Mittwoch, September 23, 2020

230920: Letztes bissl Hirn

 Meine allerallerliebste Lehrerin (Frau Schmidt, 7. Klasse als Klassenleitung in Geschichte, Deutsch und Erdkunde, leider nur bis zu den Pfingstferien, dann hatte sie auf einer Moskaureise ebendort einen Blinddarmdurchbruch und es ging ein bisschen, bis sie wieder gesund und wieder zurück war.) hatte verschiedene legendäre Sprüche auf Lager. Einer meiner liebsten war, wenn die Klasse ein bisschen schlapp und müde war: "So, jetzt legen mal aaaaaaalle den Kopf auf die linke Seite, so weit es geht. Ja, noch ein Stückerl. Super. Und jetzt warten wir noch ein bisschen ..... genau, bis das letzte bissl Hirn für heut noch zamrinnt." (Weiss jetzt nicht, ob der Spruch nur so legendär ist, wenn man dabei Frau Schmidt vor Augen hat, aber glauben Sie mir, es war super.)

Ich fühle mich auch grad so ein bisschen, nur dass es nicht das letzte Bissl Hirn ist, das ich zusammensammeln muss, sondern das letzte bissl Kraft, bis ich am Freitag nachmittag mit Computerzuklappen in die nicht ganz freiwilligen, aber dringendst nötigen Herbstferien verschwinde. Der Zeitpunkt ist beliebig ungünstig (und ja, er ist nie günstig, aber aktuell halt schon wirklich, wirklich ungünstig. Aber: verschieben ist keine Alternative, weil erstens würde die PAuse dann nie passieren, weil es immer einen Grund zum Schieben gibt, zweitens musste ich gegenüber meinem Chef und dessen Chefin und der ganzen HR-Abteilung schon verhandeln, um nicht grad im September heimgeschickt (hahahaha, ich bin ja eh immer daheim) zu werden, sondern das auf die Herbstferien der Kinder legen zu können, drittens ist es extrem nötig für mich, mal richtig abzuschalten und meinen Kopf freizukriegen und mal drauf vertrauen, dass in zwei Wochen die Welt nicht vollkommen untergehen wird.

Ich strample also aktuell zwischen all den noch schnell "Du bist zwei Wochen weg? Könntest du noch vorher..." hingeworfenen "kurzen" Fragen, zwischen den natürlich last minute aufpoppenden neuen Grossbaustellen und den .... 3-4 Riesenthemen, die auf jeden Fall in den nächsten zwei Wochen von meinen Kollegen mitübernommen werden müssen, und ich habe an mich selber (und auch an andere Kollegen, von denen ich etwas übernehme) den Anspruch, das ordentlich zu übergeben respektive so zu dokumentieren, dass man sich auch zurechtfindet, wenn man nicht im "Letztes bissl Hirn"-See in meinem Kopf sitzt.

Wird alles, ich kümmere mich auch drum, dass es eben in andere Bahnen kommt, habe das aber nicht zu 100% in der Hand. Es ist mehr als nur ein Warnzeichen, wenn man bei aufploppenden Emails am liebsten in Tränen ausbrechen würde, einfach nur weil "Nicht das auch noch!"

So. Wäre das also auch mal gesagt. (Btw: das ist kein Kokettieren, das ist kein Jammern, das ist kein Phishing for Schulterklopfen, das ist, Gott bewahre, kein Call for Ratschläge, das ist halt einfach eine Statusaufnahme und ich kümmere mich drum.)

Sonst: 

L. hatte seine erste Klavierschnupperstunde und ist högscht begeistert, mal sehen, ob er während des Semesters noch einsteigen kann oder halt zum Januar. Das freut mich schon sehr!

Ausserdem kommt L.s komischer roter Fleck, den mein erfahrenes Mutterauge als "Bestimmt ein Pilz oder ein Ekzem oder so, lass uns mal eine Woche die Pilzcreme ausprobieren" diagnostiziert hat, aller Wahrscheinlichkeit nach von Borrelien von einem verpassten Zeckenbiss. Yay. (Auch hier bitte danke, keine Ratschläge oder Tipps oder Horrorstories oder tralalala, das Kind bekommt zwei Wochen Antibiotika, dann sollte das alles gut sein. Immerhin hat der Hübsche heute erstmals die frisch umgezogene Kinderarztpraxis gesehen, ich bin mir sicher, dass ich, wenn ich das erste Mal hinfahre, trotzdem vom Reptilienteil meines Hirns gesteuert zum alten Ort fahren werde, weil ich da halt die letzten 13 Jahre hingefahren bin)

Ich wollte Ihnen eigentlich noch eine launige Geschichte zu einer alten Wurst aus einem Feinschmeckerpaket erzählen, aber das mache ich wann anders, ich muss jetzt Feierabend machen. (ist wirklich lustig und ein bisschen eklig, aber sehr lustig. Da dürfen Sie mich gern dran erinnern).

Den ganzen Rest lasse ich mal weg, weil Hauptding wäre ja: "Stresslevel drölfzigtausend", das kam aber auch in der Prosaform ganz gut raus, denke ich.

 

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