Anlässe für diesen Post hier gibt es zwei: einmal die Standardaussage auf mein Nähen, Stricken etc.: "Ich hätte da gar nicht die Zeit für" und dann die Reaktion (online wie offline) auf meine Aussage im Kindergartenbesuchstagspost, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie man so einen Tremin verpassen könnte.
Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass jeder im Rahmen seiner Fähigkeiten eigentlich alles schaffen kann. Innerhalb gewisser Grenzen natürlich, aber diese Grenzen sind weiter gefasst, als sich das manch einer eingestehen möchte. (Und ja, Organisationstalent hilft dabei, das noch besser hinzubekommen, aber das kann man ja üben)
Für mich liegt ist das Entscheidende im Leben Prioritäten zu setzen. Und so ist mir zB am Abend das Nähen wichtiger als zB fernzusehen, bei Facebook abzuhängen oder am Telefon zu quatschen. Oder: mir ist es wichtiger, dass die Spülmaschine ausgeräumt ist, bevor ich mich gemütlich aufs Sofa setze, als den Film von der ersten Sekunde des Vorspanns weg zu sehen. Oder: mir ist es wichtiger, mit meinen Kindern im Garten zu spielen oder auch einfach mal nur ein gues Buch zu lesen, anstatt alle zwei Wochen die Fensterbretter und die Jalousie-Lamellen zu schrubben. Das heisst aber nicht, dass ich da keine Zeit für habe, nein, dafür ist mir meine Zeit zu schade ich nutze meine Zeit lieber für was anderes.
Im Beispiel vom Kindergartenbesuchsmorgen heisst das zB: mir war der Besuchsmorgen wichtiger als: mein dick gefülltes Urlaubstagekonto, als mein Ruf als pflegeleichte Mitarbeiterin, die auch in letzter Minute für ein Meeting zu gewinnen ist. Klar kann man das anders sehen, aber dann finde ich es ein bisschen feig, zu sagen "Ich konnte nicht.". Ich fände es fair, zu sagen (wenigstens zu sich selbst): "Ich wollte dafür keinen Urlaubstag opfern, ich habe mich nicht getraut, meinen Chef nach einem halben Tag frei zu fragen etc."
Natürlich gibt es unvorhergesehen Notfälle oder äussere Gegebenheiten, an denen man nichts ändern kann. So hätte ich letztes Jahr im Dezember bis einen halben Tag vorher auch nicht gedacht, dass ich Little Q.s Weihnachtskonzert verpassen würde und stattdessen mit Little L. auf der Intensivstation sitzen würde. Aber letztendlich war auch das eine prioritätenbasierte Entscheidung: mir war es in dem Fall wichtiger, bei meinem Kleinen zu sein, dafür war es mir/uns aber wichtiger, dass wenigstens ein Elternteil beim Konzert ist, als dass wir beide im Krankenhaus ausgeharrt hätten und so ist der Hübsche gegangen. (Klar, wenn man alleinerziehend ist, dann ist das nochmal was anderes, da hat man einen Backupkandidaten weniger ;-))
Anderes Beispiel: Wenn jemand über Jahre hinweg über seinen Job und die blöde Firma und überhaupt und sowieso sind alle so gemein da jammert, da hält sich mein Mitleid auch in Grenzen. Die Sklaverei ist schon lange abgeschafft, niemand hindert ihn daran, sich einen neuen Job zu suchen. Jetzt braucht niemand aufzuschreien von wegen "So leicht ist das aber nicht" etc.: hab ich gar nicht gesagt. Es ist einfach eine Frage der Prioritäten: ist es mir wichtiger, mir den Stress zu ersparen, einen neuen Job zu finden, oder ist es mir wichtiger, letztendlich einen Job zu haben, mit dem ich zufrieden bin? Da gibt es übrigens keine richtige Antwort, das muss jeder für sich selber entscheiden. Und ja, solche Entscheidungen kann man auch revidieren oder Prioritäten neu setzen, aber man soll sie doch bitte treffen und nicht über die Ungerechtigkeit der Welt jammern....
Noch ein Beispiel: das neue Baby ist da, das Haus versinkt im Chaos, Standardaussage: "Mit Baby kann es ja gar nicht sauber und ordentlich sein". Falsch, man kann sehr wohl auch mit Traglingen aufräumen, saubermachen etc.. Ob der Stresss das einem persönlich wert ist, ist eben die Frage.
Genauso wie Zeit für Sport mit Kindern: klar gehts, genauso klar kann man in der Zeit auch was anderes machen.
Was ich sagen will: Mit der Aussage "Es geht halt nicht" macht man es sich meiner Meinung nach ein wenig einfach. Zu sagen: "Mir war etwas anderes wichtiger" ist vielleicht schwieriger, aber auch ehrlicher. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man weiss, was man will und was man bereit ist, dafür zu tun oder eben nicht zu tun.... Man muss dann natürlich damit leben, dass manch anderer die eigenen Prioritäten/Beweggründe nicht versteht oder nachvollziehen kann, aber hey, so ist das Leben!
Jetzt wisst Ihr Bescheid, macht was draus, ich kann mich ja nicht um alles kümmern