubewahren, bis sich eine Gelegenheit bietet, es loszuwerden. An jemanden, den man mag oder eher nicht? Mal sehen…
Und dass wir solche Wasserhähne nicht wollen für unsere neue Küche wäre hiermit auch bestätigt 😆
Dann lieber Warmies,aber die werden hier eher als Kuscheltiere oder Türstopper benutzt…
Sandra

Frau Brüllen hat gesagt…

LOLOLOL! Das ist ja ein bisschen so, wie "Ich werde nie im Leben ein Buch anfassen, es hat sich angeblich mal jemand an einer Seite geschnitten!!!11!!!"

Anonym hat gesagt…

Sie haben total recht! Darüber hab ich noch gar nicht nachgedacht!! Andererseits sind Brandblasen bestimmt noch schlimmer, als fiese Papierschnitte. Egal, ich könnte mit ner Wärmflasche einfach nicht entspannen. Gibt schlimmeres, als keine zu nutzen.
Sandra