Dienstag, September 15, 2009

What a weekend

So ein verlängertes Hochzeitswochenende mit zwei Kindern, ja, das hat was. Blogcontent auf alle Fälle (hab ich dem Hübschen auch gesagt, als er sich tierisch geärgert hat, als wir erst in der falschen Kirche waren: "Reg dich doch nicht drüber auf, kann man wenigstens was drüber schreiben.)


Die Hinfahrt:
wir waren noch nicht aus der Tiefgarage, da mussten schon die ersten Wall-e-Sticker ins frisch gekaufte Stickerbuch. Wir waren noch nicht auf der Autobahn, da musste schon die erste Kassette ins Fach und wir waren noch nicht an der ersten Ausfahrt vorbei, da hiess es schon: "Wannsimmandaaaaaaa?" Ansonsten: auch Freitags gerne "Stau zwischen WangenWest und Leutkirch". Immerhin hatten wir diesmal keine Katze dabei. Hörspieltechnisch hat sich bei Little Q. und uns der gleiche Favorit herauskristallisiert, bei uns zum am liebsten aus dem Fenster werfen, bei Little Q. zum Mitsingen: "Globi im Europapark". Das schlimmste Machwerk aller Zeiten. Ansonsten war die Hinfahrt bis auf den am Kilometer 420 einsetzenden Platzregen relativ ereignislos. (Wetter blieb übrigens so mittel. Aber für das Kind hat man ja imme Regenklamotten dabei)


Bayern
Als allererstes ist mir der bayerische Charme ja praktisch in Form der Rezeptionsfrau ins Gesicht gesprungen. Der zweite Satz nach "Wollen Sie wirklich in ihre Zimmer? Die anderen sind nämlich schon weg zum Essen" war nämlich: "Und hier haben wir schon für morgen dekoriert, da darfst du (mit gestrengem Blick auf Little Q., der mucksmäuschenstill und superbrav hinterherdackelte) nichts kaputt machen, sonst werden wir alle ganz böse." Ooooooookay..... Das Ganze wiederholte sich dann, als wir nach einem Raum fragte, wo wir die Heliumballons vorbereiten könnten. "Das ist aber kein Kinderspielplatz, da darf ER nichts kaputtmachen." (Naja, ausser den Riesenschachfiguren für draussen und Tischen/Stühlen war eh nichts da) Genau da hat es mir dann eigentlich gereicht, weil Little Q. sich tatsächlich das ganze Wochenende astrein benommen hat und nicht mal einen Schwapp Apfelschorle verschüttet hat o.ä. ...


Ansonsten auffällig: alle 2 km kommt ein neues kleines Dorf. Alle gehören zur selben Gemeinde und alle haben eine Kirche mit Zwiebelturm. Da kann man sich schon mal vertun und bei der falschen landen. Dank perfektem Zeitmanagement schafft man es dann aber doch rechtzeitig.


Am allerbesten aber fand ich die Bezeichnung "Esbresserl", mit dem mir zu später Stunde eine Dosis Koffein serviert wurde.



Die Kirche
Wenn man mit einem Kind (also zweien, aber Little L. war alles recht egal), das nüchterne, schlichte evangelische Kirchen gewohnt ist, in eine katholische bayerische Barockkirche kommt, ist Ärger vorprogrammiert. Ich hatte Little Q. ja nur mit "In Kirchen darf man prinzipiell keine Waffen tragen" dazu bewegen können, sein McD-Wickie-Schwert im Hotel zu lassen. Wir nehmen also, ein wenig gehetzt, s. Punkt "Bayern", in einer der hinteren Reihen Platz, Little Q. lehnt sich zurück blickt an die üppig bemalte Decke und meint als erstes: "Mami, warum haut der Mann da oben dem anderen die Lanze ins Gesicht?" (keine Ahnung, welcher Heilige da gefoltert wurde). Beim Blick nach vorne entdeckt er direkt am Altar: "Mami, warum haben die Menschen da vorne Flügel? Und Kronen? Und SCHWERTER? Ich dachte, man darf in Kirchen keine Waffen haben?" (Erster Kontakt zu Erzengeln, nehme ich an.)

In der Zwischenzeit war das Brautpaar ("Ahhh, hallo Toni! Haaaaaallo") schon eingezogen, wir hatten das eine oder andere Lied geschmettert, beide Lesungen überhört, weil ich ja flüsternd am Erklären war, dass Little Q. doch bitte einfach leise sein solle und die Engel da vorne halt noch aus alter Zeit wären und da hätten alle Leute Schwerter gehabt, aber heute halt nicht mehr.)

Little Q. s ganz grosser Moment kam allerdings, als er, während vorne Ringe getauscht wurden, nehme ich mal an, entdeckte, dass "an der ganzen Wand Bilder hängen." Jaaaa, genau, der Kreuzweg. Und ich sage Ihnen, mit Kindern gibt es in katholischen Kirchen mit Kreuzwegbildern bessere und schlechtere Plätze. Der allerschlechteste Platz ist der zwischen "Station XI: Jesus wird ans Kreuz genagelt" und "Station XII: Jesus wird erhöht und stirbt am Kreuz." Raten Sie mal, wo wir sassen. Genau.

Also, der Blick unseres grossen Sohnes schwenkte also von der Decke (Lanze) über den Altar (Schwerter) zur Seite: Kreuzigung. "Mami, warum hat der Mann da so fest aua?" Meine geflüsterten Erklärungen fruchteten scheints, denn als ein ruhiger Moment (Vorbereitung der Kommunion, nehme ich an, ich habe von dem Gottesdienst nicht besonders viel mitbekommen) einkehrte, sah Little Q. seinen Moment gekommen. Er wandte sich an einen Studienkollegen, der auch erst in der falschen Kirche war und deshalb mit uns hinten sass und fing laut und deutlich an: "Da, schau mal, da an der Wand sind ganz gruslige Bilder. Da, der arme Mann, der hat ganz fest Aua. Hoooly moooly, der blutet sogar an der Stirn. Die anderen Männer da sind superböse. Der eine schaut da sogar ganz grimmig. Die sind sooooooo böse und machen dem fest weh. Der da will ihn mit der Lanze töten und da hinten ist ein kleiner Ritterbub (das hat er sich so zurecht gelegt), der haut ihn auch ganz fest. Gell, eigentlch darf man nicht hauen und schon gar nicht, dass es blutet. Und Töten darf man auch nicht. Der Dschuljen, der ist auch so ein Tötefan, aber das ist nicht erlaubt. Und schau, da auf dem nächsten Bild, da haben die den armen Mann an einem Kreuz befestigt und der blutet immer noch. Sooooo schlimm...."

Zu diesem Zeitpunkt war für die hintere Hälfte der Kirche die Kommunion Nebensache und wir hatten einen Haufen Zuhörer. Ich hatte zwar einen roten Kopf und versuchte Little Q. zum Schweigen zu bringen, aber was solls: die Bilder SIND fürchterlich. (Das Ganze beschäftigt ihn übrigens immer noch. Wir sind mittlerweile schon bei der Auferstehung und dass deswegen das alles doch nicht ganz so superschlimm war.)

Belohung für (halbwegs) gutes Benehmen in der Kirche war übrigens: sofort, wenn alle raus sind, ein Piratentuch auf den Kopf. (Und dann fröhliches Grabschänden)


Die Party
Diese Hochzeit war für uns die erste, wo wir ein Zimmer vor Ort hatten. Little L., der übrigens trotz extrem jungstypischer Kleidung von der Mehrzahl der Gäste für ein "Ohhhh, so lange Wimpern" Mädchen gehalten wurde, knickte nach dem Salat ein. Er wünschte seine Abendmilch und zwar nicht im Festsaal, auch nicht davor in einem ruhigen Eckchen, nein, wie immer im Bett. Ich stillte ihn also in den Schlaf, packte ihn in das Reisebett, und kehrte rechtzeitig zur Suppe in den Saal zurück.

Die Familien mit Kindern waren im Seitenflügel untergebracht, weit weg von Lärm und Trubel. An sich nett, v.a. für die Eltern, deren Kinder durchschlafen. Für uns: nicht so. Die Reichweite unseres Babyfons endete nämlich am vordersten Tisch. Wir legten also das Schicksal unseres schlafenden Sohnes in die Hände der Leute dort. Ich bin den Abend über insgesamt siebenmal die (doch nicht unbeträchtliche) Strecke vom Festsaal zu unserem Zimmer gespurtet. Das jahrelange Turniertanzen hat sich also gelohnt: ich kann auf 7cm-Absätzen genauso schnell rennen wie in Turnschuhen.

Ach ja. Ich war bei weitem die panischste Babyfon-Besitzerin, die das Ding nie aus den Augen liess. Aber zu Recht: einer der Babyfon-Bewacher meinte, mir einen Vortrag halten zu müssen:" Jetzt entspann doch mal, die Kinder schlafen. Ich kenne das, die hatten heute so viel Action, von denen hörst du frühestens morgen um neun wieder was." "Aber, meine, also die...." "Nein, glaubs mir, jetzt trink mal was, entspann dich, das Ding kannst du eigentlich auch abstellen, da kommt nix." "Aber, also, ich stille noch, deswegen danke, aber keinen Willi für mich und ha, jetzt brüllt er. Ich sags doch!"

Nachdem Little Q. bei unserer "Einlage", nämlich dem Ballonsteigenlassen mit Wunderkerzen unbedingt dabei sein wollte, fand es noch vor dem Dessert statt. Klar, dass Little Q. weder einen metallicweissen noch einen roten Herzballon wollte, oder? (Cpt. Sharky ist sogar auf dem Foto vom Steigenlassen drauf. Man muss nur drauf klicken und genau hinsehen. Rechts!)



Überhaupt, ich war beeindruckt: Little Q. beschäftigte sich brav mit seinen Malbüchern und gegen 10 habe ich ihn dann ins Bett gebracht. Er ist sogar wach in dem fremden Bett liegengeblieben und eingeschlafen.


Tja, und dann war nach dem "Esbresserl" eigentlich alles bereit für die rauschende Party. Tja. Eigentlich. Uneigentlich taten mir die Füsse von einem Tag in hohen Absätzen den Kindern Hinterherspringen ziemlich weh und müde, ja müde war ich auch. Sehr sogar. Trotzdem, es war wunderbar, mal wieder mit dem Hübschen und alten Studienkollegen zu feiern. Zwar nur mit Rhabarberschorle statt Weinbierwilli, aber immerhin.

Wenn man sich die Geschichten so anhört, dann haben wir es gar nicht so schlecht getroffen: das Erstaunen war gross, als wir beide "hej, so richtig mit Nachwuchs und so" aufkreuzten. Viele sind immer noch oder schon wieder Singles, langjährige Beziehungen gehen den Bach runter und die "Integration", die wir gerade mitmachen, die hat auch schon der eine oder andere hinter sich.

Ich hatte mir ja eigentlich das Ziel gesetzt, die Ü70 und U10-Fraktion mit meiner Schlafensgehenzeit zu schlagen, aber gegen Mitternacht beschloss ich dann, dass das hartnäckige letzte Kind ("Ich darf heute aufbleiben, bis ich umfalle") vermutlich vorgestern 10 geworden ist und die "Onkelansgartantetrudiomahilde"-Fraktion am Tisch ganz vorne vermutlich wegen diverser Gebrechen gar kein Zimmer hier hatte, sondern bis zum Frühstück direkt im Saal ausharren würde. Somit verabschiedete ich mich also kurz nach Mitternacht, als Little L. wieder einmal kundtat, dass das Reisebett ein fremdes und überhaupt alles nicht so super sei.

Der Hübsche hielt dann doch noch bedeutend länger durch. Ist er auch nicht mehr gewohnt, so dass ich dann den grössten Teil der Heimfahrt übernehmen durfte.



Bloggertreffen
Lange schon wollen Bianka und ich uns mal treffen. Was liegt näher, als sich in Schliersee (was ein Traumort...) zu verabreden ;-), 450 km von der einen, 560 km von der anderen entfernt.

Und was soll ich sagen: schön wars! Auch wenn sich dieses nette Touristenörtchen schon allein wettertechnisch nicht von der besten Seite zeigte, die Jungs (gross wie klein) verstanden sich und Bianka ist genauso, wie ich mir das dachte. Ich denke, das wiederholen wir. Vielleicht nicht in dem Ort mit dem grusligsten Cafe, aber ich würde gerne weiter ratschen. (Ich hatte ja eigentlich noch eine Riesenstange Toblerone dabei, aber die war irgendwo ganz unten im Auto und ist erst beim Auspacken wieder aufgetaucht. Mal sehen, wie lange sie hält ;-)


Die Heimfahrt
Der Irschenberg. Schön. V.a. wenn er mit 12km Stau im Radio erwähnt wird. Wir haben also eine Alternativroute ausbaldowert, die nur wenig länger dauerte. Erstaunlicherweise gab es auf der A96 keinen Stau, dafür dann wieder in Zürich, egal, jetzt sind wir ja wieder daheim.



PS: Irgendjemand aus dem vermutlich familären Umfeld der Braut-/Bräutigamfamilie scheine ich zu ähneln. Ich wurde nämlich am Sonntag morgen von einem Teil der Ü70, wenn nicht gar Ü80-Fraktion so herzlich verabschiedet, dass ich vermute, sie haben mir mit einem lang vermissten Familienmitglied verwechselt.

4 Kommentare:

Claudias rosige Zeiten hat gesagt…

Herzlichen Dank, für die wunderbare Unterhaltung!
Inmitten von Mittagessensresten(Kartoffeln, Rosenkohl und Bratwurscht) habe ich mich klasse amüsiert....
Ja, da verbietet man seinen Kindern jeglche Art von Gewalt, und dann sitzt man in der kath. Kirche mit dem Kreuzweg vor Augen....so hast du nun einen kleinen Teil der relig. Erziehung schon hinter dir....
LG vo äähne vom Rhii, Claudi

Anonym hat gesagt…

Ich danke auch, es liest sich toll, vor allem der teil in der kirche wo littel sein wissen weiter gibt.
im großen und ganzen kenn ich es übrigends auch so das meine kinder bei festen sich sehr gut benehmen können und ich bin jedesmal stolz auf sie ;)

lg
fio

stadtfrau hat gesagt…

oh ja, katholische kirchen bzw. auch katholische messen können mitunter etwas befremdlich auf außenstehende wirken ;)
aber wenn man in einem dorf aufwächst, in dessen kleiner kirche das riesige altarbild den hl sebastian blutend von pfeilen durchbohrt zeigt, wird man abgehärtet - mir fallen kirchliche gewaltdarstellungen tatsächlich kaum besonders auf.

Bianka hat gesagt…

Hallo,

auch uns hat es riesig Spaß gemacht, Euch mal "in echt" zu erleben. Freu' mich schon aufs nächste Mal :D.

LG
Bianka