Freitag, Oktober 26, 2018

Bissl viel Abenteuer

Der Hübsche leidet und es tut mir in der Seele weh, ihn so zu sehen und ihm nicht helfen zu können. Das haben wir beide, glaube ich, unterschätzt, wie lange sich die Heilung und die Schmerzen nach der OP hinziehen würden. Es hätte zwar keine Alternative gegeben und vorher war es auch nicht toll, aber, puh, so langsam könnte es mal wieder besser werden.
Btw: ich schreibe mit Absicht nichts Genaueres darüber und zwar aus genau einem einzigen Grund: der Hübsche möchte das nicht. Und das respektiere ich und das werden Sie (und auch die Arbeitskollegen und Freunde des Hübschen und überhaupt alle)auch  akzeptieren müssen. Es ist nix Schlimmes im Sinn von potentiell lebensbedrohlich, Sie müssen sich also keine Sorgen um ihn machen. Gute Besserung dürfen Sie ihm aber natürlich schon wünschen und Mitleid mit ihm haben auch :-).


(Ich hätte ja nicht gedacht, dass man so was schreiben müsste, aber tja nun, so ist das Internet halt: ich bitte Sie auch, Ihre Diagnosen oder "Das sollte man mal überprüfen lassen, da denkt kaum einer dran", die Sie mit messerscharfem Verstand aus den dreieinhalb Zeilen, die ich bisher zu diesem Thema geschrieben habe, geschlussfolgert haben, für sich zu behalten. Auch wenn mal ein Nachbar Ihrer Grosstante auch "Nicht so fit" war und dann auf einmal Prostatakrebs oder Lupus hatte, ich möchte das gar nicht wissen. Ich möchte das auch nicht wissen, wenn Sie zB schon seit mehreren Jahrzenten auf "nicht so fit" forschen, Publikationen im Anhang, und auch amerikanische Wissenchaftler heuzutage einhellig der Meinung sind, dass "nicht so fit" ein nicht zu vernachlässigender Hinweis auf einen Gehirntumor ist.  Der Hübsche hat seine eigenen Ärzte, die haben alles unter Kontrolle, wir brauchen keine weiteren Meinungen. Es ist übrigens ihr gutes Recht, zu Tode beleidigt zu sein, wenn diese nur gut gemeinten Ratschläge nicht nur nicht mit Freude angenommen werden, sondern sogar etwas säuerlich beantwortet oder belächelt. Ich rolle dann mit den Augen, aber das mache ich ja oft.)


Einschub Ende, zu was lustigerem:
Jon benimmt sich draussen so ein bisschen wie ein Hund. Er bringt einem Stöckchen und wenn man die dann wirft, apportiert er sie. Er geht mit, wenn wir aus dem Haus gehen, das finde ich nur so mittel. Q. hat heute mittag auf dem Weg zur Schule gemeint: "Gell, in den Bus darf er nicht mit, oder?" und nein, darf er nicht und meine grösste Angst (aber schon ein bisschen) ist nicht, dass er mit dem Bus zur Schule oder woanders hin hinfährt, sondern dass er halt dann nicht mehr heimfindet oder in Bereiche kommt, die nicht mehr ganz so cool für kleine Katzen sind (Strassen, Landstrasse, Autobahn, Pharmaproduktion, Bahngleise). Als der Hübsche und ich heute zu einem kleinen Spaziergang aufgebrochen sind, ist er auch erst mitgekommen, der Hübsche hat ihn dann wieder in den Garten zurückgesetzt, er ist wieder mitgekommen, dann kamen uns drei Hunde entgegen und er hat sich getrollt und war nicht mehr zu sehen.
Auf dem Rückweg dann, immer noch einen guten km von daheim weg, jenseits eines grossen Parkplatzes und einer grossen Strasse sah ich auf einmal ... Jonny. Respektive eine noch nicht ausgewachsene kohlrabenschwarze Katze mit einem schwarzen Reflektorhalsband. In meinem Kopf ratterte es los: "Oh Gott, er ist uns doch hinterher, irgendwie hat er es über die Strasse geschafft, er hat keine Ahnung, wo er ist, wir dürfen ihn nicht scheuchen, er darf uns nicht auskommen und schon gar nicht auf die grosse Strasse, scheissescheissescheisse." Und so lagen wir also beide bäuchlings vor dem Auto, unter dem er sich versteckt hatte, lockten ihn (er hört eigentlich sehr gut auf seinen Namen), raschelten und er kam nicht, was ja nur heissen konnte, dass er total verstört war. Irgendwann flitzte er zwischen uns durch, raste über den Spielplatz ins Gebüsch zwischen den Hochhäusern. Wir teilten uns also auf: der Hübsche blieb vor Ort, die Katze im Auge zu behalten und im besten Fall einzufangen, ich rannte nach Hause, das Allheilmittel "Dreamie-Tüte" zu holen, da fahren beide Katzen total drauf ab. Ich hatte einen genauen Plan: mit dem Rad zurück, Jonny mit der Dreamietüte anlocken, mit meiner dicken Kapuzenjacke einfangen und einwickeln (ich habe ja schlimme Geschichten gehört, wie vermeintlich zahme Katzen in Panik durchdrehen und einen zerkratzen und zerbeissen) und als eingewickeltes Paket mit einer Hand im Nackengriff nach Hause transportieren. Ich bin also mit der raschelnden Dreamietüte durchs Haus auf die Terrasse gestürmt, um mir dort schnell Q.s Fahrrad für den Rückweg zu schnappen.... da kam einerseits (ohne Halsband, mal wieder) mit eiem Affenzahn aus dem Nachbarsgarten der echte Jonny angespurtet, weil er die Tüte gehört hatte, und andererseits eine WA-Nachricht des Hübschen: "Ich glaub, das ist er doch nicht"
Sorry, kleine schwarze Katze mit dem gleichen Halsband, wir wollten dich nicht so erschrecken! Aber du warst echt zu nah an der Strasse! (ich bin echt froh, dass es zu der Nummer mit "Wegtragen eingewickelt in die Jacke" nicht mehr kam, wir wären voll die Katzenentführer gewesen!)


Die anderen Abenteuer erlebte heute Q., dessen Bus erst morgens wegen auslaufender Kühlflüssigkeit mitten auf der Strecke liegenblieb, aber das wurde alles gut geregelt und sie direkt vom nächsten mitgenommen. Mittags allerdings kam er mit glasigen Augen zur Tür rein und meinte als allererstes: "Ich hab das Handy im Bus liegenlassen"¨.
Puh. Kaum haben wir in einem wochenlangen Prozess das U-Abo endlich auf die App übertragen, nach nur 2 Monaten Handybesitz war das Ding also weg. Das waren die ersten Antworten, die er von mir bekam, während ich die Telefonnummer des Fundbüros der Busgesellschaft googelte. Q. hat da aber sehr gut reagiert, er meinte: "Ja, das war wirklich doof, das auf den Sitz zu legen und nicht mitzunehmen, aber es ist an und wir teilen den Standort und damit sollten wir es doch finden ohne das Fundamt."
Und so liess ich die drei Jungs mit dem dampfenden Mittagessen auf dem Tisch allein, sprang ins Auto und  sah, dass der Bus aktuell noch am Bahnhof unten bei uns im Ort stand. Ich düste runter und hatte mich innerlich schon auf eine Verfolgungsjagd durch mehrere Kantone eingestellt, aber so dramatisch wurde das dann gar nicht, weil der Bus dort Endstation hat und erst 20 Minuten später wieder in die andere Richtung zurückfährt. Der Busfahrer sah mich etwas irritiert an, als ich angerannt kam und keuchte: "Tschuldigung, mein Sohn, Handy, vergessen, erster Wagenteil, erhöhte Sitze, direkt bei der Tür,", dort zwischen die Polster langte, das Handy rauszog und wieder nach Hause abdampfte.
Um mit Maurice Sendak zu sprechen: "Dort stand das Essen. Und es war noch warm."


Ein bisschen viel Aufregung für einen Freitag, und ich bin jetzt echt reif furs Wochenende.


Stressleveldurchschnitt gestern: 46
Selbstbeweihräucherung: nach kurzem Auszucken es geschafft, Q. zuzuhören und seinen grossartigen Lösungsvorschlag umzusetzen.