Freitag, September 23, 2022

230922 What a week

 So. Ich war gestern abend, als ich um 20:18h ein ... naja, mittleres Krisenmeeting mit dem unverhandelbaren Auftrag "Pls clarify this point before you close for the day and get some rest" verliess, tatsächlich an einem Punkt, wo ich mir dachte: "Wäre es vielleicht nicht besser, wenn ich einen Job hätte, wo nicht jedesmal als Konsequenz Menschenleben auf dem Spiel stehen?" (Ich weiss, es ist ein bisschen übertrieben, wenn genau ich als Person jetzt sagen würde oder müsste "ich kann wirklich nicht" oder vom Bus überfahren würde, würden nicht direkt Menschen sterben, aber...). Das fand ich ziemlich beängstigend, weil ich tatsächlich sehr viel ....Befriedigung ist das falsche Wort eben daraus ziehe, dass meine Arbeit nicht "nur" (sehr viel) Geld beeinflusst, sondern dafür sorgt, dass Patienten die oft lebenswichtige Versorgung bekommen, die sie brauchen. Gestern abend wäre ich froh gewesen, wenn meine Arbeit egaler wäre.

Heute ging dann munter so weiter, aber: im Laufe des Nachmittags habe ich (mit Hilfe einer Kollegin, die sich in der Thematik viel besser auskennt als ich, die bis gestern GAR nichts dazu wusste ausser echte basics) ein Rätsel gelöst, das anscheinend seit 12 Jahren keiner gelöst hat. Unser Ansatz gestern war eine Maximallösung mit extrem viel Aufwand, heute sieht es eher nach "Upsi, da hat jemand vor 12 Jahren nicht genau gelesen" aus und holla, wie cool wäre das?

Damit Sie ein bisschen ein Gefühl für bekommen, was ich eigentlich mache (und ich gebe zu, der unmittelbare Zusammenhang zu "MENSCHENLEBEN!!" ist nicht bei allen Themen unmittelbar ersichtlich, aber ich könnte es erklären, ich schwöre!!!!), hier ein paar Highlights der Woche:
"Brauchen wir wirklich jedes Jahr eine Follow-up-Stability Studie von einer registrierten Stability Testing site?" (Ja)

"Können wir im selben Land für dasselbe Medikament zwei offensichtlich verschiedene Schachteln verwenden?" (nein)

"Wir können nur Schachteln mit einer Einstecklaschenlänge von 11mm nutzen, das ist nicht 100% kompatibel mit dem neuen Ansatz, ist das schlimm?" (kommt drauf an)

"Können wir nicht einfach nochmal testen und schauen, ob dann alles passt?" (nein)

"Wie schlimm wäre es, wenn wir dieses Produkt nicht mehr liefern könnten?" (sehr)

Mein Liebling sind die Einstecklaschen, weil sie ein schönes Beispiel dafür sind, wie letztendlich grosse, übergreifende neue Regularien, die absolut Sinn machen, bei der konkreten Umsetzung aus lauter kleinen, im Einzelnen absolut nachvollziehbaren und logischen Gründen an einem total banalen, skurrilen Grund auf ein auf den ersten, zweiten und dritten Blick total unrelated Problem stossen, zB die EU Regulation 2016/161 zu "human readable data" auf die technisch machbare Länge der Einstecklaschen, die auf Englisch "tuck-in flaps" heissen, das lernt man ja so in der Schule auch eher nicht. Fachsprache ist eh so ein Ding, ich kann mittlerweile viel mehr auf Englisch erklären als auf Deutsch, so zB auch den Ausdruck "PIBA", was ein "Press in bottle adapter" ist, oder auf deutsch, wie ich es dem deutschen Kollegen von Medical Affairs gestern erklärt habe: "Das Nupsi-Dingsi, das man auf einen Flaschenhals für Kindersirup drückt, damit man den Oral Dispenser dicht ansetzen kann mit der Flasche auf dem Kopf"


Nun ja. Jetzt Wochenende, noch eine Schulwoche, aber eine entspannte, dann noch eine halbe Arbeitswoche und dann reisen wir Richtung Polarkreis und ich sehne mich so sehr danach, dass es mir ein bisschen Angst macht.

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