Donnerstag, Juni 07, 2018

Ois isi

Noch einmal stürmt, noch einmal kämpft... naja, ein bisschen so fühlt es sich an, SCHON WIEDER nach Italien zu reisen. Aber: wenn alles glatt geht (hahaha, as if), dann war das das letzte Mal vor der ultimativ krassen Beachparty zum Projektabschluss (nicht, dass die woanders als in meinem Kopf bisher geplant wäre).


Zugfahrt durchs Rheintal. Es sieht kalt aus, hatte aber eher so Waschküchentemperaturen
Weil heute Donnerstag und Sommer ist, ging es nicht nach Bari oder Rom, und weil ich ein Schisser bin, auch nicht nach Neapel (das ware eine NUR landstrassenstrecke, 300km mutterseelenallein im Nirgendwo), sondern halt nach Brindisi.
Es scheint drei Gruppen von Brindisi-Reisenden zu dieser Jahreszeit zu geben: Bildungsreisen für Senioren, da ist der feste Dresscode eine freche Kombination aus Wanderschuhen, Karohemden/-blusen, gern kurzarm und fresh gemusterten Sakkos, "Trainingslager" oder Saisonabschlussbesäufnisreise für Sportvereine (vulgo: Mittzwanziger, Frauen nicht mitgemeint, Dresscode: kurze Trainingshosen, manchmal T-Shirt, Adiletten, morgens um 10 schon ordentlich vorgeglüht und am Gate nur in der Horizontalen ausgestreckt über 4 Sitzplätze zu finden) und Eltern mit noch nicht schulpflichtigen Kindern. Und mich.
Während ich am Gate inmitten einer italienischen Gruppe der zweiten Art gelandet war (sie wussten nicht, WIE lang ich schon mit dem Italienprojekt zu tun habe und dass ich sie sehr wohl verstehe....) und da mein "resting bitch face" üben konnte, sass ich dann auf dem Flug zwischen zwei Vertretern der ersten Gruppe, die dann lernen mussten, dass auch ein "schmales Meitli" gern ein bisschen Platz auf der Armlehne oder wenigstens schon keinen haarigen schwitzigen Männerarm (wir erinnern uns: Kurzarmkarohemden!) an meinem nicht so haarigen, nicht schwitzigen Frauenarm AUF MEINER SEITE von der Armlehne dran haben möchte.
Beim Aussteigen dann lernte ich, dass man sich durchaus übel beschimpfen und bepöbeln kann, wenn es darum geht, ob jetzt die Leute links oder rechts des Ganges zuerst aussteigen dürfen. Und dass es ganz wichtig ist, den Platz in den ersten drei Reihen ums Kofferkarussell auf gar keinen Fall aufzugeben oder auch nur ein Stückchen zur Seite zu gehen, wenn da jemand sich eben keinen guten Platz gesichert hat, weil er (also: ich) erstmal aufs Klo musste, dann sind die guten Plätze halt weg, und wenn dein Koffer der einzige ist, der auf dem Band die Runden dreht, dann hast Du halt Pech gehabt, weil die Karohemden united rücken kein Stück (also, nicht, wenn man "Exgüsi, tschuldigung, scusi, dörf ich amol, may I?" sagt. "BUH!" hilft aber.).
Meine Güte, was für ein Verein, hey!


Brindisi ist übrigens, für den Fall, dass Sie das nicht wussten, unglaublich heiss. Und die Autovermietung ist NICHT gut ausgeschildert. Macht aber nix, die Karohemden wurden alle von einem Bus abgeholt, die Trainerhosenträger mussten erstmal neues Bier holen und die Familien hatten nicht da die Autos reserviert, wo unsere Reisezentrale das gemacht hat. Hätten sie übrigens mal machen sollen, ich habe nämlich eine Riesenfamilienkutsche bekommen. Da weigert man sich trotz Kindern (ja, Mehrzahl), einen Minivan oder Kombi zu kaufen, aber kaum fährt man mal allein auf Geschäftsreise, sitzt man in einem silbergrauen Dieselkombi (die Male, wo wir zu mehreren ein Auto geteilt haben, waren das immer irgendwelche winzigen Hüpfer, aber heute, da hätte ich noch ca 5 Karohemden mitnehmen können)
320 km allein die Küste rauffahren ist übrigens genauso langweilig, wie man sich das vorstellt. Zwei spannende Momente gab es:
1. der, wo ich mir nach ca 50km dachte: "Hm, ich habe gar kein Mautbillet gezogen?! Was mach ich denn jetzt, wenn ich von der Autobahn runtermuss?", bis ich dann merkte, dass die Strecke von Brindisi nach Bari gar keine Autobahn ist (also: sagen wir mal so: vong Belag her ist sie eher besserer Feldweg, aber das heist ja per se noch nix), und man erst in Bari ein Biglietto zieht
2. wo ich mir dachte: "Hm, wo sehe ich denn jetzt eigentlich, wieviel Benzin ich noch habe?" und dann wild rumschaltete und den Tacho auf Mph umstellte und alles war kompliziert.
Und im allgemeinen nach über einem Jahr Elektroauto: "Häh, wieso kann ich das Auto nicht starten? Ach ja. Kupplung. Hä, wieso fährt der so lahm? Ach ja, raufschalten. Häh, wieso beschleunigt der so wenig? Ach. Ja. Wieso fährt der dem andern so dicht drauf? Brems, brems, oh, das muss ich ja selber machen. Upsi. Häh, warum klingt der jetzt so komisch und fährt ruckelig? Ach ja, runterschalten."


Kaffee- und Eispause in der Mitte von Nirgendwo, Check mit den italienischen Partnern: heute brauch ich nicht mehr vorbeikommen, es reicht morgen früh. Auch recht, ich bin langsam platt.


Pornokarre auf menschenleerem Parkplatz. Die Autostrada Adriatica ist die leerste Autobahn Italiens


Mein Standardhotel war ja voll, deswegen bin ich in einem anderen, NOCH näher am Strand und an der Burg. Das Navi lotst mich deshalb auch direkt durch die schmalsten Gassen der Altstadt anstatt über die Umfahrung, aber die Familienkutsche und ich regeln das wie Profis.


Der skurrilste Moment des Tages kommt aber erst noch: ich habe über die Reisezentrale einen Platz in der Tiefgarage reservieren lassen und bestätigt bekommen. Als ich also die superschmale, supersteile Gasse zum Hotel runterfahre und wie wild Ausschau nach einer Garageneinfahrt halte, .... steh ich auf einmal mitten auf einem Platz und "Durchfahrt verboten, ab hier Fussgängerzone" kann ich auch auf italienisch verstehen. Ich stelle das Auto also inmitten von selfie-schiessenden Touristen ab, sause zur Rezeption, checke ein und frage, wo denn der Eingang zur Tiefgarage wäre, eben, wegen Auto. Die Rezeptionsfrau schaut mich an und meint "Tiefgarage? Haben wir nicht. Wir sind hier direkt am Strand auf Meereslevel." Ich bin ganz undeutsch (ich trage ja auch kein Karohemd) und frage ganz freundlich, wo das Auto dann hinsoll. Die Antwort "Wann brauchen Sie es denn morgen?" verwirrt mich etwas, aber es sieht jetzt so aus, dass ich den Schlüssel da gelassen habe, irgendjemand parkt das Auto irgendwo und bringt es (hoffentlich) morgen früh um acht wieder zurück. Das wird eine tolle Übung für Samstag, da muss ich nämlich nicht erst um acht, sondern schon um sechs Uhr morgens los.


Das Zimmer hat Meerblick, ist aber so winzig, dass ich nicht mal meinen Koffer aufmachen kann. Ich brauche Bewegung und drehe eine Runde durchs Städtchen (es zieht ein Gewitter auf und die ersten Tropfen fallen, deshalb kein Schwumm im Meer), kaufe ein paar mehr Farben meiner Zweitlieblings-Eyeliner in der lokalen Kiko-Filiale (am liebsten mag ich die flüssigen Eyeliner von Urban Decay und den Tattoo-Liner von Kat von D., aber die von Kiko sind eine sehr bezahlbare Alternative) und im Sephora nach Preisvergleich im Schweizer Sephora, im Schweizer Duty Free am Flughafen den Brauenhighlighterstift (in schimmer natürlich) und das hellste Brauchengel von Benefits.
Mir ist nach den ganzen Karohemden und ganz viel Interaktion morgen dann überhaupt nicht nach Essengehen, ich habe aber extremen Jieper auf Obst. Ich kaufe also ein Pfund Kirschen und ein Kilo Nektarinen und damit ich nicht totale Bauchschmerzen bekomme, noch ein Stück Käse und (furztrockene, aber das wusste ich nicht) neutrale Teigkringel und, weil ich ja immer nicht gescheit schlafen kann, noch ein Bier. Der Supermarkt war zu klein, um den alten Trick, den Frau Mutti und ich ja gern bei,.... wie hiess das Ding am Bahnhof Zoo? gemacht haben, nämlich als erstes Sekt zu den TK-Pizzen stellen, dann den Rest einkaufen, bis man fertig ist, ist der Sekt kalt, durchzuziehen; ich setze grosse Hoffnungen in die Minibar, aber ... die ist halt genauso lauwarm wie das Zimmer. Mein zweiter Plan, es wenigstens in einem Waschbecken voll kaltem Wasser abzukühlen, geht auch nicht auf, der Stöpsel ist nämlich kaputt. Tja nun, kälter als die Luft ist es allemal und warmes Bier soll ja total bekömmlich sein.
Ich dusche also, beantworte im Pyjama die Mails, die sich den Tag über angesammelt haben und esse dann auf dem Balkon mit Meerblick total ausgewogen zu Abend.


Das Bier stand da noch in der lauwarmen Minibar.
Jetzt aber ab ins Bett, ich bin mal sehr gespannt, ob ich die Familienkutsche morgen wiederbekomme.


Stressleveldurchschnitt gestern:
Selbstbeweihräucherung: like a native total dynamisch mit dem Fiat mit italienischem Kennzeichen durch die Altstadtgässchen gecruist.




4 Kommentare:

Julia hat gesagt…

Ich wollte gerade einen Hinweis zur Getränkekühlung ohne Kühlschrank geben, aber das zählt sicher zu den ungebetenen Ratschlägen. Also wünsche ich einfach noch einen reibungslosen Italienaufenthalt und eine gute Heimreise!

Frau Brüllen hat gesagt…

@Julia: naja, eigentlich schon, aber jetzt bin ich neugierig, wie Sie in einem Zimmer ohne Kühlschrank, ohne kaltes Wasser, ohne Eismaschine etwas schnell kalt kriegen wollen.

Julia hat gesagt…

Nagut... :-) (Hand)Tuch oder Küchenpapier nass machen und um die zu kühlende Flasche drumrumwickeln. Durch Verdunstung des Wassers wird das dann kalt, zumindest kälter als die Luft. Geht freilich umso besser, je trockener die Luft ist und je mehr Wind weht...

Frau Brüllen hat gesagt…

@Julia stimmt, das ware eine Idee gewesen. Nächstes Mal!