Dienstag, September 23, 2025

230925

Grabetag, der zweite.

Heute habe ich mir den Wecker eine halbe Stunde früher gestellt, weil ich zur Abfahrt mit meinem Grabenachbarn um viertel vor sieben verabredet war und keine Lust auf morgendliche Hetze hatte. Die goldenen Regeln für geistige Gesundheit sehen zwar vor, den Wecker nicht vor sechs zustellen, um mehr zu schaffen, aber das gilt nur für Arbeit, für Freizeit ist halb sechs ok. (Der Aargau ist ein grosser Kanton und obwohl wir auf genug eigenen Römern sitzen, reisen wir ans andere Ende des Kantons, um die dortigen Römer auszugraben)
Es regnete ordentlich und ich sah einen anstrengenden Tag vor mir (nasse Erde ist schwer!), aber: beim losfahren war es trocken. (Jonny hatte die nasse Nacht übrigens auf dem  Terrassenstuhl verbracht).
Heute: kein Unfall, kein Stau und wir waren deutlich vor Grabungsbeginn da (konnte nich ein Telefonat führen und beim Aufbauen des Pausenzeltd und Bestücken der Grabungsfelder mit Werkzeug (Pickel gross und klein, Kehrschaufeln, Kelle, Hammer, Schaufeln, Fundkisteb, Bürsten, Pinsel) helfen.
Wir waren wieder das gleiche Viererteam in unserem Grabungsfeld und hatten den Job, erstens die Mauer seitlich wegzunehmen und zweitens alles auf den Level der dunklen Humusschicht runtezmrzunehmen. Die Mauer ging erstaunlich gut, der Rest auch, man sieht halt, wie die an der Ecke reingesetzte Betonstruktur alles "stört".
Das war der Start heute morgen, der Vorsprung unten rechts ist weg, wir sind insgesamt auf 1.50m Tiefe, morgen wird die nächste Schicht abgetragen.

So sieht unser Zelt aus


Wir haben Knochen gefunden (auch zwei Gebisse und zwei Hörner, ich tippe auf Wolpertinger), jede Menge Ziegel, Scherben, Amphoren, in grossen Stücken, Metallgehäuse. Die meisten Scherben waren einfach glatt oder mit dünnen Linien verziert, manche aber auch mehr. Sehr schön die hier, die sich perfekt an eine von gestern anlegen liessen. Wir haben noch ein paar gefunden, die aber nicht direkt passten.



Zum Znüni gab es Trauben und "Indianerbananen" aus eigenen Gärten. Letztere hatte ich am Vortag für eine Erfindung gehalten,  aber: nein. schmecken ein bisschen wie eine Mischung aus Cherimoya und Ananas, ich habe mir Kerne zum Anpflanzen mitgenommen. (Das ist ein unschätzbarer Nebennutzem der Grabewoche, man lernt so viele neue Leute und Sachen kennen. ZB jemand, der "Indianerbananrn" im Garten hat und aus überschüssigen eine Wähe macht. Was sonst... Ich habe auch gelernt, dass Schildkröteneier schon essbar sind, aber fast kein Eiweiss, nur Dotter haben und auch nicht so toll schmecken als Spiegelei. Und eine Indianerbananen-Schildkröteneier-Wähe geht sich nicht aus, weil die einen im Frühjahr gelegt werden, die anderen jetzt erst reif sind. Tja.)

Währenddessen schickte L. Bilder aus Osaka. Er hatte heute schulfrei und sie sind zur Expo gefahren. Skurrilste Geschichte: sie kamen in die VIP-Schlange ohne Anstehen für den Schweizer Pavillon, weil L. "Schweizer" ist. Das hat er ausgerechnet mit seinem Schweizer Ausländerausweis bewiesen. Damit hatte er dann keinen VIP-Eintritt in den deutschen Pavillon, weil ja das Schweizer Kreuz drauf ist (er hat nicht drangedacht, dass er auch einen dt Personalausweis gehabt hätte (beim Überlegen fällt mir ein: den hat er gar nicht dabei, der liegt daheim in der Schreibtischschublade)
Um halb vier machten wir die Grabung nachtfertig, wir bekamen nämlich noch eine Führung durch das Bäderquartier aus archäologischer Sicht. Superinteressant, ich merke, wie wenig ich über den Aargau eigentlich weiss, wir sind so sehr auf Basel ausgerichtet. Es gibt an der Limmatpromenade einen 24h/7 zugänglichen heissen Brunnen. Der Bau der modernen neuen Therme vor ein paar Jahre  führte zu vielen Grabungen, die zT im neuen Bau integriert, zT auf dem Hauptplatz durch Pflasterung indiziert sind. Neben den Römern und mittelalterlichen Bädern gibt es auch noch die Badehotels der Belle Epoque, die zT liebevoll renoviert sind und "bath & candlelight dinner" für zwei anbieten.
(Für den Hübschen und mich sehe ich eher einen Einweichsonntag in der Therme fortyseven vor mir, Augen schließen, Schwefelluft einatmen, an Island denken)
Die Apsis unter dem Fortyseven

Das Atrium der "Blueme"



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