Dienstag, November 21, 2023

211123 Ein eigentlich guter Tag

 Es ist ja ein bisschen lustig, wenn man sich so gut (lang, weil halt alt) kennt, dass man weiss, was der eigene Körper und Kopf machen.

zB, wenn man total nervös ist, es sich aber nicht eingestehen will, kann man (für Leute, die einen nicht so gut kennen) recht cool und guter Dinge wirken, aber: Essen schmeckt wie Pappe und ich kriege nur die Hälfte, wenn überhaupt runter. Meine Verdauungsorgane folgen der Prämisse "Everything must go" und naja, so ist man dann mit leichtem Gepäck unterwegs und in dem Moment, wo der Stress nachlässt, ist man sofort ganz zittrig und unterzuckert.

Zur Ablenkung hatte ich mir morgens vor dem Termin im Unispital mit L. noch eine Slide-Konsolidierungssession mit meinem Kollegen eingeplant. Es ist so: wir haben ein sehr grossartiges Vortragsthema, wir wollen das unterhaltsam und spannend machen, jemand anders trägt anscheinend zum Thema "Slidemaking" (ist das überhaupt ein Wort?) vor und da fühlen wir uns beide natürlich herausgefordert, dass wir direkt als gutes Beispiel gelten wollen, auch für die Slides, nicht nur fürs Thema.

Und so sassen wir heute morgen vor acht in einem Meetingraum und es war echt cool: wir haben ein sehr ähnliche Schlagzahl beim Denken und Reden und sind beide gleich begeistert (und sendungsbewusst) für unsere beiden Produkte und unsere gemeinsame Thematik. Das war wirklich schön und ich habe anderthalb Stunden nicht dran gedacht, dass ich gleich ins Spital fahren muss.

Ausserdem musste ich dafür rechtzeitig los, das bedeutet aktuell noch im fast dunklen losradeln. Ich bin so glücklich über das Radeln, seit Corona bin ich, ich glaube, maximal 3x mit dem ÖV von oder zur Arbeit gefahren. Die Strecke ist halt auch perfekt, es hat kaum Verkehr, ich muss nicht aufpassen oder nachdenken oder besorgt sein, dass mich jemand überfährt, ich kann mir einfach den Wind um die Nase wehen lassen und den Kopf durchpusten. Heute morgen habe ich irgendwann jemand in leuchtendgelber Radkleidung überholt und als ich ein, zwei, drei Kilometer später durch Zufall in meinen Rückspiegel schaute, sah ich ihn mit ungefähr 20cm Abstand an meinem Hinterreifen kleben. Sowas ist mir total unangenehm, ich verstehe zwar das Prinzip Windschatten, aber ich möchte nicht Angst haben müssen, mit dem kleinsten Bremser oder Schlenkerer jemanden vom Rad zu räumen. Ich habe gestern erst den Kindern davon erzählt, wie ich in der 4. Klasse im Fahrradunterricht über Uli M. gefahren bin, der direkt vor mir gestürzt ist. Die Kinder waren übermässig schockiert, dabei war es ja kein tonnenschweres Ebike, sondern ein Kinderrad und ich war halt auch erst 4. Klasse schwer. Und bin auch nicht über den Kopf oder irgendwelche weichen Teile von Uli gefahren, sondern über die Beine oder so. Ich erinnere mich auch nicht, dass er es irgendwie besonders schlimm gefunden hätte, aber ich halte seitdem mehr Abstand zu meinen Vordermännern und möchte auch nicht, dass man mir so dicht auffährt. Ich bin also langsamer geworden und deutlich nach rechts gefahren, um ihm zu signalisieren, dass er gern vorbei kann. Er schloss auf und, wenn man social media Glauben schenkt, ein total unrealistisches Gesrpäch entspann sich: Er meinte "Schade, ich wäre gern im Windschatten gefahren." und ich sagte: "Ja, versteh ich, aber mir ist das unangenehm, ich fühl mich bedrängt und habe Angst, dass es einenn Unfall gibt und Sie mir drauffahren und sich verletzen." Er: "Ja, versteh ich, sorry. Ich kann das zwar, ich fahre Rennen, aber ich halte Abstand, damit Sie sich wohler fühlen. Schönen Tag noch" und wir sind beide mit Abstand weitergefahren. SO EIN TAG WAR DAS HEUTE!

Jetzt aber: Nuklearmedizin. L. wurde ja vom Kinderendokrinologen in die Schilddrüsensprechstunde geschickt, nachdem sie beim Notfallultraschall nach dem Solaunfall auf der Schilddrüse was entdeckt hatten, was da nicht hingehört. Nach der Sprechstunde beim Kinderendokrinologen war ich heute darauf vorbereitet, dass sie es anschauen und die einzige Frage ist, WANN die Schilddrüse rausoperiert wird, vor Weihnachten oder erst in den Frühlingsferien. Und ja, bei allem Verständnis, dass das die eine bessere Option als viele andere Alternativen sein kann, fand ich das per se einfach eine nicht so supere Aussicht. Aber: es kommt anders, vermutlich. Es gab ausführlichen Ultraschall, es gab ein Szintigramm (bisschen lustig, ich musste als erstes dran denken, wie cool Q. das rein wissenschaftlich fände, er ist ein noch krasserer Nerd als L., aber auch L. war ein bisschen happy, als der Arzt zum Schluss nochmal den Geigerzähler holte und ihm zeigte, dass sein Hals jetzt durchaus "strahlen" würde, er hat es auch Q. als allererstes beim Heimkommen erzählt) und ... es ist, wie es ist und dank der Familiengeschichte ist man offensichtlich weniger nervös als man ohne sie wäre und wenn das Schilddrüsenboard zustimmt, wird erstmal jährlich mit Ultraschall kontrolliert und, wenn es gut geht, abgewartet, bis L. 18 ist und dann kann man immer noch schauen. (Interessant für mich, wie ich trotz meiner Grundeinstellung "Nägel mit Köpfen" oder "Jetzt erledigen wir das grad ein für allemal, bevor wir da ewig rumeiern" beim Entfernen von Organen halt Gottseidank anscheinend eine Linie ziehe (das klingt doof, das sagt man auf Deutsch nicht, oder?). Jetzt wird Q. nochmal zum Ultraschall hingehen, um das Familienbild abzurunden, der Arzt wird sich die alten Unterlagen zu L.s Herzgeschichte nochmal anschauen, ob da eventuell ein Zusammenhang besteht (In meinem Kopf sagt Jonas (oder Helge?) aus "Dark" bedeutungsschwanger "Alles ist verbunden.").

Puh.

Puh.

Puh.

2 Stunden später hatte L. seinen "Politische Bildung"-Test verpasst, ich hatte das Mittagessen mit meinem ehemaligen Chef verschoben (hatte die Option schon angetönt, der Hübsche und L. machten sich mit dem Auto auf den Rückweg und ich bekam in der Kantine wegen "Reisnudeln sind im Fall aus" Pad Thai mit grünen Fettuccine (kann man machen, muss man aber nicht.)

Aus mir war so, so, so sehr die Luft raus, ich habe dann schon kurz nach vier die Segel gestrichen und mir, s.o., den Kopf beim Heimradeln durchpusten lassen.

Daheim noch eine gute Tat: der Pöstler hatte (vermutlich, oder irgendein Arsch hat es geklaut und bei uns im Weg weggeworfen) anscheinend ein Paket an eine Adresse weiter hinten im Dorf von seinem Wägelchen verloren, das lag da traurig und verzollt einfach bei uns auf dem Weg, verpackt in eine schwarze Plastiktüte, so dass man es auch mit einem Abfallsack hätte verwechseln können. Aber: ich kenne Zollaufkleber und habe schon selber genug Paketen hinterherrecherchiert. Ich habe das Paket also an der Haustür ausgeliefert (= einem kleinen Mädchen in die Hand gedrückt, die vermutlich gar nicht wusste, wie nah die hippen Trainingsanzüge dem Verlust gewesen waren.

Jetzt bin ich fertig mit dem Tag, aber sowas von.



1 Kommentar:

Neeva hat gesagt…

"draw the line" wäre wohl am ehesten "die Grenze ziehen"...
Gut, dass es erstmal mit beobachten geht...