Montag, Juli 20, 2020
Es ist wieder soweit: der Wecker läutet um sechs. Auch wie immer: ich bin schon eine gute halbe Stunde wach, weil Sansa über jeden ihrer Schritte lautstartk informiert. ("Mauauauau, wach! Maauauauauaua, soll ich wirklich auf dieses Innenklo gehen? Mauau, ich war und habe viel gescharrt! Mauauauau, will keiner mir Gesellschaft beim Frühstück leisten? Mauaua, rutsch mal rüber, ich möchte auf deinem Kopfkissen stehen, da kann ich besser zum Fenster rausschauen!").
Neu: auch des Hübschen Wecker läutet jetzt schon um sechs, er hat mit dem neuen Job (und dem alten, weil sein Nachfolger zwar bald, aber halt nicht sofort, anfängt) jede Menge zu tun und möchte gern früh im Büro sein, um in Ruhe loslegen zu können.
Wir kommen im Bad umeinander rum und haben immerhin noch Zeit für einen gemeinsamen Kaffee.
Ich mache mich dann im kühlen Wohnzimmer an die 350 ungelesenen Emails (zusätzlich zu den ungefähr 100 dringenden, die ich während der Ferien gelesen, aber nur sehr sporadisch beantwortet habe), bis zum ersten Meeting um halb 10. Die Kinder schlafen (Q.) respektive versuchen zu schlafen (L., der wacht einfach immer um sechs, sieben auf und schafft es nur höchst selten, dann nochmal einzuschlafen. Dafür ist er aber meist sehr müde. Und abends ist es zu heiss zum Einschlafen. Mein Hinweis, dass ein langärmliger Pyjama und eine warme Decke vielleicht einen Teil dazu beitragen, wurde genervt zur Kenntnis genommen), und kommen irgendwann gegen 11 auf ein kleines Frühstück runtergeschlappt. Ich habe nur kurze Mittagspause, weil unser Teammeeting nach vorne verlängert wurde, also gibt es schnellen Salat für mich uns Schupfnudeln für die Kinder (L. hat immerhin den Pyjama gegen echte Kleider eingetauscht).
Eine kurze Spazierrunde um das Quartier zeigt: die Katzen sind nicht an ihren Standardplätzen, was eigentlich gut ist, da ist es nämlich UNENDLICH heiss.
Für den Nachmittag bekommen die Kinder den Auftrag entweder rennen zu gehen (2km, ich bin kein Unmensch) oder draussen zu schwimmen/zu toben. Q. rennt, L. ist geknickt, weil sein bester Freund keine Zeit hat, dafür "schwimmt" er eine gute Stunde am Stück in unserem kleinen Pool im Kreis, danach ist er abgekühlt.
Bei mir reiht sich Meeting an Meeting, ich bin froh, dass ich die Ferien über einen groben Überblick über die anfstehenden Themen behalten habe, so konnte ich mich wenigstens auf die heutigen Termine angemessen vorbereiten.
Ich hatte ganz vergessen (bis gestern abend), dass ich die Woche gleich mit "Mailbox-Duty" für unsere Team-Mailbox starte, d.h. ich habe noch schnell mit den Kollegen, der letzte Woche dran war, eine Übergabe gemacht, ausserdem bin ich die Woche Meetinghost und Facilitator für unsere drei wöchentlichen Teammeetings, das ist sozusagen ein "hit the ground running"...
Alles in allem läuft es okay, es ist halt alles sehr viel, aber wie hätte sich das in den letzten zwei Wochen auch ändern sollen? Am Abend habe ich noch zwei Meetings mit Kollegen aus San Francisco und ... holla, bisher war das auch zu Coronazeiten zur Einleitung relativ harmloser Smalltalk (Frisur, was hat bei euch noch alles zu? Wieviele Kinder sind euch heute ins Meeting gehopst? Schönes Bild im Hintergrund), aber mittlerweile sind die beiden richtig, richtig erschöpft? durch? besorgt? verzweifelt? Die Infektionszahlen in Kalifornien sind extrem hoch, anscheinend sehen 40-50% der Menschen überhaupt nicht mehr ein, dass man überhaupt irgendwas dagegen tun soll und verhalten sich total rücksichtslos, so dass die deutschen/schweizer Maske ja, Maske nein, Maske wirklich über die Nase? Diskussionen sehr naiv wirken. Unsere Kollegen, die es nicht aus Jobgründen müssen, werden dieses Jahr nicht mehr auf den Standort zurückkehren, 2021 wird man dann mal weiterschauen. Die Kinder sind seit März zu Hause, niemand rechnet damit, dass die Schulen im August wieder öffnen, ich habe die beiden noch nie so offen, aber auch so verzweifelt erlebt... ob der politischen und gesellschaftlichen Situation. Weil unser Unternehmen nicht handlungsunfähig werden DARF, müssen die Arbeiter vor Ort extrem geschützt werden und alle anderen Kollegen sich extrem strikt selber schützen, während gefühlt alle anderen Party machen, weil ist ja nix.... Puh. (Und: grade sehr froh, dass dieses immer im Hinterkopf nagende "Was wäre, wenn ich damals geblieben/richtig zurückgegangen wäre?" damals nicht so passiert ist.
Irritierendster Moment: der Hübsche kam mit beiden Katzen im Schlepptau und seinem blütenweissen, neuen Hemd aufgeknöpft bis zum Bauchnabel zur Tür rein, während ich noch MIT KAMERA AN in einem Meeting war. Es wirkte so ein bisschen wie ein ESC-Auftritt ("Trickkleid, Tiere und Showtreppe") oder wie ich mir einen vorstelle, weil ich schau das ja nicht, aber ich bin fast cool geblieben :-). Kam ja auch keine Musik. (Es war heisser draussen auf dem Heimweg als im Büro und Ärmelaufkrempeln hätte die zu sehr verkrumpelt, habe ich gelernt).
Jetzt ist der Hübsche mit unserem neuen Model 3 zum Sport gefahren (hahaha, nicht UNSERES, sondern nur der Werkstattersatzwagen, weil unser Model S seit heute nach dem vermaledeiten Stracciatella-Eis wieder schick gemacht wird. Der Werkstattmann meinte wohl: "Ui. Das geht im Fall es bitzeli länger."), schick anthrazit, allerdings mit orangenen Racingstreifen und Werkstattaufdruck. Mal sehen, ob ich den noch über die Grenze zu einem Shoppingtrip fahre oder nur der Hübsche in sein Basler Gangsta-Viertel zum Sport.
Meine Beine sind übrigens immer noch sehr müde und tragen mir die Wanderung nach, das geht so nicht weiter, ich werde mich jetzt ein Stündchen auf den Crosstrainer schwingen und ihnen (und dem Ferien-Kilo wegen jeden Tag Aperitiv etc) zeigen, wer hier der Boss ist.
Gegessen:
Hefezopf mit Obatzdm
Salat mit gebratenen Pilzen
eine Handvoll Nussmix mit getrockneten Kirschen
Montagspizza
Gelesen
ungefähr 250 Emails
Gesehen: Modern Family
Stressleveldurchschnitt gestern: 35
Selbstbeweihräucherung: Meine Kollegen haben mich echt vermisst! (Vielleicht auch nur, weil meine Produkte ihnen so viel Arbeit gemacht haben, aber naja, kann ich ja nix dafür)