Schokoküsse, Krisenmeetings, überraschene Anrufe
Heute, während ich in einer Meetingpause auf meinen Cappuccino wartete, brummte mein Arbeitshandy und zeigte einen eingehenden Hangouts-Videoanruf mit dem Namen eines Studienkollegen an (Mein Arbeitgeber schwört auf Google-Infrastruktur, wir haben gmail, g-drive, hangouts, chrome, blablablubb, dazu aber NUR iPhones und -pads, aber auch NUR HP-Laptops. Und für offizielles NUR Touchpoint und SharePoint und für manche Ausnahmen Cisco-Webex. Ausser in USA, da Apple, und in Südkorea, da Samsung Telefone. Oder so.) Ich war etwas irritiert, warum mein Handy diesen Namen kennen sollte, dachte mir dann aber (ich war echt unterkoffeiniert): "Hm der war doch mal in Luzern, vielleicht habe ich in meinen google-Kontakten diese nicht mehr aktuelle Nummer noch eingespeichert und vielleicht hat mittlerweile ein Kollege diese Handynummer und ich bin jetzt echt mal gespannt, wer da dran ist." Dass Hangouts natürlich gar nicht mit Telefonnummern, sondern google-Profilen arbeitet, geschenkt.
Aber: es war genau der Freund dran und... naja, ich sags mal so: aus den Augen, aus dem Sinn, da ist bei mir schon wirklich was dran. Ich bin wirklich nicht gut drin, Kontakt zu halten, wenn er sich nicht im Alltag von allein durch regelmässige Treffen (und sei es ein, zweimal im Jahr zum Geburtstag oder durch halbformalisierte Mittagessen bei der Arbeit) von alleine aufrecht erhält. Und so wusste ich gar nicht, dass der Freund seit anderthalb Jahren auch ein Kollege ist und zwar auf dem bayerischen Standort, mti dem ich zugegeben wenig zu tun habe, aber es reicht, um im selben Firmendirectory zu landen.
Und seine Begrüssung. "Hey, ich wollte dich so lang schon anrufen, jetzt bringe ich grad mein Kind in die Kita und es ist mri auf dem Rücksitz eingeschlafen, also kann ich grad nix machen" ist ... so sehr immer noch der Freund aus Unizeiten, das war wirklich toll. Während ich also auf meinen Cappuccino wartete, tauschten wir (ich nicht sonderlich beredt, weil spontan und witzig bin ich nur, wenn ich gut vorbereitet bin) im Affenzahn Updates aus und vielleicht dauert es bis zum nächsten Gesrpäch nicht wieder 13 Jahre.
Nächste Überraschung kam beim Kaffeetrinken (schon wieder!) nach dem Mittagessen, als ein Kollege die Neugier der chinesischen Gäste auf lokale Süssigkeiten nutzte, um die in der Schweiz immer noch gebräuchliche Bezeichnung "Mohrenkopf" (sogar aufgedruckt auf den Schachteln etc) als Anlass für einen Rant wider die falsche, verlogene political correctness in Deutschland zu nutzen, und man müsse die Dinge doch beim Namen nennen dürfen und was sei denn so schlimm an der Betiechnung "N......" für Menschen mit dunkler Hautfarbe, weil genau das wären sie doch, da sollte man sich mal nicht so haben, das ware ja gar keine Wertung und "behindert" dürfe man auch nicht sagen, und "chwarz" auch nicht, meine Güte, das ist doch nicht zu glauben. Dem letzten Halbsatz stimmte ich zu, und ich weiss nicht, ob es am vielen Kaffee lag, auf jeden Fall habe ich nicht nur die Augen gerollt, sondern tief Luft geholt und eine Suada zum Thema "Sprache und Worte sind wichtig und es ist sehr traurig, dass Du das in der Schule so gelernt hast, aber das ändert nichts daran, dass das herabsetzende, disriminierende, verletzende und (je nach Gruppierung, er holte ja zum Rundumschlag aus) rassistische Ausdrücke und auch wenn Du glaubst, dass Du das in dieser Situation nicht schlimm finden würdest, ist das total egal, weil Du nicht in dieser Situation bist".
Nun ja, das hatte zwar nicht den erhofften Erfolg, sondern resultierte in weiter ausufernden "NIX DARF MAN SAGEN, DABEI ISSES HALT EINFACH SO!" Aussagen, aber immerhin bekam ich Verstärkung von einer Kollegin. Und dann musste ich auch schon wieder los der Bus fuhr ab und mein Schokokuss war eh alle. (Puh, sehr unangenehm!)
In der Stadt dann: wildes Umhersausen und Abklärungen für das Jöbli und die Riesenwelle, die morgen zu einer Reihe eskalierender Notfallmeetings führen wird. Immerhin habe ich jetzt sehr schnell sehr viele neue Leute kennengelernt, ein bisschen den Jöblichef (den ich privat schon sehr lange kenne, aber beruflich ist das doch sehr anders) einschätzen gelernt und so doof das von der Sache ist: es gibt mir ungeplanterweise die Chance, sehr schnell einen Eindruck zu hinterlassen, was sonst bei so einem Assignment für nur ein halbes Jahr nicht ganz einfach ist :-).
Sonst so: es ist so weit, die Draussenkatzen haben die erste Blessur. Sansa hatte ja an Tag 1 schon den Kampf gegen eine Biene erst nach einem Wirkungstreffer der Biene auf die Pfote gewonnen, Jonny hatte sich irgendwann beim Klettern einen Daumenballen aufgeschürft, aber jetzt hat Sansa einen Biss oder Kratzer oder Stachel sowas am Rücken, da ist es ein bisschen angeschwollen um den Schorf rum und es tut ihr weh, wenn man hinkommt, das soll sich die Tierärztin mal ansehen.
Diese Woche ist ein bisschen sehr verrückt.
Stressleveldurchschnitt gestern: 19 (ha, Sie denken bestimmt, das alte Band war kaputt und endlich kommen richtige Werte raus, aber ich muss Sie enttäuschen: der bisherige Schnitt des heutigen Tages ist deutlich oberhalb von 50, so dass der niedrige Wert gestern wohl eher auf die hypnotisch beruhigende Wirkung einer halbautomatischen Verpackungslinie zurückzuführen ist)
Selbstbeweihräucherung: ich bin sehr froh, dass ich ohne nachzudenken den Mund aufgemacht habe bei der Kaffeediskussion. (Und bedingt, dass ich nach immerhin nur EINEM Ausrutscher in der Klassen-WA-Gruppe wieder in (beredtes) Schweigen dort verfallen bin. Meine Güte. Vielleicht sollte ich doch mit dem Hübschen dort wieder Platz tauschen. Der verlässt die Gruppe sofort wieder ohne einen Extragedanken....)