Dienstag, Mai 26, 2020

260520 Hamsterrad

Ein ganz normaler Arbeitstag war das heute:

6:30h mit Kaffee am Esstischschreibtisch, der Reihe nach die Kinder in die Schule und den Mann ins Untermdachoffice verabschieden, die Anfragen und Themen seit gestern abend bearbeiten, Zusammenarbeite zwische drei Kontinenten organisieren, dazu viel Kräutertee trinken und in Wollsocken, leichter Strickjacke und mit Schal tippen, weil es im Erdgeschoss sehr kühl ist, extra frösteln, wenn der Hübsche aus dem dann doch eher warmen Dachgeschoss in T-Shirt und Shorts auf einen Eiskaffee runterkommt (ich leiste ihm mit Espresso Gesellschaft).
Gemeinsames Mittagessenvorbereiten, das pünktlich zum Heimkommen von L. auf dem Tisch steht.
Diesmal lasse ich den Hübschen und L. allein abräumen und klar Schiff machen, ich habe nämlich eigentlich seit 12:30 ein Meeting, dem ich aus ein bisschen Erziehungsgründen nicht pünktlich beigetreten bin, nachdem meine Bitte um Verschiebung wegen "Familienmittagessen, nicht verschiebbar" nicht nachgekommen wurde, sondern halt 10 Minuten später. Naja. Dafür das dann auch früher verlassen, weil ein anderes parallel angesetzt war, danach wieder zurück. Im Homeoffice kostet mich das zwei Klicks, im echten Office hätte ich das eine oder andere Stockwerk auf und ab rennen müssen.
Nachmittags: L. hat Sportunterricht am Nachmittag, ich hoppe von Meeting zu Meeting, zwischendrin lege ich mit dem Hübschen eine kleine Workoutrunde ein (Butt und Thigh, war nix, also nicht anstrengend), er macht danach noch weiter, während ich noch zwei Meetings habe, eins als Teilnehmer, eins als Facilitator. Sansa passt letzteres ab, genau den Moment, in dem sich alle 30 Kollegen eingeloggt haben, um interessiert die Webcam abzuschnuppern. Genau der richtige Moment, um schnell an die Vortragende zu übergeben.

Vor dem Abendessen strample ich noch ein knappes Stündchen auf dem Crosstrainer, ich komm ja sonst irgendwie ohne physisches Meetinghopping nicht auf meine 12k Schritte pro Tag.

Abendessenkochen machen alle gemeinsam, L. und Q. erzählen von der Schule und fachsimpeln dann irgendwann über Zelda, L. freut sich sehr (und wir auch), dass alle Eltern seiner Geburtstagsgäste mit einer Nachholfeier übernächstes Wochenende einverstanden sind. Das hat doch mehr an ihm genagt, als ich dachte (wobei: mich hätte das als Kind auch verfolgt...) und das ist jetzt echt gut, dass wir das nachholen können.

Ich bin ... müde und erschöpft und habe das Gefühl, bei der Arbeit nicht voran zu kommen, wobei es vermutlich einfach daran liegt, dass es unglaublich viel ist und alle anderen auch unglaublich viel arbeiten, weil wir alle die Kurve nicht bekommen, einen klaren Cut zwischen Arbeit und Freizeit oder auch Urlaub zu ziehen, weil wir sind ja eh immer alle da, da kann ich doch auch schnell .... ans Telefon gehen, das Memo schreiben, das Dokument reviewen, die Präsentation korrigieren, den Vortrag halten, wir sitzen doch alle im gleichen Boot, warum sollte ich mich von einem Kollegen vertreten lassen, ich BIN DOCH DA. Und das ist genau die Falle, in der zumindest ich mich (und auch viele andere Kollegen) grad reinlaufen sehe. Durch die fehlenden Alternativen zu "DA SEIN" machen wir einfach keine Pausen und das ist langfristig halt schon nix. Ich kenne mich: da kann man noch so sehr sagen, man könne doch auch Urlaub daheim machen und "schau halt einfach nicht rein", es ist einfach nicht dasselbe. Schon MIT Wegfahren dauert es mindestens eine Woche, bis mir die Arbeitsvorgänge tatsächlich wurscht sind und ich nicht das Gefühl habe, intervenieren zu müssen (okay, oder man macht es so wie letztes Jahr und fährt um die halbe Welt auf eine Insel ohne Empfang und lebt im Wald und kayakt und sieht Wale und danach war es sogar mir wurscht, ob meine Vertretungen das alles hinkriegen).
Und interessanterweise mache ich am liebsten Ferienhausurlaub, d.h. mit nahezu all den Alltagspflichten, die es daheim auch gibt, aber da stresst mich das gar nicht, weil aussenrum alles anders ist. Die gleiche Zeit zu Hause mit "einfach nur nix" und chillen und Ferien daheim und "lass uns doch mal die Gegend erkunden" hat nur einen Bruchteil des Erholungseffekts. Getestet zB 2018, das war urlaubs- und erholungstechnisch echt nicht gut und das Jahresende dann echt hart (weswegen wir dann ja noch mal flugs eine Woche Malta im Herbst eingelegt haben).

Langer Rede, kurzer Sinn: ich bin immer noch überzeugt davon, dass es richtig war, Ligurien zu stornieren, aber die Hütte in den Bergen in Italien.... ich würde sagen, ich sehe die Chancen, dass wir dahin fahren, tatsächlich bei etwa 50:50.

Morgen kommt der Bundesratentscheid zum Thema "Veranstaltungen" etc, wo es auch um Aktivitäten wie eben das Sommerlager der Pfadis gehen wird. Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und sage: optimistischer als beim Elternrathock vor ein paar Wochen: 50:50, dass es stattfindet. (Für die Jungs würde ich mich wirklich freuen!)

Jetzt höre ich von oben noch Q. im Pfadi-Hock plappern und lachen, der Hübsche liest L. mit ruhiger Stimme vor, ganz oben läuft der Staubsauger, neben mir plätschert die Spülmaschine, die Geräusche, die den Zieleinlauf eines langen Tages markieren.
Nun denn, jetzt müde Beine (und Butt :-)) auf die Couch gehievt und geheimes Strickprojekt vor Netflix weitertreiben, morgen dreht sich das Rad weiter.

Gegessen:
Schwarzwälder Kirschtorte
aus Versehen eine ganze Wassermelone (relativ klein)
Salat mit gebackenem Camenbert und frischem Brot
Marillenknödel

Getragen:
Jeans, Wollsocken, T-Shirt, Strickjacke, später Sportsachen

Gelesen:
"Laufen"

Stressleveldurchschnitt gestern: 11
Selbstbeweihräucherung: nicht zickig auf Mails reagiert, die (jetzt habe ich es dreimal umformuliert, aber ich bin müde, deshalb schreibe ich jetzt, was ich eigentlich meine) echt rotzfrech sind, sondern stoisch sachlich geantwortet.