Montag, März 24, 2014

Round and round and round …

Ich weiss gar nicht, wie lange es her ist, dass ich weiss, das ich eine benigner-paroxysmaler-Lagerungsschwindel-Patientin bin. Es muss aber mindestens 12 Jahre her sein, ich habe nämlich noch in München-Schwabing gewohnt, als es mich zum ersten Mal in der Nacht beim Umdrehen im Bett dermassen gedreht hat, dass mir direkt übel wurde. Und nein, auch wenn das noch meine wilden Studenten- und Doktorandenjahre waren, das hatte nichts mit dem Missbrauch bewusstseinsveändernder Substanzen zu tun, das war eine ganz andere Liga. Nachdem das auch nicht aufhörte, ging ich erst zum Hausarzt, der bei „unerklärlicher Schwindel“ erstmal komisch guckte, was von „Neurologe, aber vielleicht doch erst mal HNO“ murmelte und mich an einen HNO-Spezialisten am Josephsplatz verwies. Ich erinnere mich noch genau an die Praxis im 70er-Stil, ich sass auf einer Behandlungsliege, der Arzt war total fröhlich und meinte: „Ich glaube, ich weiss, was mit Ihnen los ist, das ist nicht schlimm, das testen wir gleich mal“. Danach kam dann was mit warmem Wasser ins Ohr schütten und den Kopf bewegen (oder auf keinen Fall bewegen, das weiss ich nicht mehr genau), und ich hatte das Gefühl, die Welt um mich herum kippt oder dreht sich, ich wollte die Augen schliessen, das durfte ich aber nicht, es war schrecklich. Der Doktor war danach immer noch fröhlich und attestierte mir eben benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel, was heisst, dass in meinem Innenohr kleine Kriställchen etwas machen, was sie nicht sollen und das sendet das Gefühl von starker Bewegung (drehen, kippen, fallen) an das Hirn, die Augen und der Rest vom Körper aber senden „Alles klar“ und das ist so verwirrend, dass es einem erstens unendlich schwindelig wird und zweitens unglaublich übel.
So unangenehm das klingt, so einfach ist die Therapie: es gibt ein Manöver, das diese wildgewordenen Kriställchen eben an Orte befördert, wo sie nicht stören (ich stelle mir das so ein bisschen vor wie diese Geduldsspiele, die hier zB auf dem Deckel von Seifenblasenflaschen drauf sind, wo man eine kleine Kugel durch ein Labyrinth kullern muss). Das geht nicht lang, binnen Minuten ist das Innenohr wieder aufgeräumt, aber diese Minuten (und die Zeit davor) haben es in sich. Das Gefühl, dass bei der kleinsten Kopfbewegung die Welt um dich herum kippt bzw. du einfach ins Nichts fällst, ohne dich irgendwo festhalten zu können, ohne jeden Fixpunkt, das ist unglaublich verstörend. Ganz fies ist es, wenn einem dabei so schlecht wird, dass einem alles hochkommt, aber man wirklich nicht aufstehen kann, geschweige denn zur Toilette laufen, weil man im wahrsten Sinn des Wortes nicht weiss, wo oben und unten ist und was sich jetzt gerade bewegt und was nicht….
Gestern morgen war es bei mir mal wieder soweit. Morgens dachte ich erst noch: „Schau an, heute mal ohne Kreislauf, ich brauch erstmal einen Kaffee“, aber dieser Schwindel ist ein ganz anderer. Ich kenne auch das Umkippen wegen keinem Blutdruck sehr gut (ich habe ja per se einen sehr niedrigen Blutdruck und früher Klarinette gespielt und bin im Sommer erst ohne Essen mit dem Fahrrad zum Unterricht gefahren, der in einer Dachgeschosswohnung stattfand. Ich weiss, wie sich ein erst verengendes Gesichtsfeld anfühlt, wie der Tunnelblick kommt, und das Kribbeln, bevor alles weg ist.), aber diese Lagerungsschwindelsache ist um Grössenordnungen unangenehmer. Diese Hilflosigkeit und Panik, wenn das Hirn nicht weiss, wie es auf widersprüchliche Signale reagieren soll, das ist schon beeindruckend.
Gottseidank hilft bei mir normalerweise ein einziger Durchgang dieser Übungen, aber auch am Tag danach fühle ich mich immer noch wie auf sehr wackligem Untergrund…börks.

7 Kommentare:

sarah hat gesagt…

uuuh ja den kenn ich auch. besonders toll mit neugeborenem baby auf den arm.....und das manöver ist immer zum k..... aber das einzige das hilft. zum glück nur noch sehr selten bei mir.

einfachich hat gesagt…

Und du bist ganz sicher, keine Dro.gen? ;-))

Klingt echt arg gefährlich! Gute Erholung wünsche ich.

Graugrüngelb hat gesagt…

Das klingt ja sehr heftig. Ich kenne ja Schwindel und diverse neurologische Hässlichkeiten, aber du scheinst ja gleich das Rundum-Paket gebucht zu haben.
Wie häufig kommt das denn vor?

Gute Besserung!

Eva hat gesagt…

Als gelernte Arzthelferin aus der HNO und diesen Schwindel genauso kennend (bääääääh), finde ich Deinen Umgang damit sehr professionell und "unjammerig". Bei der Untersuchung damals (ENG) solltest Du bestimmt den Kopf still halten. Ist aber auch piepe, weil durch das warme Wasser das Gleichgewichtsorgan hinterm Trommelfell so oder so zum schwindeln angeregt wird. (Ich hab jetzt grad mein Wissen ein wenig aufgefrischt. Oder so. :-) )

Melanie hat gesagt…

Jetzt weiß ich endlich den Fachbegriff dafür. Habe genau das gleiche und die gleiche Untersuchung beim HNO durch (das war schrecklich) und beim Neurologen (sogar zwei) war ich auch. Das Manöver hilft hier auch, aber danach ist mir auch jedes Mal dermaßen schlecht, beim letzten "Anfall" hatte ich irgendwie dazu noch so Krämpfe in den Armen und Beinen. Ich finde es echt sehr doof, dass man nichts dauerhaftes dagegen tun kann.
Wünsche auf jeden Fall möglichst immer festen Boden unter den Füßen, also auch gefühlt!
Gruß Melanie

m hoch drei hat gesagt…

Ahhh. Wie gemein. Ich hatte das ein einziges Mal - so ein schwindel, der einfach kommt und man, sitzend auf dem Bürostuhl, nicht mehr weiß, wo oben und unten ist (ich bin runtergefallen vom Stuhl). Der Hno tippte auch auf diese unaussprechlichliche Geschichte, aber das war es nicht. Nach drei Tagen war der spuk vorbei, seitdem nie wieder. Die Vorstellung, dass mich das quasi täglich überkommen könnte...ich wünsche dir alles Gute....

Diana hat gesagt…

Oh, diese Phänomen kenne ich auch. Da ich vor vielen Jahren eine Innenohrentzündung hatte und mir einen Monat lang unentwegt schwindelig war (das war medikamentös nicht behandelbar, da ich zu der Zeit schwanger war), packte mich die Panik, als ich irgendwann beim Aufrichten nicht mehr wusste, wo oben und unten ist. Aber im Internet fand ich die Lösung und dank der beschriebenen Manöver wurde es dann tatsächlich besser. Ab und an kommt so eine Attacke aus heiterem Himmel, aber zum Glück kann ich das dann immer als lästige Episode abtun. Wofür ich allerdings keinerlei Toleranz mehr habe, sind Karussels oder Drehmanöver jeglicher Natur.
Dir alles Gute!