280925
Heute ist es soweit: der Tag ist mit relativ langweiligen Sachen dann doch mehr als gut gefüllt (Wäsche, Sport, Haarefärben (während der Einwirkphase wenigstens mit L. und meinen Schwestern telefonieren. Das war sehr schön!), mehr Wäsche, Hörmaterial auf den Knochenkopfhörer laden, Schwimmsachen, Radsachen und Arbeitskleider für morgen bereit legen, Zehennägel ab- und frisch lackieren, Abendessen planen, Ragewalk, und am Abend ins Kino (das wird hoffentlich nicht langweilig), deshalb erzähle ich Ihnen heute, was denn mein neuer Job seit vier Monaten ist.
Ich bin per Job Title "Product Technical Lead"
(Sidenote: vor etwa 10 Jahren wurde die Rolle des "Technical Product Lead" eingeführt und das war mein Karriereziel, das ich verfolgte und dafür verschiedene Stationen absolvierte, die mir neben DS (= Drug Substance = Wirkstoff)-Produktionserfahrung, die ich ja nun in all detail mitbringe, die nötigen Fähigkeiten und Erfahrungen für diese Rolle schaffen sollten. Ich bin in die globale Welt gewechselt, habe als in den von den TPLs geleiteten Teams als Drug Substance Technical Lead (= für die gesamte DS-Herstellung eines Medikaments auf technischer Seite verantwortlich) und dann Quality Product Lead (= für den End to end Quality Oversight eines Medikaments von Anfang = Wirkstoffherstellung bis Ende = Verpackung und dann auch mal Marktcomplaints zuständig) gearbeitet. Zwischendrin wurde die Rolle des TPLs zu "Product Strategy Lead" umbenannt / umfokussiert, bisschen weg von technischen Themen, mehr hin zu Forecast, Supply und Businessstrategie, immer noch Leiter des Teams aus DS / DP (Drug Product = Galenik) TLs, Regulatory, Supply, Quality und Finance. Für eins meiner Produkte habe ich diese PSL-Rolle als das berühmte Jöbli parallel zu der QPL-Rolle gemacht und das war richtig, richtig cool. Until it wasn't, weil mein Ziel ja nach wie vor die PSL-Rolle in echt und nicht nur als Jöbli war, und ich der (seinerzeit begründeten) Annahme war, dass freiwillige Extraarbeit in dieser Rolle ein Bonus für eine allfällige Bewerbung auf eine freiwerdende solche Stelle wäre (so habe ich das mit der QPL-Rolle gemacht und es ist, ob man das nun gut findet oder nicht, tatsächlich Usus bei uns. Nun ja. In der Organisation dort hat sich einiges verschoben, das Umfeld als solches wurde mir immer ferner von der Arbeitsweise und Zusammenarbeit her, aber ich fand die Rolle an sich halt immer noch super (und wusste tatsächlich auch nicht, was ich denn sonst als Ziel haben könnte, nur, dass ich der QPL-Rolle nun langsam entwachsen wäre, respektive mein Ausflug in die Quality Abteilung eh schon zu lang dauerte.). Während das Jöbli an sich immer spannender und toller wurde (man erinnere sich an das "Wir retten die Welt"-Projekt), bröckelte die Attraktivität der Rolle/Gruppe/Abteilung immer mehr, ich hatte das Gefühl, als ob sich ein Ziel in Reichweite vor meinen Augen auflösen würde. Dann wurde mir, ich weiss nicht, ob unabsichtlich oder absichtlich, ganz klar mitgeteilt, dass das Jöbli genau nur das wäre und definitiv niemals ein Bonus wäre für eine Bewerbung (duh, das hatte ich schon gemerkt) und als meine Enttäuschung immer grösser wurde, drang endlich auch der Hübsche, der mich seit Monaten nicht mehr verstand in der Hinsicht, zu mir durch: "Warum willst du unbedingt wohin, wo du jetzt schon weisst, dass das Klima nicht toll ist, to say the least, wo die Chefetage nicht ansatzweise so ist, wie du sie dir wünschst, wo man dir deutlich sagt, dass du für umsonst schon arbeiten kannst, aber halt nie richtig dazugehören wirst?" Und ich habe im Januar dem Jöbliboss in einer zwei DIN A4-Seiten langen Email dargelegt, warum ich das Jöbli asap, aber allerspätestens Ende Mai aufgebe. Ich habe da lang dran formuliert, weil ich einerseits zum Ausdruck bringen wollte, wie gern ich den Job gemacht habe (und wie gut) und wie menschlich enttäuscht ich von der gesamten Abteilung war, andererseits aber auch nicht als beleidigte Leberwurst, die es nicht hinbekommt, und Kritik nicht abkann dastehen wollte (deshalb habe ich das am Hochpunkt des Jöblis abgeschickt, als wir gerade das alleroberste Approval für ein Multimillionenprojekt bekommen hatten, das wir uns ganz selbstständig erarbeitet hatten und nicht nach einer der vielen harten Diskussionen). Und all das in einer Art und Weise geschrieben, wo ich vertragen kann, wenn diese Mail dann für mich unkontrollierbar weitergeleitet wird (oder aber auch: für mich zum weiterleiten, für den Fall, dass jemand mein "Hinwerfen" anders framen würde).
Joah. Und da stand ich dann, ohne Ziel, mit einem gecancelten Jöbli, mit einem Job, den ich schon längst wechseln wollte .... und es wurde April und es wurde angekündigt, dass es eine Umorganisation geben würde und in deren Rahmen die Rolle der QPLs ersatzlos gestrichen werden würde (ein Move, den ich bis heute nicht verstehe, aber gut, wir werden sehen, wie das so klappt oder auch nicht). Super, also kein Ziel UND kein Job.
Das Gute an der ganzen Sache aber war: im Rahmen der Umorganisation wurde die gesamte Teamstruktur umgekrempelt und es gibt nun zwei Product Lead Rollen für die kommerzielle Phase (weil immer alle denken: kommerziell hat mit Werbung oder Marketing zu tun: nein, das ist die Phase ab Launch, wo ein neuese Produkt zugelassen wird und eben kommerziell für Patienten erhältlich ist, im Gegensatz zur vorangehenden Developmentphase, wo ein Medikament entwickelt wird, d.h. klinische Studien laufen, die Verfahren für die Wirkstoff- und Medikamentenherstellung entwickelt werden und dann eben bei den Gesundheitsbehörden eingereicht werden), nämlich immer noch den "Product Strategy Lead" und neu den "Product Technical Lead" (nicht zu verwechseln mit dem "Technical Product Lead", die Vorgängerrolle zum "Product Strategy Lead". Alle noch wach?). Es gibt auch zwei Product Teams, einmal das Strategie-Team, einmal das Technical Team. Ich hatte das Riesenglück, eine dieser begehrten Product Technical Lead Stellen zu ergattern und bin seitdem im siebten Himmel. Es ist tatsächlich genau das, was ich wollte (der Teil, der ursprünglichen Rolle des TPLs, der mit Volumina und Forecasts und Inventory und SAP zu tun hatte, den fand ich eh nie so spannend). Ich bin jetzt für meine Produkte für ALLES technische zuständig, bin Mitglied des Technical Development Teams, das eben die Entwicklung bis zum Launch treibt, bringe dort die kommerzielle Sicht mit rein (wieder: nicht Werbung oder Preis, obwohl Kosten durchaus ein Faktor sind, sondern eher ein Auge darauf, dass man das nachhaltig (auch im Umweltsinn) in grösseren Volumina für Jahrzehnte ab Launch produzieren können muss, ohne Feuerwehrübungen oder Extrawürste. Die Development-Teams sind so auf den Launch fixiert, alles danach ist ihnen egal (ist auch ok, das ist ja ihr Job). Aber eben: was für eine Launch-Kampagne mit Hängen und Würgen funktioniert, wird einen in den folgenden Jahren zur Verzweiflung treiben. Wenn schon in den Launchkampagnen technische Probleme auftreten, kann man das da vllt noch durchwürgen, um den Zeitplan einzuhalten, aber man muss für die Zukunft einen Plan haben, wie man das verbessert und easypeasy produziert. DAS ist mein Job. Und dann ab Launch halt mit einem Team aus DS, DP, Device (das ist neu für mich, respektive fancy devices wie Autoinjektoren sind neu für mich, bisher kannte ich nur Sirup-Dispenser), Analytik (und ohne Quality, tja) für den langfristigen Plan, ein Produkt smooth durch den Lifecycle zu segeln (in der Realität: äusseren und inneren Einflüssen anpassen, alle Changes abgleichen, timen und umsetzen, Abweichungen bearbeiten, im Auge behalten, Massnahmen ergreifen, damit immer alles noch besser wird).
Und das mache ich jetzt (was ich, wie immer, unterschätzt habe, ist der menschliche Aspekt, weil die neue Struktur zwar von allen Abteilungen miterarbeitet wurde, das aber natürlich nicht heisst, dass alle mit an Bord sind und es gut finden, dass ihr Job jetzt ein anderer ist. Aber ok, irgendwas ist ja immer. Und ich kenne meine Pappenheimer ja mittlerweile (und habe eine gewisse Wurschtigkeit gegenüber Befindlichkeiten entwickelt)) und es ist genauso toll, wie ich dachte. Ich habe ein Produkt, das relatriv frisch gelauncht wurde, noch nicht global, aber doch schon in vielen Ländern, wir sind sozusagen in der ganz frühen Postlaunch-Phase, und zwei andere, die technisch superspannend sind, weil nicht klassischer small molecule-Wirkstoff, eher so mittelgross, UND dann eine parenterale DP-Formulierung,eine davon mit Autoinjector, das ist halt auch sehr spannend. Die zwei sind noch im Development, das wird ein spannendes Jahr 2026.
So. Das ist es also, was ich jetzt mache (und ich glaube, ich habe es nicht gut erklärt, weil genau das habe ich meinen Grabekollegen auf Nachfrage auch erklärt und das Interesse waren dann eher "Klinische Studien" oder auch "Wann nimmt man ein Medikament vom Markt?" Naja, immerhin zu letzterem konnte ich was erzählen aus meinem letzten Job).
Jetzt: Abendessen und dann Kino.
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