Mittwoch, September 03, 2014

Warum es gut ist, dass ich keine Lehrkraft bin. Und nur zwei Kinder habe.

Am Montag war ich bei meinem allerletzten Kindergartenelternabend ever (ich habe das ja auch vorher schon angekündigt und war dann fast ein bisschen geknickt, als es hiess, es werde auch noch einen Einschulungselternabend für die Eltern der grossen Gruppe geben, aber dann ist mir eingefallen, dass der högschtwahrscheinlich in der Schule sein wird und da gibt es ausgewachsene Stühle).
Und nein, ich finde Elternabende per se nicht schlimm, überhaupt nicht (doch: die kleinen Stühle sind schrecklich und eine Folter für alle Menschen, die grösser als ungefähr 1,20m sind), ich bin allerdings auch nicht die Frequenz, die es anscheinend in deutschen Elterninitiativen gibt, gewohnt. Es gibt hier normalerweise am Schulfahresanfang einen, zur spielzeugfreien Zeit gab es noch zwei, aber das wars dann eigentlich auch (klar, in der Schule gibts auch einen, in der Kinderkrippe auch, dann noch die Versammlung des Trägervereins, das läppert sich schon).
Und doch: ich starte jetzt als Elternteil in das vierte Jahr Kindergarten und ich muss sagen: Hochachtung vor den Lehrpersonen, die jedes Jahr das gleiche (Lehrplan, Selbstkompetenz, Sachkompetenz, Sozialkompetenz, Heilpädagogin, Stundenplan, Warum Vorschriften beim Essen und warum bei jedem Wetter in den Wald? Emailverteiler ja oder nein) immer wieder anders aufbereiten. Trotzdem: ich schätze 90% des Inhalts kenne ich, und ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch und habe dann wirklich Probleme nicht die "Ich habe übrigens schon ein grosses Kind und weiss deswegen alles und mein Sohn geht auch schon alleine einkaufen, nänänänänä"-Angebermutter raushängen zu lassen, die eh schon alles weiss. Ich habe wenig Geduld (innerlich. Äusserlich denke ich, ich bin Zen. Aber ich sehe mich ja nicht. Und wenn nicht, dann schiebe ich es auf die Sitzposition auf dem Stühlchen) mit Eltern, die (für mich) zum gefühlt 10000. Mal diskutieren wollen, ob es wirklich nicht okay ist, Müsliriegel oder Milchschnitte mitzugeben, dass die Caprisonne doch Vitamine hat und deswegen ja per se gut sein müsste und ob man nicht (noch?!) mehr basteln könnte. Und was ist, wenn es am Waldtag mal stürmt? Ich persönlich bin ein sehr pragmatischer Mensch und wenn ich nicht mit voller innerster Überzeugung an etwas hänge (und das ist gar nicht so viel), dann nehme ich auch mal Sachen einfach hin, aber wer weiss, wie sehr man an Milchschnitten hängen kann.
Man kann sich jetzt natürlich die Frage stellen, warum ich zu den Elternabenden denn noch hingehe, weil: verpflichtend sind die ja nicht. Aber erstens weiss ich, dass ich nicht alles schon weiss, die Kunst besteht nämlich darin, aus den 90% gleicher Inhalt wie immer die 10% "Das ist dieses Jahr übrigens anders" rauszufiltern. Und das sind kleine, aber wichtige Feinheiten wie "Das Znüni an Turntagen dieses Jahr bitte nicht in den Turnsack packen, sondern die Znünitasche extra mitgeben"; die folgende ausufernde Diskussion kann man dann wieder ein bisschen ausblenden und erst bei "Am Waldtag müssen die Kinder nicht mehr den ganze Weg wieder zum Kindergarten mit zurücklaufen, sondern können unterwegs abgeholt werden, werden aber sicher trotzdem den ganzen Rückweg begleitet" aufhorchen. Die Folgediskussion (wer wann wo und ob man vielleicht besser doch wo anders und der eine könnte aber den ganzen Weg allein und kann man mehrere Kinder gemeinsam abholen) kann man, und das ist für mich eine gute Übung, weil man muss ja nicht zu allem Meinung haben, ausblenden und stattdessen die Eltern des Kindes, das dem eigenen mit einer Buchkante einen Schmiss zwischen die Augen gezogen hat, mal schief von der Seite anschauen. ("Mami, also, der R. hat erst so getan, als ob er mich hauen würde, immer wieder, das hat mich total genervt, irgendwann habe ich ihn dann geschubst, das hat ihn dann genervt und er hat mich mit dem Buch zwischen die Augen gehauen") Ich bin ja auch so eine von den Müttern, die ihr Kind als das beste und tollste und überhaupt ansehen ;-). Nein, ernsthaft, ich schaue mich gern in der Umgebung um, in der Little L. seinen Vormittag verbringt, ich lerne gern die Eltern und ihre Sichtweise auf ihre Kinder, die ich ja nur aus Erzählungen meines Sohnes kenne, kennen, so ein bisschen Minimum an sozialem Miteinander, das finde ich ja schon noch ganz gut.
Ich finde es auch eine Art Respektsbezeugung den Lehrpersonen gegenüber, die sich sehr viel Mühe mit der Vorbereitung des Elternabends gegeben haben, dann dort auch aufzukreuzen und auch nach einem langen Tag im Büro einen Postenlauf zu Tagesablauf, Selbständigkeit, Deutsch als Zweitsprache und sowas zu absolvieren. Ich schätze die Lehrkräfte (Kindergarten und Schule) hier vor Ort sehr, aber trotzdem bin ich froh, dass ich nicht noch eine weitere Runde Kindergartenelternabende auf winzigen Stühlchen vor mir habe. Sehr.

6 Kommentare:

Poledra hat gesagt…

Hihi, warum hatte ich jetzt gerade ein Dejavu? Und mußte sehr schmunzeln.
Ich war auch sehr froh, als das letzte Kindergartenjahr anbracht. Allerdings geht es ja dann in der Volksschule wieder von vorne los mit den Elternabenden. Ein Vorteil aber, die Stühle werden jedes Jahr ein bißchen größer.
lg Sabine

Prinzenrolle - hm hat gesagt…

Hm. Ich hätte das jetzt sehr gern gelesen. Aber die Schrift ist mir einfach zu winzig. Und blöderweise vergesse ich immer, wie ich mir selbst die Schrift vergrößern kann mit einem Klick...
Falls du leserInnenfreundlich die Schrift etwas besser lesbar machen könnest - dann kommentier ich auch gern inhaltlich.

Freundliche Grüße, Petra

Anonym hat gesagt…

"STRG +" bzw. "STRG -" helfen vielleicht beim lesen.
Grüße
Esther

Prinzenrolle - hm hat gesagt…

Das war's, was ich vergessen hatte. Jetzt schreib ich mir eine Notiz auf den Bildschirm, damit das nicht noch einmal passiert. Danke!

jongleurin hat gesagt…

Hu. In der Kita der Krabbe gab es noch keinen Elternabend. Aber ich habe mir ganz fest vorgenommen, dem Stuhl-Problem zu begegnen, und zwar, indem ich a) mir einen Campinghocker mitbringe oder b) mich auf den Boden setze. Ich hab nämlich eh schon Rücken, und was zu viel ist, ist zu viel. (Ja, ich muss mich vor so kleinen Akten des zivilen Ungehorsams immer recht lange wappnen, Verzeihung.)

Anonym hat gesagt…

Oh, was hatte ich jetzt für einen Spaß! Bei uns ist es eine längere Weile her, Kindergarten und sämtliche Schuljahre, aber beim Lesen erinnerte ich mich wieder .....Oh mein Gott, Milchschnitte, gibt's die immer noch? Das war schon vor 25 Jahren Thema. Eins ist aber mal klar, die eigenen Kinder sind immer die Allerbesten, Schönsten und Klügsten sowieso. DAS MUSS SO SEIN!!!
Und daß man Eltern, deren Kind ein Buch völlig zweckentfremdet benutzt, besonders schräg ansieht, ist doch ganz richtig, hätte ich auch gemacht.
Danke für das Vergnügen, welches mir die meisten Beiträge machen