Freitag, Juli 19, 2019

130719-160719: Wie war das mit dem Kayaken?

So, wir sind nach einer Woche Kanada und fast einer Woche Vancouver Island auf dem Weg, noch nicht wirklich Richtung Berge, aber langsam, nämlich nach Quadra Island. Der Hübsche fährt uns auf dem North Island Highway nach Süden zur Fähre nach Campbell River durch die Berge und Wälder, die Kinder feiern Wiedersehen mit ihren Tablets und den runtergeladenen Netflix-Serien, und ich habe Surface-Book-Zeit zum Schreiben. Abends ist die relativ knapp, weil der Hübsche jeden Abend die Bilder des Tages dort direkt bearbeitet und ich so müde bin, dass ich nicht warten kann, bis er fertig ist und DANN schreiben und Bilder auswählen und hochladen, sondern mir am Handy einen abbreche (deswegen auch: sorry für die Typos und Autokorrekturspässle) und dann am Laptop ur noch die Bilder einfüge.
Also:
Ich muss daheim mal schauen, ob ich den Blogpost noch finde, der mich ursprünglich auf Kingfisher gebracht hat, auf jeden Fall ist er relativ schnell aufgepoppt, als ich mit Westkanada als Reiseziel fixiert und den Tipps meiner kleinen Schwester, die ja ein paar Jahre Kanadaerfahrung hat, nach Vancouver Island suchte.

Sie alle kennen mich ja mittlerweile ein bisschen:
Wildnis und Camping klingt jetzt nicht gerade nach meinem Signature-Urlaub (ich behaupte ja immer, eine gescheite Dusche und ein sauberes Klo, noch besser ganzes Bad, ein gescheites Bett und genug guten Kaffee zum Leben zu brauchen ), aber Wildnis und Natur hautnah ist so halt auch ein bisschen schwierig. Kingfisher bietet auf ihren Basecamptouren allerdings genau das (naja, soweit halt möglich): Man übernachtet in Zelten, die eigentlich eher Segeltuchhütten sind, auf echten Bettgestellen, die mit den weichsten und dicksten Thermoisomatten belegt sind, Schlafsäcke (incl Kissen und frischem Inliner) werden gestellt, es gibt eine überdachte Küche mit Essbereich, man wird von den Guides bekocht, es gibt eine Dusche (Safari Style) und Plumpsklos. (Für echte Abenteurer gibt es natürlich auch Touren, die nicht nur vom Basecamp aus starten, sondern richtig in die Wildnis gehen, aber für den Anfang war das mal absolut mehr als genug für uns!)

Als ich all das gelesen hatte, war ich schon total angefixt und erst einmal tief enttäuscht, als ich beim Buchungsversuch herausfand, dass es ein unverhandelbares Mindestalter von 15 (oder 16? Auf jeden Fall jenseits unserer beiden Jungs) gab. Gottseidank gibt es aber einen sehr hilfreichen FAQ-Bereich und einen unglaublich guten Chat-Support und so buchten wir das «Family Camp», das nur ein paar Kilometer die Küstenlinie rauf vom Erwachsenenbasecamp ist und eben sowohl von den Gästen, den Guides, den Touren und dem Essen etc. auf Familien mit Kindern zwischen 6 und 14 eingestellt ist.
Soweit so gut, wir haben also die Termine überprüft und den restlichen Trip drumrum geplant. Die Website und Vorbereitung via Mail ist unglaublich gut, es gibt ein Guest Manual, Packlisten, Videos, die erklären, warum man was mitnehmen muss, damit habe ich mich ungefähr einmal pro Woche seit Januar nach Hanson Island geträumt.

Dann ist es aber so, dass ich natürlich, wie Q. so schön sagt, «nicht erst gestern auf Abrahams Brennsuppn dahergschwommen bin», sondern weiss, dass die Wirklichkeit NIE so schön ist wie auf einem Werbevideo oder Foto. Entweder wurden die 1409876 anderen Gäste, die denselben Wal fotografieren, rausretouschiert, oder der Fotowinkel wurde so gewählt, dass man die 13 Kreuzfahrtschiffe am Anleger grad so nicht sieht, die Hotelbaustelle direkt neben dem Zelt wurde durch eine Waldfototapete verdeckt, irgendwie sowas. Deswegen war ich auch sehr froh, dass wir das Camp direkt am Anfang unseres Trips gelegt hatten, das gäbe uns noch zwei Wochen, um die potentielle Enttäuschung aufzuarbeiten.
Well. Ich hätte nicht falscher liegen können…..

Beim Briefing im Kingfisher Büro am Vorabend um sieben lernten wir unsere Mitkayaker kennen (das ist ja auch so ein Ding: ich bin absolut kein Fan von Urlaub mit anderen, weil… naja, vielleicht bin ich zu kompliziert oder alle anderen, oder ich bin im Urlaub noch viel weniger bereit, kompliziert bei anderen zu tolerieren, auf jeden Fall: ne, danke) lustigerweise eine Familie aus Berlin, mit einer achtjährigen Tochter und einem 13 Jahre alten Sohn, auch einer der Guides sprach deutsch, so dass es trotz mehr als solider Englischkenntnisse aller Kinder schon nochmal einfacher für sie war.
Wir bekamen unser «Spirit Animal» für den Trip zugelost (naja, eigentlich halt vor allem dafür, damit jeder seine Drybags, Schlafsäcke, Trinkflasche und Tasse erkennt, aber so als «Orca» fühlte ich mich halt schon ein bisschen wie der König des Camps), Packanleitung für die einzelnen Taschen und den Treffpunkt für den nächsten Morgen, nämlich viertel nach acht auf dem Hotelparkplatz.
Wir hatten Gottseidank schon alle Campsachen separat in zwei Koffer gepackt und im Hotel dann nach Personen sortiert auf dem Bett ausgebreitet, so dass wir recht schnell fertig umgepackt hatten.
Auto und Restgepäck durften im Black Bear Resort auf unsere Rückkehr warten.

Im nebligen Morgenlicht wurden wir also samt unseres Gepäcks (jeweils in «the greatest Swedish invention of all times» aka Ikea Taschen) mit einem Bus nach Telegraph Cove gebracht,

ein unglaublich niedliches Städtchen, das genauso aussieht, wie der Island-Teil des Europaparks (oder halt überhaupt Island / Norwegen /Schweden und anscheinend Kanada), nur halt ohne Achterbahnen und Musikgedudel.
Wir brachten alles Gepäck und die Vorräte (Wasserkanister, Essen, Gas, Schwimmwesten etc.) auf das Loading Dock fürs Wassertaxi, die Kinder bewunderten Krabben, Seesterne und Seeigel im kristallklaren, 8 Grad kalten Wasser, und dann kam auch schon der Rainbow Searcher, das Wassertaxi, das uns nach Hanson Island bringen würde.



Die Fahrt durch den Nebel, die «If anything happens to Joe or Finn, the radio is on 16, push that button, then the coast guard will pick us up”-Sicherheitsanweisung, und dann auf einmal: Shaker Rock, der Ort unseres Basecamps. Das Wassertaxi klemmte sich so ein bisschen am Stein fest, alles Gepäck wurde aufs Dach geladen und via Menschenkette den Felsen hoch gewuchtet. Eine durchaus sportliche Aktion, aber niemand und nichts ging verloren, niemand hat sich den Rücken verrenkt oder sonst irgendwas.

Tja. Und dann waren wir da. Und das Camp … sah genauso aus wie auf allen Fotos, vom Wasser aus sah man nur die Küchenhütte, die Zelte waren im Wald versteckt, es gab keine Hotelbaustelle, keine anderen Menschen, keine Kreuzfahrtschiffe (okay, ein oder zwei kamen später mal vorbei, aber nur auf dem Wasser), es war …. einfach perfekt!









Wir richteten uns in den Zelten ein (es gab nicht viel zum Einrichten, weil uns extrem ans Herz gelegt wurde, alles immer in den Drybags zu lassen da es sonst durch die Luftfeuchtigkeit klatschnass würde, also wurde der Schlafsack jeden Abend ausgepackt und morgens wieder ein, der Rest blieb drin), bekamen die Instruktion für die Toilettenhäuschen (wenn der Drybag mit Klopapier am Weg fehlt, ist besetzt, immer eine Tasse Sägespäne nachschütten, wenn der Eimer fast voll ist, Bescheid sagen) und die Dusche (Halbe Stunde vorher Bescheid sagen, dann wird Wasser heiss gemacht) und überhaupt fürs Camp (Im Camp allein rumlaufen ist ok, weiter nur zu zweit und Bescheid sagen) und schon gab es Kaffee und Lunch (Quinoa Salat, Hummus, Brot).










Frisch gestärkt waren wir dann bereit für unsere erste Kayaklektion (keiner von uns hatte Erfahrung, ich zB bin sehr schlecht im Bootlenken, beengte Räume und deshalb Ertrinken gehört zu meinen ganz schlimmen Panikszenarien, aber gut): Wir bekamen Paddel, Schwimmwesten, Spritzdecken, Klopapierbeutel und Kayaks (jeweils ein Elternteil und ein Kind in einem Doppel, die Guides Jess und Finn jeweils in einem Einzelkayak), eine Einweisung in «Wie packe ich mein Kayak, wie steige ich ein, was muss ich machen, was darf ich auf keinen Fall, wie paddle ich, wie lenke ich? Was mache ich, wenn ich umkippe?» (Der Hübsche war ja fest davon überzeugt, dass wir alle als erstes eine Eskimorolle lernen würden, aber, wer hätte das gedacht: nein. Bei 8 Grad Wassertemperatur und eben Seekayaks, nicht die kleinen Sportdinger, ist der Plan «Keep ‘em right side up, then everything is fine») und «Was mache ich, wenn ich einen Wal sehe? -->«See a blow, go slow!», und zack, ging es auch schon los.






Schon beim ersten Einsteigen war klar: ja, wie angekündigt, wurden wir nass bis zu den Schienbeinen, 8 Grad sind so kalt wie es klingt, ja, Wasserschuhe und Neoprensocken sind eine super Wal, genauso wie die langen Skiunterhosen unter den Outdoorhosen.
Aber einmal drin war es …. einfach perfekt! Das kristallklare Wasser wurde sehr schnell sehr tief und so glitten wir nach ein paar Minuten über dunkelblauem spiegelglatten Wasser dahin (das mit dem Manövrieren wurde über die Tage ein bisschen besser, aber richtig gut bin ich immer noch nicht. Q., mein Paddelbuddy, «lobte» mich: «Es ist nicht ganz so schlimm, wie bei Mario Cart,immerhin weisst Du beim Kayak, wo vorne ist.» Hmpf.
Wir paddelten die Küstenlinie hoch und es ging nur wenige Minuten, da sprangen Schweinswale an uns vorbei. Weisskopfseeadler glitten über uns hinweg und wir sagen einen Buckelwal in einer gewissen Entfernung pusten. Es gibt nur relativ wenige Fotos von direkt aus dem Kayak, weil natürlich das Handy (und auch des Hübschen Kamera) wasserdicht verpackt unter der Spritzdecke waren und jedes Rausholen schon ein bisschen aufregend war.
Nach ungefähr 5 km bogen wir zu einem Strand ab und gingen an Land. Pinkelpause hinter Treibholz (immer unterhalb der Flutlinie, damit alles weggeschwemmt wird, Klopapier wird mitgenommen, grosses Geschäft hätte vergraben werden müssen), Füsse ausschütteln, Müsliriegel für alle und Seehunde und WALE beim Vorbeiziehen beobachten.
Irgendwann stiegen wir wieder in die Kayaks und paddelten zurück zum Camp und holla, 10km Paddeln sind schon …. Sport. Bei den Guides ähnelte das Paddeln der Bogenführung eines Cellisten, bei uns eher dem Gestochere beim Kuchenteigrühren mit der Hand, aber hey: wir kamen voran.
Im Camp wurden die Kayaks ausgeräumt (jeder hatte immer eine Wasserflasche und einen Drybag mit einer vollen Wechselgarnitur dabei für den Fall, dass etwas nass wird, dazu eben die Kayakjacken an, Spritzschutz, Schwimmweste, Essensvorräte), ausgetrocknet und für die Nacht den Strand hochgetragen. Dafür braucht es schon 3 -4 Erwachsene pro Boot.


Tja, und während die Guides dann für uns Kaffee und Abendessen vorbereiteten, hatten wir nichts anderes zu tun, als in trockene, warme Klamotten (Skisocken waren eine sehr gute Entscheidung!) zu schlüpfen, Hände zu waschen, auf den Felsen vor der Küche in der Sonne zu lesen oder zu schwatzen oder aufs Wasser zu schauen (oder wie die Kinder in der Küche Karten zu spielen. Das war eh so lustig: die Kinder steckten zusammen, als würden sie sich schon ewig kennen. Pokemon, Minecraft und Harry Potter als gemeinsame Interessen scheinen zu verbinden. Keine Handies dabei ebenfalls, und so teilten unsere Jungs die Regeln des Kartenspiels «Arschloch», das sie bei den Pfadis gelernt haben. Wir Eltern sassen draussen auf den Felsen und hörten auf halbem Ohr die Erklärung und nach dem 25. Mal gegiggelten «Arschloch» aus der Küche hielten wir es nicht mehr aus und waren streng: «So läuft das nicht, ihr könnt nicht 4 Tage lang «Arschloch» schreien, da werden wir wahnsinnig.»
Die Kinder sahen das (ohne Witz) sofort ein und ihr Workaround war echt cool: sie benannten das Spiel in «Eschek» um, was laut ihrer Auskunft «Esel» auf türkisch heisst (bitte rauben Sie mir nicht die Illusion und sagen jetzt, dass das noch etwas viel schlimmeres als «Arschloch» heisst) und zack, haben sie vier Tage lang «Eschek» gespielt.

Das Abendessen (wie jedes einzelne Essen) war .. perfekt. Es gab eine Campingküche mit zwei oder drei Gasflammen, aber dank jahrelanger Erfahrung und Optimierung war in ungefähr einer halben Stunde ein Dreigängemenü fertig:
Bruschetta mit Balsamico und Kräutern, dazu warmer Brie mit Ahornsirup und Trauben
Bunter Salat
Babykartoffeln (mit Kelp) und Cedar planked wild salmon
Cheesecake (von der Frau des Kingfisher Chefs über einen Winter lang optimiert) mit Himbeeren im Glas
(Überhaupt: die Planung. Es war alles perfekt durchdacht, das erfüllte mein Optimiererherz den ganzen Trip)



Nach dem Essen erzählte uns Jess, die Biologin aus Australien, noch alles über Kelp (der allgemeine aaaaaaw-Moment: Seeotter fressen Seeigel fressen Kelp, deshalb jagen sie eben in Kelpwäldern. Damit die Otterbabies dabei nicht im Weg sind oder verloren gehen, werden sie von den Müttern an Kelp festgeknotet und nach der Jagd wieder abgeholt), dann hiess es zähneputzen (unterhalb der Flutlinie, spucken ins Wasser, und dann war auch schon Schlafenszeit.
Ich bin ja kein guter Ausserhausschläfer und ein noch schlechterer Imzeltschläfer, aber entweder waren es die 10km Kayaken oder das Meeresrauschen oder die blasenden Wale, ich habe geschlafen wie ein Baby…..

Tag 2:
Frühstück war für halb acht angekündigt, also machten wir uns um halb sieben an die Morgentoilette. Sogar für mich war es ok, das einzuschränken: wir hatten Feuchttücher dabei, einen Deokristall, Zahnpasta und Sonnencreme fürs Gesicht (ich ausserdem Wimperntusche und Concealer, aber ohne einen einzigen Spiegel im Camp und erschreckenden Pandaaugen auf dem ersten Morgenselfie liess ich das bald sein) und den Körper und das wars dann eigentlich auch schon.
Frühstück Campstyle:

Für den heutigen Tag war eigentlich ein Trip noch weiter als gestern geplant, das Archipel an kleinen Inselchen auskundschaften, aber….. kaum waren wir los, hörten wir Orka-typische Blasgeräusche im Nebel (ich hatte mich gar nicht auf Orkas hoffen getraut, weil wir dafür eigentlich ein wenig zu früh im Jahr dran waren) und so war alles darauf ausgerichtet, uns erstens im Nebel nicht zu verlieren, zweitens nicht den Orkas in den Weg zu fahren, drittens: im besten Fall die Orkas zu sehen.
Die Guides waren immer in Kontakt mit anderen Kayakguides der Umgebung, den lokalen MERS-Walforschern, und wussten so recht schnell, wo die Orcas waren.
Um einen guten und sicheren (für uns und die Orcas) Platz zum Beobachten zu haben, überquerten wir die ganze Strecke bis Vancouver Island, das sind ca 4km freies Wasser, was …. schon anstrengend ist, vor allem, weil man sich nicht mal einfach treiben lassen kann, sondern als Gruppe immer eng zusammen bleiben muss und das ganze möglichst zügig erledigen, damit man nicht in den Weg von Schiffen gerät oder irgendwie falsch abgetrieben wird.
Es klappte aber erstaunlich gut und auf der anderen Seite angekommen hiess es «raft up», das heisst, wir haben alle Kayaks parallel gestellt (Mario Kart lässt grüssen) und uns aneinander festgehalten und eine Art Floss gebildet, um sicherzugehen, dass wir zusammenbleiben, jeder einen sicheren Platz hat und keiner den Orkas in den Weg kommt. Einerseits schreiben die kanadischen Gesetze vor, dass man einen Abstand von 200m zu Meeressäugern halten muss (geht halt nur, wenn man weiss, wo die sind, während wir uns abgemüht haben, das Floss zu formen und währenddessen die Hälse verrenkt haben, um auf gar keinen Fall die Orcas zu verpassen, ist auf einmal eine Gruppe White sided Dolphins auf Armeslänge entfernt an uns vorbeigeflitzt… in eine für sie übrigens sehr ungünstige Richtung direkt auf die Orcas zu, die von der mammal eating sorte waren…. Die MERS-Leute haben danach erzählt, dass das fröhliche Delphingeschnatter ganz plötzlich verstummt ist, als sie bemerkten, mit wem sie es zutun haben), andererseits ist es vielleicht ein toller Anblick, wenn direkt neben einem ein Buckelwal oder Orca auftaucht, aber ein Kayak ist dann nicht der beste Platz.
Es war dann wie im Bilderbuch: eine wir sahen eine Gruppe ungefähr drei Orcas vorbeiziehen, der Hübsche schaffte sogar Bilder mit der grossen Kamera.










Ganz geflasht genossen wir dann direkt am Strand das Mittagessen, dass die Guides vorbereitet und eingepackt hatten (Pitabrot, Lachssalat, Gemüse, Guacamole, Cookies und immer Kafffee), um uns für die Rückfahrt (noch einmal die ganze Querung) zu stärken.











Zurück im Camp (Kayas aus- und aufräumen, trockene Sachen, Eschek-Spielen, mehr Kaffee) machten wir uns auf eine kleine Wanderung in den Wald zu einer «Mother Cedar». Die Guides erzählten uns viel zu der Geschichte der Holzwirtschaft auf der Insel (seit 1904 ist alles unberührt) und der Gegend. Hätten Sie gewusst, dass im zweiten Weltkrieg kanadische Kriegsflugzeuge aus Sitka Holz gemacht wurden?










Dann war ich bereit für das Abenteuer Dusche :-).
Es war viel besser als gedacht: ein Eimer kochendes und ein Eimer kaltes Wasser wurden im Duscheimer gemischt, ich hatte Shampoo/Seife dabei und war fix eingeschäumt. Die Brause liess nur so wenig Wasser durch, dass ich erst Bedenken hatte, ob der Schaum je wieder abgehen würde, aber es ging erstaunlich gut und reichte sogar noch für den Hübschen.


Ich war vorher schon überrascht, wie wenig mir das eben zwei Tage nicht duschen ausgemacht hatte, auch olfaktorisch, aber frisch geduscht war halt schon noch besser!
Abendessen:
Cracker mit Ziegenkäse und Trauben
Udonnudeln mit Gemüse und Hähnchen
Rhabarberapfelcrumble mit griechischem Joghurt





Bier und Buch auf den Felsen, Zähneputzen, Weckerstellen, Bett

Tag 3:
Nachdem wir ja sozusagen schon alles auf der Wildlifeliste abgehakt hatten, hatten die Guides für heute etwas spezielles vor: auf der Nachbarinsel war ein Grizzlie gesichtet worden und wir würden versuchen, ihn zu sehen. Dafür mussten wir erstens früh los, weil Gezeiten, Strömung, und noch wenig Boote, die ihn verschrecken würden, also sassen wir um halb neun bestens befrühstückt in den Kayaks und paddelten zum anderen Ende der Insel.





Dort kreuzten wir eine der grösseren Schiffahrtsrouten, ausserdem war wegen der Kombination aus Gezeitenwechsel und Strömung einiges los an Wasserbewegung, so dass wir genaue Anweisungen bekamen, was wie wohin zielen und dann: Gas geben und lospaddeln!
Unsere Gruppe war (vielleicht typisch deutsch?) sehr gut im Anweisungen befolgen, also landeten wir sicher auf der anderen Seite und paddelten gemütlich an der Küstenlinie entlang, immer leicht geschoben von der Strömung. Es war … unglaublich atemberaubend schön. Die Sonne schien, es war mucksmäuschenstill, Adler und Seehunde kreuzten unseren Weg, wir probierten alle Arten Seetang, die dort wuchsen und es fühlte sich an, wie durch eine Postkarte oder einen Werbefilm zu gleiten. Die Bärensichtung hat leider nicht geklappt, aber keiner war enttäuscht (wir hatten ja alle die Aussicht auf den Grizzlietrip im Anschluss, der in der Hinsicht mehr als erfolgreich war), weil es einfach so wunderwunderschön war.







Zur Mittagspause legten wir am «Chateau Baronet» an, das ist ein Haus auf einem Floss, das von den Besitzern allen Vorbeikommenden kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Man kann dort auch übernachten und duschen und kochen, wir nutzten die Toilette und die Picknicktische. Es war so sonnig, dass wir alle in kurzen Ärmeln und barfuss in der Sonne Wraps mit Hähnchensalat und Timtams assen und alles ansatzweise feuchte trockneten. Wegen Gezeiten/Strömung waren wir gezwungen (als ob das schlimm gewesen wäre), eine lange Mittagspause einzulegen, die einfach nur perfekt war.







Der Rückweg war dann erst sehr gemütlich, die Strömung ging nun in die andere Richtung und trug uns praktisch an der Küstenlinie entlang. Begleitet wurden wir von einer Seehundfamilie. Kurz vor der Überquerung stellte sich die Frage: direkt zurück oder eine Extrastunde Paddeln, dafür können wir einen Gezeitenkanal befahren, der höchst selten fahrbar ist, weil es genau die richtige Mischung aus eben Gezeiten und Strömung braucht. Die Kinder hätten zwar lieber Eschek in der Küche gespielt, aber die Erwachsenen hatten die Gewalt über die Ruder und so fuhren wir einen Extraschlenker durch einen …. magischen Zauberwald. Es war nicht ganz einfach, den extrem flachen, durchaus stark strömenden Kanal zu meistern, aber absolutely worth it!
Die Querung auf der anderen Seite dann war holladieWaldfee anstrengend und spannend, weil der Wind aufgefrischt hatte und die Strömung echt stark war, aber dank genauer Guide-Anleitung haben wir das auch geschafft.
Vor dem letzten Stück die Insel hoch zum Camp liessen wir uns noch durch einen Kanal zwischen einer vorgelagerten Insel treiben, entdeckten zwei Adlernester mit Küken, und machten uns dann auf den Weg zurück. Alles in allem waren das an dem Tag über 17 km Paddelstrecke, einen Teil über offenes Wasser mit Wellen und Gegenwind, das steckte dann doch in den Knochen und die letzen 20 Minuten waren echt, echt, echt anstrengend. Ich verstehe jetzt die Kinder, die gerne auch auf den letzten paar Metern einer Wanderung noch eine Pause einfordern, mir half der Snackriegelstop auf dem Wasser kurz vor fertig sehr!
Wieder zurück im Camp versorgten wir die Kayaks und alles Equipment so, dass es für die nächste Gruppe bereitsteht, ein paar mutige (ich nicht, aber der Hübsche und Q. unter anderem) nutzten den strahlenden Sonnenschein für ein Bad im Meer (mit anschliessender warmer Dusche).
Leider habe ich den Moment, wo direkt hinter ihnen ein Seehund neugierig aus dem Wasser guckte, nicht eingefangen.









Falls Sie sich fragen, was durchaus medienaffine Kinder in vier Tagen ohne Handytralala machen.

Zum Abendessen gab es diesmal
Nachos und Salsa
Burritos (Sour Cream, Paprikagemüse, Reis, Bohnen, Mangosalsa, Tomatensalsa, Salat, kein Fisch, weil wir keinen gefangen hatten)
Und als krönenden Abschluss Schokoladenfondue am Lagerfeuer, das die Kinder gebaut und angezündet hatten (mit genauen Auflagen, es muss nämlich am Schluss total abgebrannt sein, es darf kein angekokeltes Holz ins Meer geworfen werden. Der Campground wurde von Kingfisher von den First Nations gemietet und ein Teil des Vertrages ist «Leave no trace».




Wir machten eine mittelkurze Runde ums Feuer, in der wir unsere Erwartungen / Erlebnisse teilten und es war schön zu hören, dass wir eine Gruppe waren, mit der man das gut machen kann (normalerweise werden wohl die Crossings nach Vancouver Island und zu der Insel vom dritten Tag mit Familien nicht gemacht, aber uns wurde es zugetraut). Ein bisschen erschreckend fand ich, dass uns gedankt wurde, dass wir die Natur und die Tiere so gut geachtet hätten und eben nicht wie die Bekloppten auf die Orcas losgepaddelt wären, weil das für mich ja heisst, dass es andere Gruppen gibt, die genau das machen….
Interessant war, dass beide Familien mit denselben Gedanken auf die Insel kamen: Wir wollten unseren Kindern (und uns) die nahezu unberührte Natur und die Tiere hier zeigen, solange es sie noch gibt und sozusagen unterstreichen, für was wir kämpfen müssen. Dass es da natürlich eine Schere gibt, weil wir mit dem Langstreckenflug dorthin genau das tun, was man eigentlich vermeiden sollte, war uns allen wohl bewusst und beide Familien haben bei Atmosfair respektive myclimate.org «ausgeglichen». (Ja, es hat was von Ablasshandel, aber glauben Sie mir: es waren nicht nur zweiEurofuffzisch, die für einen «Ausgleich» nötig waren).








Eine letzte Nacht im Zelt, am nächsten Morgen Pancakes (mit Tieren drauf, Pancake Art is a thing!) zum Frühstück, zusammenpacken und schon kam das Wassertaxi mit der nächsten Gruppe an.
Wir tauschten unsere leeren Essenskissen gegen deren volle, unsere drybags mit verschwitzten, verräucherten Klamotten gegen deren saubere, und schipperten zurück nach Telegraph Cove.
Dort wurden wir von Andrew Jones, dem Kingfisher-Besitzer, und einem Cappuccino im Seahorse-Cafe erwartet.
Wir machten noch einen Rundgang durch das Dörfchen (all die Schilder, wo erzählt wurde, wer wann wo von einem Puma oder Bär angegriffen wurde, als letztes Sally, der legendäre Dorfhund vor einer Woche :-/, leider mit keinem guten Ausgang für Sally, liessen uns dann doch kurz stocken und wir haben jetzt Bärenglocken für unsere zukünftigen Wanderungen) und bekamen eine Führung durch das Walmuseum. Es war super, das alles NACH dem Camp zu sehen (Hätten Sie gewusst, dass die Schädel vom Grizzlie und Seelöwe nahezu identisch aussehen, nur dass der Seelöwe noch fester zubeissen kann?) und so noch besser einordnen zu können, welches Glück wir hatten, das erleben zu dürfen.
Nach Email-Austauschen und dem Versprechen, Bilder zu teilen und sich zu melden, wenn man mal bei irgendjemand in der Gegend wäre, wurden wir zurück nach PortMcNeill und unserer sauberen Wäsche gebracht.



Fazit: ja, wir hatten unglaubliches Glück mit dem Wetter (s. Grizzlie-Trip am Tag drauf…) und all den Tieren, die wir gesehen haben, aber auch unabhängig davon gehört das Camp ganz weit oben auf die Top Ten Liste der tollsten Erlebnisse, die ich jemals hatte. Wir alle können es nur von ganzem Herzen empfehlen, es war einfach atemberaubend. Falls Sie irgendwie die Chance haben sollten: machen, unbedingt! Wenn Sie unsicher sind, fragen Sie einfach per Chat oder Mail bei Kingfisher nach, sie antworten sehr schnell und kompetent (laut Guide gibt es keine dumme Fragen, obwohl: «Where can I buy totempole seeds?» sollte man nicht fragen. Am besten auch nicht: "What altitude are we at right now?" oder "When does the Orca show begin? Can you make them jump across the kayak?" Nicht dass wir das gemacht hätten).

Ach ja: nein, günstig ist das natürlich nicht, für uns war es das aber mehr als wert. Und weil man das ja immer dazusagen muss: alles selber gezahlt.