Dienstag, Juni 23, 2020

230620 Halb so wild

Gesundheitsupdate: Q. hatte heute morgen nur noch leichtes Halskratzen, im Laufe eines sehr faulen Vormittags verschwand das vollkommen. Alle anderen sind fit, also geht es für Q. morgen wieder zurück in die Schule. Ich bin jetzt nicht direkt unglücklich, dass wir gestern nicht entweder beim Kinderarzt oder einer kantonalen Teststelle hinter (unter? an? mich würgt schon beim Gedanken daran, deswegen konnte mich mir das nie so richtig ansehen) seinem Gaumensegel rumstochern lassen mussten.

Nächste Neuerung: der Hübsche war seit 100 Jahren das erste Mal wieder physisch im Büro (sie haben da so ein Konzept mit Listen und Eintragen und es dürfen nur maximal keine Ahnung wieviele Leute da sein). Prompt suchte er morgens erstmal erstaunlich lang seinen Badge ("Wann hattest Du ihn denn das letzte Mal?" war nur wenig hilfreich) und vergass sein Headset daheim (war am gleichen Ort, nämlich dort, wo wir all das Homeofficezeug, das eigentlich ins Büro gehört, aber auf gar keinen Fall aufs Klavier und noch viel weniger, wenn das Klavier die Snackbar für einen Kindergeburtstag ist, hingeräumt hatten. Der Hübsche ist ja nicht nur jemand, der alle Benachrichtigungstöne am Handy immer an hat, ich glaube, er nutzt heimlich auch noch Tastentöne, er ist auch jemand, der auch nach 100 Tagen Homeoffice Zoom/Teams/Egal welche Webmeetings halt nicht mit Headset macht, sondern mit Ton an und Laptopmikro. Alles in allem jemand, den ich im Grossraumbüro schon aus dem Fenster gehängt hätte, aber hier daheim haben wir ja Türen, die wir zumachen können, da ist mir das wurscht.
Ich wäre also fast ganz allein daheim gewesen, wenn nicht Q. mit keinem Halsweh auch noch dagewesen wäre. Aber der ist ja gross, das fällt kaum auf (ausser bei dem Mengen Essen, die verschwinden).

Arbeit war viel, sehr, sehr viel, es bleibt mir nichts anderes übrig, auf die harte Tour zu lernen, dass ich nicht immer nur lieb und nett sein kann und alles übernehmen, was anderen zu mühsam ist, und naja, ich mache auch nicht mehr mit bei Meetings, die (trotz Ansage, dass dieser Slot für mich einfach nicht geht) in die Mittagspausendreiviertelstunde mit den Kindern gelegt werden. (Der Slot ist als "busy" im Kalender blockiert, es ist also nichts, was man übersieht, ausser es ist einem egal. Ich schreibe dann einfach in die Terminannahme "Erst ab xx:xxh", was ich als Meetingorganisator immer total mühsam finde, wenn es da zu geht wie in einer Bahnhofshalle und nie alle da sind, die man tatsächlich braucht, aber naja, anscheinend stört das hier nicht genug, um nach einem für alle passenden Termin zu suchen.
Ich habe heute während eines recht hektisch einberufenen Meetings mit dem Potential für sehr, sehr viel Arbeit (Es steht eine Behördeninspektion vor der Tür, die erste mit physischer Präsenz seit Corona) meine Vorgängerin sehr bewundert und mir im Geiste Notizen gemacht, wie man richtig mit in den Raum geworfenen Anfragen umgeht. Meine Standardreaktion ist eigentlich immer "Ich kümmer mich drum", was aber in 80% der Fälle nicht mein Job ist, aber natürlich gern angenommen wird. Und natürlich jedes spätere "Ich mache da nicht" viel schwieriger macht. Heute aber: ruhige Zusammenfassung der Fakten, Hinweise auf existierende Referenzdokumente (das kriege ich auch beides hin) und dann im kritischen Moment nicht einknicken und auf die leicht entsetzte Frage "So, do I understand this correctly? I have to dig through all this sh.... and find the gold?" ebenso ruhig antworten: "I am afraid so." Das war beeindruckend.

L. hat den Nachmittag mit seinen beiden ältesten Freunden verbracht, sie sind in nassen Badekleidern mit Eimern voller Wasserbomben von Garten zu Garten und Pool zu Pool gezogen, irgendwann wurde Melone und Eis gegessen und es scheint sehr toll gewesen zu sein.
Abends wurde er dann ein wenig wehmütig, weil er morgen sein Jeki-Xylophon zurückgeben muss. Er hat nochmal alle Lieder gespielt, die sie dieses Jahr gelernt haben, und die sie ja leider nicht in einem Abschlusskonzert präsentieren durften. (Ich musste dann wieder ein bisschen lachen, weil man pro verlorenem Teil am Xylophon 5 CHF zahlen muss (unseres ist vollständig), während wir für Q.s Cello damals, ich glaube, unser Haus als Sicherheit angeben mussten).

Abends dann die tägliche Strampelrunde, das ist für mich DAS Abschalteritual und ein essentieller Bestandteil von bei Sinnen bleiben.

Ich hatte irgendwann am Vormittag noch eine Idee, was ich unbedingt schreiben wollte, ein bisschen was anderes als das eintönige Tagesgehampel, aber es ist einfach aus dem Hirn verschwunden. .... hm. Bisschen unbefriedigend, aber so ist es halt.

Gegessen:
Brot mit Marmelade
Brot (frisches) mit Salat und Backkäse
Zitronenglasnudelsalat mit Tomaten und Spinat 
dafür braucht man

  • 250g Glasnudeln nach Anweisung zubereiten
  • 2 Zitronen auspressen, Schale abraspeln
  • 40g Ingwer reiben
  • 2EL Kurkuma, 1 EL Kreuzkümmel, Ingwer, Zitronenschale in 4EL Kokosöl 3min andünsten (ich habe noch Knoblauch dazugetan)
  • Mit Zitronensaft ablöschen, vorsichtig salzen und pfeffern, Nudeln untermischen
  • 500g Cocktailtomaten vierteln
  • zwei grosse Hände voll Spinat hacken
  • Erdnüsse anrösten (Originalrezept nimmt ungesalzene Cashewnüsse, aber wer hat schon Cashews und wer mag schon ungesalzene Nüsse?)
  • Spinat und Tomaten auf den Nudeln anrichten, oder halt untermischen, Erdnüsse drüber, fertig (ich habe noch Sriracha-Sosse drübergespritzt)
Das reicht für 2 zum Abendessen und eine noch nicht genau definierte Menge (einer isst noch) für den nächsten Tag.

Gesehen:
"Little Fires Everywhere"

Gelesen.
"Hunkeler 4"

Getragen (das habe ich ja schmählich vernachlässigt, aber heute oder eigentlich gestern abend habe ich beschlossen, das Kleid, das ich mir in irgendeinem Sale für "Super, das zieh ich ins Büro an, wenn es superheiss ist, das geht mit den flachen blauen Sandalen oder den blauen Wildlederstilettos" gekauft habe, halt jetzt daheim anzuziehen, weil: es könnte gut sein, dass ich gar nicht mehr ins Büro gehe, solang es noch richtig heiss ist. Heute kam die Standortmail zu den neuen Lockerungen in der Schweiz und ich lag richtig: das Tempo des Ramp-up wird nicht angezogen, sondern beibehalten. Mein Lieblingssatz war: "Die Weisung des BAG besagt NICHT, dass "Working from Home" abgeschafft ist, sondern das ab jetzt der Arbeitgeber wieder voll für die Sicherheit der Mitarbeitenden verantwortlich ist." Ich habe es mit schick aber mal nicht übertrieben und so festgestellt: es geht auch mit barfuss)



Stressleveldurchschnitt gestern: 44
Selbstbeweihräucherung: An Frau Novemberregen gedacht und alle Spässchen, Rechtfertigungen, vorweggenommenen Entschuldigungen aus der Antwortmail auf eine Meetingeinladung von 19:00h bis 20:30h gelöscht und einfach nur geschrieben "I would appreciate if you could find a slot that works both for Basel and San Francisco office hours." (Die anderen haben alle einfach kommentarlos abgesagt, vermutlich bin ich immer noch zu nett)