Steter Tropfen
Wenn Sie als Eltern vielleicht manchmal verzweifeln ob der Resistenz von Kindern gegenüber mantraartig wiederholten Verhaltensgrundlegen wie "Im Sitzen Pinkeln, danach Händewaschen, ja, immer mit Seife", "Dreckschuhe vor der Tür ausziehen", "Nicht reden mit mehr als 100g Essen im Mund", lassen Sie sich gesagt sein: es besteht Hoffnung.
Ähnlich mantraartig wird in der Ausbildung von Chemikern wiederholt: "Immer Schutzbrille, ja, auch die Brillenträger, nein, keine Sandalen im Labor, immer Handschuhe, nie mit den Fingern ins Produkt langen, Laborkittel gehören ins Labor und nicht ins Büro oder die Mensa/Kantine, vor dem Klogehen und danach Händewaschen, beim Betreten und Verlassen vom Labor Händewaschen, im Labor wird nicht gegessen, getrunken oder geraucht, im Betrieb ist das Handy ausgeschaltet, nein, nein Flugmodus reicht nicht."
Irgendwann ist es dann soweit, dass die drei Chemiker bei einem Training in pharmazeutischer Technologie mit lauter Pharmazeuten mit auf dem Rücken verschränkten Händen, Schutzbrille auf der Nase an der Wand stehen, während die Pharmazeuten begeistert frisch granulierte Plazebos aus Maisstärke, Zellulose und Lactose zwischen den Fingern zerkrümeln und im ganzen Raum verteilen und sich lustige Smilies damit ins Gesicht malen. Der Verbrauch an Einmalkitteln, Handschuhen und Seife geht auch zu 95% auf Kosten der Chemiker, von denen kein einziger gefragt hat, ob man wirklich ernsthaft die Schutzbrillen aufsetzen muss. Man muss auch extra Zeit einplanen, weil die Chemiker die ganze Zeit vor jeder Kaffeepause Händewaschen wollen :-)
Das Schöne (oder auch Gruslige) ist: unsere Pharmazeutenkollegen konnten uns heute mitleidig als Panikbolzen belächeln, aber wenn sie uns irgendwann mal zu einem API-Training besuchen kommen, müssen wir aufpassen wie Schiesshunde, dass sie nicht einfach an den Anlagen lecken oder mal probieren, wie das Chlorwasserstoffgas wirklich riecht oder wie Methylenchlorid schmeckt....
Sie entschuldigen, ich muss noch schnell duschen, bevor ich essen mache, ich habe das Gefühl, überall vor Staub zu sein...
7 Kommentare:
Bei uns in der Kantine steigt die Anzahl an sichtbaren Fertigungskitteln signifikant, wenn es Spaghetti oder Currywurst gibt. Man muss ja die Hemden schonen...
Also gefühlt nehmen Mediziner ihre Kittel überall mit hin. Vom Krankenbett in die Kantine. Yeah.
Ich so zu meinem Mann "kann es sein, dass es gaaanz geringe Vorurteile gegenüber Pharmazeuten seitens der Chemiker gibt?"
Mein Mann "höchstens wohlbegründete".
*lol*
Die Pharmazeutin meint "Ey!"
Das Technologie-Praktikum mit Placebos ist ja auch was ganz anderes, wir mussten auch im Bio-Praktikum Geschmackstests (sic!) an den Teedrogen machen...Taktisch unklug war es von der Assistentin, erst am letzten Tag zu sagen: "Ääääh, ihr sollt das probieren, aber nicht schlucken!!!" Nur weil da Sachen wie Tollkirsche bei waren...
Aber in den Chemie/Analytik-Praktika wurden immer artig Hanschuhe etc. pp. befolgt ;-)
Aber der alte Streit zwischen Chemikern und Pharmazeuten gärt ja sowieso immer...Pharmazeuten sind die mit der "Zwangsstörung" ("da steht das soll rot sein, aber das hier ist wohl eher hellrot, so geht das aber nicht, das ist nicht konform..."), Chemiker eher die "ab-durch-die Wand" ("hmm, das soll rot sein, aber orange ist fast rot, passt schon" *bumm, Explosion*)
Aber eigentlich mögen wir uns doch ;-)
Grüße aus einem Pharmazeuten/Chemiker/Biologenteam bei den Regulatory Affairs ;-)
@regulatory: jajaja, ich weiss. Aber irgendwann hat man als Chemiker so viel in die Luft gejagt, dass man Respekt davor hat, besonders wenn man sich im Produktionsumfeld bewegt, da ist das sozusagen Überlebensvorraussetzung, das legt man nicht ab, bloss weil der weisse Staub diesmal nur Lactose ist und keine Cytostatika :-)
Hier im Haus lebt ja alles.
Bei den Biologen lernt man steril arbeiten, und die Chemie lehrt Respekt vor allem Stofflichen wegen dem Wumms.
Nun hat der Mann nach der Chemie noch Pharmazie studiert, und das in einem Affentempo.
Sauereien mit Arzneistoffen gibt es bei ihm nicht, aber er kann Geschichten erzählen von nun approbationsfreien Kollegen.
Hier im Haus lebt ja alles.
Bei den Biologen lernt man steril arbeiten, und die Chemie lehrt Respekt vor allem Stofflichen wegen dem Wumms.
Nun hat der Mann nach der Chemie noch Pharmazie studiert, und das in einem Affentempo.
Sauereien mit Arzneistoffen gibt es bei ihm nicht, aber er kann Geschichten erzählen von nun approbationsfreien Kollegen.
Kommentar veröffentlichen