Sonntag, Februar 03, 2019

Das Toblerone-Experiment

Wir waren gestern etwas verspätet essen zur Feier der grossartigen Zeugnisse der Jungs. Und weil wir ehrlich gesagt keine Lust auf Pizza oder Sushi hatten und die Zeugnisse wirklich feierwürdig waren, sind wir bei uns im Dorf essen gegangen, da haben wir ja (very late to the Party, weil alle Welt im Grossraum Basel kennt und schätzt das Restaurant seit schon immer, nur wir mussten über 10 Jahre in unserem Dorf leben, um da endlich mal hinzugehen) im Sommer rausgefunden, dass die wirklich so super sind, wie alle immer schon sagen.

Neben dem Ritual, den Wein im Keller selber auszusuchen,


dem perfekt gegarten Fleisch über dem offenen Feuer, der Signature-Würzmischung und der unglaublich freundlichen Belegschaft, die auch Q. und L., die den Altersschnitt an einem Samstag Abend dort um etwa 30 Jahre gesenkt haben, willkommen fühlen liessen, hatten wir jede Menge Zeit, um zu schwatzen und irgendwann, als es ans Dessert ging und Q. sich eine Toblerone-Mousse aussuchte, rutschte ihm raus, dass er das am Mittwoch im Hauswirtschaftsunterricht gelernt hätte, und "im letzten Schritt voll verkackt hätte, da muss man nämlich den Eischnee und den geschlagenen Rahm vorsichtig unterheben, ich hab das mit dem Handrührer gemacht und dann war es Schoggisuppe".
Soweit, so gut, aber als ich nachfragte, wie sie überhaupt die Mousse gemacht hätten, erklärte er mir alle Arbeitsschritte und ich einen konnte ich fast nicht glauben, und so musste ich auf Twitter nachfragen, weil ich doch vermutete, dass mein Hudelkind die Anleitung einfach nur nicht richtig gelesen hatte.


Die Antwort kam schnell





auch die neuere Ausgabe sagt das (nimmt allerdings einen EL Zucker mehr)






und der nicht schweizerisch oder französisch sozialisierte Teil des Internets war angemessen schockiert von der Idee, dass man Schokolade nicht im Wasserbad schmilzt, sondern indem man kochendes Wasser draufschüttet.

Dummerweise waren der Hübsche und ich uns beide so sicher gewesen, dass wir jeder eine Toblerone mit Q. gewettet hatten, dass er "Wasserbad" mit "Vollbad" verwechselt hatte.

Zu unserer Ehrenrettung: der Koch des Restaurants wurde vom Kellner (der auch in der Schweiz in die Schule gegangen ist und NIE IM LEBEN Schokolade mit heissem Wasser übergiessen würde) als Schiedsrichter hinzugezogen und ist auch auf unserer Seite und würde gern mal mit der Hauswirtschaftslehrerin sprechen.

Tja nun, aber wenn schon, denn schon, Wettschulden sind Ehrenschulden und so haben wir heute ein Toblerone-Mousse-Wettkochen veranstaltet: (Mit bei der Tankstelle gekauften Rohstoffen)




  • Wir machen beide das Tip-Topf-Rezept, Q. schmilzt die Schoggi so, wie es im Schulkochbuch steht, ich über dem Wasserbad.
  • Damit wirklich NUR das Schokoladeschmelzen der variierte Testparameter ist (und weil die Küchenmaschine bei nur zwei Eigelb/Eiweiss an ihrer unteren Kapazitätsgrenze kratzt und das Handrührgerät wegen einmal Handrühren ja aus der Küche geflogen ist), haben wir Eigelb/Zucker, Eischnee und Rahm in der doppelten Menge geschlagen und dann grammgenau aufgeteilt.
  • Damit neutral verkostet wird, haben wir identische Schälchen auf dem Boden markiert und zum Test bekommt jeder zwei identische, aber ohne zu wissen, welches welches ist.


Jetzt aber zum Rezept:

Man braucht für 4 Personen:
Sie haben alle den Bären im Matterhorn auf dem Tobleronelogo schon entdeckt, oder?

Das gibt (mit ein bisschen Extrasahne) genug für 8. Aber wir haben ja einen wissenschaftlichen Auftrag.


  • 100g Schokolade (Wir haben Toblerone genommen)
  • 2 Eier
  • 1 EL Zucker
  • 200 mL Sahne.


Die Eier werden getrennt, das Eigelb mit Zucker cremig aufgeschlagen.

In der Zwischenzeit schmilzt man die Schokolade (Entweder im Wasserbad

oder legt sie in eine Auflaufform und übergiesst sie mit kochendem Wasser.


Mit einem Rüstmesser überprüft man, dass sie weich ist und giesst dann das Wasser vorsichtig ab. Wenn man Q. ist, schüttet man es sich direkt über die Füsse und muss erstmal medizinisch versorgt werden, während ich als total sportlich fairer Kontrahent auch seine Portion weiterverarbeite).
Rein optisch gewinnt schon mal das Wasserbad. (Es sieht aus wie "Mr. Hanky, der fröhliche Weihnachtskot", dem es ein bisschen warm geworden ist)

Eiweiss und Sahne werden separat (ja, Q., das habe ich nun wirklich richtig gelesen!) steif geschlagen.

Die wie auch immer geschmolzene Schokolade wird mit der Zucker-Eigelb-Mischung verrührt (ich hätte das mit der Hand mit dem Schneebesen gemacht, habe mich aber auf die Hörensagenanweisung von Q.s Hauswirtschaftslehrerin verlassen und es mit der Maschine gemacht.

Hier gewinnt die gebadete Schokolade...

Aus dem Wasserbad: hübsch.

lässt sich aber nicht 100% super verrühren

Unter diese Schokoladen-Zucker-Eigelb-Mischung hebt man dann vorsichtig (mit dem Gummispatel, nicht dem Handrührgerät) die geschlagene Sahne und den Eischnee.


Das Ganze ist dann erstaunlich hell, schmeckt aber soweit, so lecker.




Abfüllen in Förmchen und kaltstellen (mindestens zwei Stunden).

Zum Verkosten hatte sich spontan auch noch L.s bester Freund eingefunden und so machten wir 5 Teller parat: pro Teller zwei identische Schälchen, jeweils eins nach Q.- und eins nach K.-Methode, zum Unterscheiden beliebig mit 1 und 2 markiert.




Verkostungsnotizen:


Ich muss gestehen, dass ich bei mir das Schälchen mit meiner Mousse sofort erkannt habe, ich habe es nämlich nicht geschafft, die Schokomischung gleichmässig mit Eischnee und Sahne zu vermischen und es sind nicht nur die Nuss/Mandel/Torrone-Bröckchen dringeblieben, sondern auch ganz schöne Schokoklümpchen.
Ehrlicherweise habe ich dann natürlich für das andere Schälchen gestimmt.


Endstand trotzdem:

3:2 für die K-Methode im Wasserbad. (Wenn L.s Freund nicht dagewesen wäre, wäre es 50:50 ausgegangen).

Daraus jetzt den Schluss zu ziehen, dass wir immer schon alle recht hatten und man Schokolade niemals im Vollbad schmelzen darf, wäre aber voreilig. Mit den schaumigen Zutaten liess sich die Wasserschokolade allemal besser verblenden, aber ich weiss nicht, ob das daran liegt, dass wegen des medizinischen  Notfalls zwischendrin die Temperatur MEINER Schokolade vielleicht schon ein bisschen arg niedrig war, bis ich mit Verrühren so weit war. Oder ob das nicht 100% abgegossene Wasser (nachdem ja ein Grossteil über die Arbeitsfläche, Q. und den Küchenboden verteilt waren, waren die Prioritäten kurzfristig verschoben) vielleicht einen positiven Effekt hatte?
Aus SHE-Gesichtspunkten ist das Vollbad ganz klar NICHT zu empfehlen, weil eine Auflaufform voll kochendem Wasser einfach nicht so einfach zu handhaben ist, gerade, wenn man eben abgiessen muss. Da ist es viel sicherer, ein Wasserbadschälchen herauszuheben. Und Schokolade in Wasser sieht sehr eklig aus.

Trotzdem: die Forschung auf dem Gebiet ist noch nicht abgeschlossen, wir sind da was auf der Spur, habe ich das Gefühl (und: mir ist jetzt ein bisschen schlecht.)

Vielen Dank fürs Mitfiebern auf Twitter, das hat uns wirklich viel Freude gemacht!