Freitag, September 13, 2024

130924

Gestern abend war der beste Moment dad Versinken in der warmen schaumigen Badewanne. Ich merke überdeutlich, dass ich trotz allen Sports halt ein Bprogummi bin UND nicht mehr 20 oder 30. Oder 40, um ehrlich zu sein.

Deshalb war ich heute gar nicht unglücklich über den Start 1h später (bin um sechs statt halb sechs aufgestanden, um mit den Kinder den Tag zu beginnen), und dann auch noch mit einer Führung durch die Kanzonsarchäologie. 

Wir wurden von einer der Archäologinnen, die in "Vermittlung, Medien, Öffentlichkeit" arbeitet, entlang des Kreislaufs ihrer Aufgaben durch das Gebäude am Brugger Bahnhof geführt. Über die Karten, die für den Aargau zu so unendlich vielen Themen online frei verfügbar sind (agis.ch), über den Fundeingang (die freiwilligen Prospektoren liefern mindestens einmal im Jahr ihre Funde ab, hochgeladen und dokumentiert wird direkt und spannendes wird sofort einbestellt), über das Wasch- und Schlämmzimmer mit dieser wunderbaren Anleitung:
Zu dem Restaurationslabor, wo aktuell an den Wandgemälden, die total überraschend unter dem vermeintlichen Untergrund der Grabung des ersten Feldkurses gefunden wurden (passend zum Motto der Woche:"Tiefer geht immer"). Dort hat man in Gebenstorf  wohl  eine Umladestation für Wein, Getteide und Fischsauce von der Limmatt auf Wägen für das letzte Stück nach Vindonissa entdeckt. Dort haben wir gelernt, dass Amphoren etc, ausser wenn sie in Museen ausgestellt werden, meist im "zerscherbten Zustand" aufbewahrt werden, allein schon um Platz zu sparen. Zusammensetzen und Löcher mit Gips füllen, macht man kaum noch.
Dann ging es ins Lager, wo ALLE Funde aufbewahrt werden. Grosses Projekt der letzten Jahre: von Holzkisten in Rako-Boxen umschichten aus sehe praktischen Gründen: die Holzkiszen wurden zu voll gepackt, waren zu schwer und untenliegende Sachen gingen kaputt. UND: der Hokzwurm hatte sich in einigen Kisten eingenistet und entgegen der Lehrmeinung frisst der alles u d verschmäht "altes Holz" nicht.
Wir haben gesehen, wie Schubladen voll von zB römischen Öllänpchen, die zT wie Massenware incl Firmenstempel aussehen, zT aber auch extrem kunstvoll mit durchaus interessanten Bildern drauf.
Ich habe, in Gedanken noch bei der Skelettwaschanleitung und den Erzählungen aus dem Römermuseum von unter der Hand gehandelten Kinderschuhen als Nachttischlampen, gefragt, wie heutzutage mit Gräbern und menschlichen Überresten umgegangen wird. Die Zeiten von Mumienauswickelparties sind ja schon eine Zeitlang vorbei. Interessanter Gedankenanstoss: die Kantonsarchäologen graben ja nur, wenn wo eh gebaut werden soll, d.h. egal was man findet, wäre das ohne die Frabung einfach mit Aushub irgendwie gelandet. Im Aargau (es haben sich da ein paar Kantone zusammengetan) werden menschlichen Überreste allerdings in einem gesonderten Lager aufbewahrt, das von Geistlichen verschiedenster Konfessionen gesegnet wurde. Sozusagen ein gemischtkonfessionelles zeitenüberspannendes Gebeinhaus.


Mein einer Kollege hat vor dem Start des Feldkurses sehr verwundert gemeint, dass er nie gedacht hätte, dass ich mich für Archäologie interessiere, weil das ja schon viel "innerer Beamter" wäre. Der innere Beamte ist eine fiktive Figur, die wir beide vorholen, wenn wir den unglaublich bürokratischen Teil unseres Jobs erledigen und daraus durchaus eine gewisse Befriedigung ziehen, das korrekt zu erledigen, so lange es halt nicht überhand nimmt. Und ja, ein Teil ist das so, aber eben: wenn man die Funde nicht ordentlich dokumentiert, kann man sie grad wegschmeissen, und, das ist auch eine der grossen Lehren aus "Staub, Steine, Scherben ": Fund und Befund gehören zusammen, alles andere ist "nur Schatzsuchen".
Was ich total herzerwärmend und ansteckend und wunderschön fand: wie begeistert die MitarbeiterInnen dort von ihrem Job sind und wie sehr sie sich damit identifizieren und wie sehr ihnen am Herzen liegt, das zu teilen.

Gerade rechtzeitig zur Mittagspause ging es zurück in den Wald. Unsere Kollegen, die nicht zum ersten Mal dabei sind, hatten wacker weiter gegraben, wir haben an mehrere Stellen die 1.50 schon mindestens erreicht. Es ist echt sehr spannend, wir haben mehrere Profile von mit einer Art Löschkalk verdichtet Kies freigelegt, eventuell Überreste (aka dunkle Erde) eines Pfostens und ich bin unsere Holzkohlenfinderin.
Wir hatten heute alles an Wetter: Sonne, Regen, Hagel, Gewitter und ich bin so unglaublich dreckig. Also überall, es knirscht wirklich bis in den Bauchnabel. Und erschöpft. Also wirklich. Aber: wir haben exht was geschafft:

Rein konditionsmässig denke ich aktuell, dass eine Woche vllt auch gereicht hätte, allerdings wollen wir uns nächste Woche ja noch die Stelle auf dem ehemaligen Siedlungsbereich anschauen, wo wir die Keramik gefunden haben, ich hoffe da auf weniger tief und mehr dieselbe und vllt mehr Funde als Befund? Who knows.
Alles in allem: meine Güte, ich hätte mir nie träumen lassen, wie mich das trotz / wegen der körperlichen Anstrengung entspannt!





1 Kommentar:

kaltmamsell hat gesagt…

Das ist ein enorm beeindruckendes Stück Graben, das ihr da gegraben habt!