Montag, September 16, 2024

160924

Erster Tag der zweiten Woche Freiwilligen-Feldkurs! (Und ich habe immer noch nichts für das Kursblog geschrieben, obwohl ich doch damit angegeben habe, Erfahrung mit Blogs und Social Media zu haben.)

Wie ein alter Hase hatte ich gestern meine gewaschene Regenjacke,  die gewaschene Fleecejacke, die gewaschenen langen Unterhosen und Outdoorhose und die nicht gewaschene Regenhose und nicht saubergemachten Wanderschuhe bereitgestellt, Thermoskanne für Fencheltee, Kaffeetasse, Lunch, Besteck, Wasser, Obst, Cookies etc bereitgelegt.
Der Wecker ging um halb sechs und ich habe es doch tatsächlich geschafft, so lang rumzutritscheln, dass ich beim Rinbiegen auf den Bahnhofsvorplatz tatsächlich ein bisschen nervös wurde, weil es 7 Minuten vor Zugabfahrt war. Aber: Radabschliessen geht ja schnell,  also hatte ich immer noch ein paar Minuten Wartezeit am Bahnsteig. 
Im Zug gemütliches Lesen,  während der Zug durch die nebligen Hügel rauscht und am Horizint erstaunlich nah die schneebedeckten Berge in der Sonne leuchten.
Zweite Woche Graben bedeutet auch: neue Gesichter (respektive welche, die das schon richtig oft gemacht haben, aber halt letzte Woche nicht konnten).
Sie bekamen auf der Grabungsstelle erst mal eine Führung, während wir "alten Hasen" Profil putzen durften. Dabei wird die Grabenwand mit der kleinen Kelle, evtl noch einem kleinen Pickel oder sogar Spatel ganz plan gemacht (quer schaben, um die Schichten nicht zu verschmiert, was rausfällt, fällt raus, lose Erde entfernen, Wurzeln abschneiden (das hatte was von Spitzen schneiden beim Friseur, nur mit der Rebschere), Steine, die dranbleiben, werden aussenrum von allem "was das Auge ablenkt " gesäubert). Dadurch werden Werkzeugspuren, die zB Schichten vortäuschen können,  entfernt und eine möglichst plane Fläche für die fotografische Dokumentation generiert. Am Angang scheint das fast unmöglich, aber es kommt und der Unterschied ist beeindruckend. 
Ich Glückspilz habe an einer Stelle nicht nur mehr Holzkohle entdeckt, sondern beim Rausfieseln eines besonders grossen Stücks vermeintlicher Kohle eine grosse Keramikscherbe gefunden. Um ehrlich zu sein: ich dachte wirklich, es wäre Kogle und konnte die Aufregung erst gar nicht verstehen.
Dadurch, dass die Scherbe in der gleichen Schicht wie die Kohle ist, wird das jetzt gut datierbar. Die Kohle wird mit C14-Bestimmung plus minus bestimmt und die Scherbe ist dann gleich alt.
Spannend übrigens beides befindet sich direkt auf der Geologie und unterhalb von all dem ausgeschütteten Kies und Steinen etc.. Hypothese: das ist der "Brandrodungshorizont", d.h. bevor der Wall  ausgeschüttet wurde, wurde alles abgebrannt. Die Rückstände wurden entfernt bis auf kleine Reste, die on den Boden getreten wurden, zusammen mit der Scherbe. Darauf wurde dann der Wall geschüttet.

Profilputzkiste

Keine Kohle, sondern Scherbe 



Das hier ist das geputzte Profil. In dem braunen Teil war die Scherbe und man sieht noch Kohlereste. Der Kies obendrauf scheint mit irgendeiner Art Kalk "verfestigt", ist aber sehr, sehr bröckelig 

Das hat die scherbe gesehen nach ca 1500 Jahren in der Erde.

Nach der Mittagspause wurde neu eingeteilt und ich landete in einem Dreierteam, das im Eald eine neue Grabungsfläche aufmachte. Sie erinnern sich an die eine Scherbe in einer der Vohrungen vo  Tag 1? Da.
Wir hatten einen abgespeckten Bereich und haben uns da langsam auf ungefähr 20, 30 ccam vorgegraben, dabei "gut auf Funde" geachtet, aber bis auf ungefähr 15 Regenwürmer, 1 roten Stein, 1 frische Baumnuss, 1 Stück Waschbeton vom Feldwegbau und vielen Wurzeln kamen wir auf nix spannendes.
Zwischendrin kam der Primarlehrer aus dem Dorf unten vorbei, der mit seiner 4. Klasse am Montag dort einen Besuch machen wird, um zu sehen, was man da erwarten kann. (Wer ist vor Schreck rückwärts sehr uncool in das sehr flache Loch gestolpert, genau, yours truly.
Überhaupt: mein Hauptlearning ist: wenn ich mal eine Leiche oder überhaupt etwas zu entsorgen habe, werde ich es definitiv nicht im Wald vergraben. Das ist eine unendliche Scheissarbeit, brutal anstrengend, geht endlos und andauernd kommen Leute vorbei.
Nicht ansatzweise tief genug, um auch nur eine kleine Leiche zu entsorgen. Oder ein Giftmüllfass oder was auch sonst immer in Filmen und Büchern spontan im Wald vergraben wird. 

das hier ist einer der Messpunkte, die vorab an verschiedene Bäume verteilt wurden, um das Einmessen unserer Grabung und FUNDE zu ermöglichen.





Beim Mittagessen habe ich übrigens gelernt, dass eine Freiwilligenausgrabung auch mal bei uns im Dorf respektive Wald war und dort ein römischer Tempel ist (mit spektakulären Goldringfund nur 10min nach Grabungsstart). Übrigens an einem der Pfadiplätze, neben Tempel und Goldring haben sie nämlich noch eine Schatulle mit Pfadiversprechen von 1982 ausgegraben.

Morgen habe ich nochmal Grabepause wegen Schultermin am Nachmittag, dann soll das Wettr auch richtig gut werden für den/meinen Endspurt.

Yay!
Jetzt hoffe ich, dass der Zug heute fährt und freue mich auf leckere Pizza daheim. Nach einer Dusche, heute habe ich Dreck bis in die Ohren.

Ansonsten haben wir das alljährliche Familienporträt am Hochzeitstag nachgeholt, dieses Jahr halt gut eine Woche später, auf der Intensivstation durfte immer nur eine Person zu Besuch kommen, lol.


Was ich spannend finde: wir haben Nasen und Lippen 50:50 vererbt! (und ich verschwinde langsam... vllt darf ich nächstes Mal vorne sein?)


1 Kommentar:

Petra hat gesagt…

Ich habe zwar Breaking Bad tatsächlich nie gesehen, aber kennen Sie als Chemikerin nicht elegantere Möglichkeiten, etwas verschwinden zu lassen? Ich denke, natürlich muss man den 'Ausgangsstoff' in Betracht ziehen, aber sonst?