Freitag, April 04, 2014

Hoffensichtliches

Ich würde für meine Söhne jederzeit, also, wenn wirklich nötig, sterben (auch, wenn ich jetzt nicht genau weiss, welche Gelegenheit das sein könnte, aber eben: ich weiss, ich würde es tun), das ist gar keine Frage. Ich weigere mich aber (und das mag nach dieser Einleitung ein bisschen kleinkariert klingen), ihre Socken im Haus zusammenzusammeln, ihr Suchsklave für den Nintendo (oder noch schlimmer, den Nintendostift!), den Supermanumhang vom T-Shirt, den gelben Stift mit dem Sternestempel hinten drauf, den zweiten Turnschuh, den Gürtel vom Karatekimono, die 5. CD vom aus der Schulbücherei ausgeliehenen Harry-Potter-Hörbuch zu sein, den Tisch allein zu decken oder abzuräumen, verschimmelte Apfelreste aus der Schultasche zu klauben, solche Sachen.
Ich sehe die Krönung meiner Mutterrolle nämlich nicht darin, meinen Söhnen auch noch mit 50 das Fleisch klein zu schneiden oder die Hemden zu bügeln, auch nicht darin, ihrer Frau in spe irgendwann zu erklären, welchen Weichspüler ihr Ehemann am liebsten hat, nein, mein erklärtes Ziel ist es, zwei junge Männer zu erziehen, die in der Lage sind, für sich selbst (und andere) zu sorgen, die wissen, dass das Geschirr nicht von den Heinzelmännchen abgeleckt wird und beim nächsten Essen wieder sauber da steht, dass es nicht mal von allein von auf der Spülmaschine in die Spülmaschine springt (und: für ganz Fortgeschrittene: dass eine volle Spülmaschine sich weder von selber startet noch ausräumt), die es weder für selbstverständlich noch für erstrebenswert halten, dass irgendjemand ihnen ihre dreckigen Socken und Unterhosen zusammensammelt, wäscht und hinterherträgt, sondern die wissen, dass Wäsche in Wäschkörbe sortiert wird etc.
Tja. Dass das kein Selbstläufer ist, das weiss jeder, der zB schon mal mit Physik (Weg des geringsten Widerstands, Entropie nimmt immer zu und solche Sachen) oder Menschen zu tun gehabt hat. Deswegen ist es hier im Moment mal wieder ein bisschen ungemütlich für alle Beteiligten, weil ich (wieder einmal) dazu übergegangen bin, all das wieder einmal zu forcieren. Ich muss sehr oft an mich halten, nicht doch selber schnell den irgendwo in der Küche abgestellten Teller wegzuräumen, den nur bis zur Treppe gebrachten vollen Turnsack doch schnell selber zu leeren und in die Wäsche zu sortieren, oder das nur ansatzweise in die Jackenkiste balancierte Kindergartenlüchzgi selber ganz reinzustopfen, sondern jeweils den zu "Ich muss mal schnell aufs Klo, ein ganz kleines Teil an der Legoburg reparieren, das Kapitel fertiglesen, chillen, sonst irgendwas" verschwundenen eigentlich Zuständigen herzitieren. Das ist sozusagen das "Das Kind alleine rausfinden lassen, in welches Loch der Hose das Bein kommt, das Kind nicht aufs Klettergerüst heben, sondern selber wurschteln lassen" für Grössere.
Ich toleriere da mittlerweile auch keine Ausnahmen mehr (okay, krank sein schon), das wird jeden Tag so durchgezogen, sei es unter der Woche, Wochenende, Ferien, Urlaub, Besuch da, weil: jedes "Ach, bleibt ihr mal ruhig sitzen, ich räum schnell ab" oder "Geh ruhig schon mal spielen, ich räum deine Schultasche aus" bezahle ich mindestens doppelt und dreifach, weil man offensichtlich ganz schnell total vergessen kann, wie das mit den Znüniboxen nochmal ging oder wie das mit den Bechern und der Spülmaschine funktioniert. Und ja, ich bin supergenervt, wenn Little L. gefühlt jeden Abend das Programm aus "Ich stelle mich taub und irgnoriere alle Ansagen, wenn es dann aber zeitlich eng wird und um die Wurscht aka Vorlesegeschichte geht, weiss ich auf einmal nicht mehr, ob der quietschorange Pulli in die Weiss- oder Buntwäsche kommt, dann finde ich meine Zahnbürste nicht und wenn alles nicht mehr hilft, habe ich so müde Beine, dass ich nicht mehr stehen kann" durchzieht, aber wenn ich dann solche Momente erlebe, wie vorgestern, wo ich, während die Jungs in der Badewanne waren, noch schnell eine Waschmaschine angeworfen habe und dann schon mit "Hallo, wirds langsam, jetzt wird aber mal Haare gewaschen" anfangen wollte, und die Jungs schon fertig abgetrockneteingecremtangezogen im Bett lagen und auf die Geschichte warteten oder mir am Abend irgendwann einfällt, dass Little Q. doch am nächsten Tag in der Schulbibliothek Sachen abgeben muss und er die schon lang eingepackt hat, dann ist das ein Ausblick darauf, dass es doch klappen könnte, mein Langzeitziel.

So, war vermutlich wirr, tl,dr wäre dann: Konsequenz rocks. Hoffensichtlich. (Das Wort habe ich letztens aus Versehen erfunden und mag es sehr) Und darauf habe ich mir jetzt ein Glas Weisswein verdient.

4 Kommentare:

Claudia hat gesagt…

Nach 12 Jahren Mantra aufsagen klappt das dann irgendwann ziemlich gut mit all den Dingen :-)

natalie hat gesagt…

"Hoffensichtlich" - wundervolle Wortschöpfung! :-)

Frau Brüllen, vielen Dank für den täglichen Einblick in Ihre Gedanken, Familie, Arbeit und das ganze Drumherum! Lese immer gerne hier. Musste mal gesagt werden.

Schönen Abend noch!
Natalie

PS: Falls Sie sich gerade wundern,hat´s vorhin wohl doch noch geklappt...
Habe vorhin schonmal kommentiert und ganz am Ende beim Abschicken ist mir die Internetverbindung abgeschmiert. Und da ich nun nicht sicher war, hab ich´s einfach nochmal geschrieben. Falls doppelt angekommen, einfach einen Kommentar löschen, bitte, danke!
Hachja, wenn man aaauuusnahmsweise mal unbedingt einen Kommentar hinterlassen möchte...hmpf. Technik, die begeistert...

Anonym hat gesagt…

Nur so, nicht anders. Langmut zahlt sich aus.Rocks, sozusagen!Besten Gruß, Sunni

Sigrid hat gesagt…

Wir sind da hier auch immer noch am Üben, üben, üben.