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Samstag, März 14, 2020

140320: mit ohne Schulpflicht, Tag 1

So.
Nachtrag zu gestern: ich habe jetzt gelernt, dass das Schweizer Fernsehen die Pressekonferenzen des Bundesrats direkt simultanübersetzt UND man das auf ihrer Homepage grad streamen kann. Danke für den Hinweis! (Man könnte meinen, wir sind gestern erst immigriert.)


Eigentlich war es ein Samstag wie immer: viertel nach sieben ausgeschlafen, Kaffee im Bett, Internet lesen, endlich das Buch fertig, aufräumen, Betten frisch beziehen, Wäsche waschen, Crosstrainerstrampeln, staubsaugen, gemeinsam Serie gucken, bei Supersmash-Bros mich anstellen wie der erste Mensch (OK, Boomer).


Es war aber auch: lange Telefonate, viele Mails, lange Whats-App-Abstimmungen, immerhin sind am Ende die Sorgen um die, die zu weit weg sind, für direkte Hilfe, ein bisschen eingedämmt.


Im Laufe des Tages kamen die neuen StandortGuidelines von der Arbeit (ich werde mit meinem Chef am Montag die Details klären, ich bin der Meinung, dass ich nicht zu denjenigen gehöre, die ihren Job nur vor Ort machen können), es kam die Info zur Lage an L.s Schule (Notbetreuung für die sonst Unterrichtszeiten der Kinder, deren Eltern in den entsprechenden systemkritischen Berufen arbeiten und die die Kinder nicht daheim betreuen können, Extraverweis auf "KEINE BETREUUNG DURCH GROSSELTERN!", Klassenhomepage mit Arbeitsmaterial), es ist schon .... spannend.
Die Schweizer Armee setzt die Rekrutierungen aus und Sanitätskräfte werden zur Unterstützung der aktuell am stärksten betroffenen Spitäler eingesetzt, das Tessin schliesst alle Geschäfte ausser Apotheken und Lebensmittelläden. Parallel sieht man in den Nachrichten die Zürcher Partymeile gestern abend brummen wie jedes Wochenende, einige Innerschweizer Skigebiete hatten auch noch auf (spannend, wie man an sich sehr deutliche Aussagen doch uminterpretieren kann, wenn man möchte).


Social Media ist dann nochmal eine ganz andere Baustelle.
Es gibt erstaunlich viele Themenkomplexe (auf jeden Fall in meiner Timeline):


1. Die ganz krassen Aluhüte (ok, nicht in meiner Timeline, die kriege ich über Umwege auf Insta.). Es gibt ernsthaft Menschen, die ernsthaft glauben, dass Corona erfunden wurde, um darüber hinwegzutäuschen, dass von Wubei aus 5G verbreitet wird. Ausserdem werden damit (weiss nicht, ob 5G auch dazugehört) die demokratischen Grundrechte ausgehebelt, damit legitime Demonstrationen wie zB der Gelbwesten nicht mehr stattfinden können. Solchen Menschen gönne ich es dann halt schon sehr, wenn sie irgendwann rosenquarz-clutching in einem Land mit nicht unserem Gesundheitsstandard festsitzen, wenn keiner mehr fliegt und alle quarantäniert werden.
Es gibt auch noch eine zweite Gruppe Verschwörungstheoretiker, die aber in die andere Richtung ausschlagen und munter Fakenews (als Sprachnachrichten, was ist los mit den Leuten?!) teilen, sei es über "Insiderinfos aus Regierungskreisen" oder aber "Insiderinfos aus Forscherkreisen" und meine Güte, das ist ganz schön schräg, aber meines Erachtens gefährlicher als die Rosenquarzhippies, die ja ganz offensichtlich nicht ganz knusper sind, weil das halt auf die persönliche Art ganz schnell eine fiese Dynamik bekommt und echt Panik schürt.


2. Die jungen, gesunden, die sagen: "Meine Freiheit ist mir wichtiger, für mich ist es nur ein Husten, natürlich gehe ich noch essen/feiern/partymachen/in die Notfallambulanz, weil zackizacki, ich will einen Test!". Die sollten sich schämen und mal ganz kurz überlegen, ob sie wirklich niemand kennen, der in einer Risikogruppe ist, wenn sie schon nicht abstrahieren können. (Es gibt auch die Alten, die sagen "Mir kann das Virus nix, ich bin damals im Winter barfuss zur Schule und auf einem Wolf nach Hause geritten" oder aber "Naja, dann sterb ich halt", aber gsd nicht in meinem direkten Umfeld)


3. Die, die ja theoretisch alles schon verstehen, und social distancing schön und gut, aber auf den Spielplatz/ins Fitnessstudio/in den Indoorspielplatz/auf den Kindergeburtstag/zum Babypinkeln/IN DEN SKIURLAUB wird man selber ja wohl schon noch gehen können, weil was soll die Panik, mir geht es doch gut, und ausserdem ist das echt schon lang gezahlt? Nein, meine Lieben, das könnt ihr nicht, damit tragt ihr auch dazu bei, dass sich die Fallzahlen weiter so rasant vermehren. Und mal ehrlich, bloss weil es noch erlaubt ist, und nur empfohlen ist, sich anderen nicht mehr näher als 2m zu nähern, mus ich das doch nicht machen? Ganz rational gedacht: je mehr sich an die jetzt geltenden Regeln und Empfehlungen freiwillig und vernünftig halten, desto länger ist es nicht nötig, so drastische Massnahmen wie in Italien oder Spanien einzuführen. Und ganz ehrlich, ich zB gehe noch ganz gern raus an die frische Luft, mit Abstand zu anderen, ohne einen Passierschein für einmal ohne Umweg einkaufen gehen mittragen zu müssen.


4. Achtung, Hypothese: die, die lautstark bis vorgestern Schulschliessungen gefordert haben, und die, die jetzt "Aber doch nicht so!" mindestens ebenso lautstark krähen, haben eine recht grosse Schnittmenge. Ja, das wird alles kein Zuckerschlecken, ja, es ist nicht perfekt, ja, es wird knirschen im Gebälk, ja, man hätte schon lang in eine gescheite Digitalisierung investieren könnensollenmüssen (das bezieht sich jetzt auf das, was ich aus Deutschland höre, hier bei uns ist das erstaunlich undramatisch und wir werden sehen, wie das ab Montag alles funktioniert), aber mal ganz ehrlich: es ist jetzt halt der falsche Moment für "Ich habs schon immer gesagt". Wenn ein Haus brennt, dann stellt man sich auch nicht wahlweise mit verschränkten Armen davor und sagt "Ich hab gleich gesagt, dass die marode Elektrik und die entflammbare Dämmung irgendwann mal eine Katastrophe geben" oder rennt mit über den Kopf zusammengeschlagenen Händen panisch "Oh Gott, Oh Gott, wir werden alle sterben"-schreiend im Kreis. Man packt an, hilft löschen, leistet seinen Teil, das ist anstrengend, ja, und man kann auch mal denken, dass man das hätte besser lösen können und es vielleicht gar nicht so weit hätte kommen müssen, aber man löscht. Und erzählt nicht dem Feuerwehrkommandanten, dass das Drehleiterfahrzeug übers Gemüsebeet gefahren ist und in Afrika sterben Leute an Hunger. (Okay, ich wurde ein wenig hinweggetragen von der Metaphorik, sehen Sie es mir nach). Was ich sagen will (und vermutlich kommt mir da die Erfahrung von zig Feuerwehrprojekten bei der Arbeit zugute): manchmal muss man einfach das tun, was nötig ist, um eine Situation JETZT in den Griff zu bekommen und Schlimmeres zu verhindern. Das heisst nicht, dass man dabei zenmässig lächelnd und immer gut gelaunt und entspannt sein muss und es super finden, aber es hilft halt schon, wenn man nicht mit der Einstellung "Das kann ja nur echt scheisse werden, das weiss ich jetzt schon!" in so eine Situation geht. Das ist eine Bewährungsprobe für alle von uns, für Politiker, Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Eltern, Grosseltern, Kinder, Lehrer, Schüler. Wir sind in der eigentlich glücklichen Situation, dass wir so etwas noch nie erlebt haben, seien Sie geduldig mit sich selber und allen anderen, es ist für alle neu und sogar ich habe mich damit abgefunden, dass wir mehr oder weniger von Tag zu Tag planen.
Und ja, zu einer Feuerwehrübung gehört auch, dass man daraus lernt und das nächste Mal besser vorbereitet ist. Das darf man dann danach, wenn man müde und erschöpft ist und froh, dass die unmittelbare Gefahr vorbei ist, nicht vergessen. Da ist dann die Zeit, um Digitalisierung in der Schule, New Ways of Working, vernünftige Ausstattung in Krankenhäusern, ordentliche Bezahlung und Arbeitsbedingungen für Pflegepersonal und Ärzte etc. festzuzurren und man kann über die Bücher gehen und sehen, welche der ratzfatz notgedrungenen "Einchränkungen" im privaten und business-Reisebetrieb denn gar nicht so schlimm waren, so dass man sie nicht nur im Pandemie-Fall, sondern auch gegen den Klimawandeln beibehalten kann.


In diesem Sinne: bleiben Sie zu Hause! Machen Sie das Beste draus, es ist nicht für immer, es wird auch wieder besser, es wäre halt schon toll, wenn es nicht vorher noch viel, viel schlimmer würde.


(Ganz praktisch gesehen: lesen Sie mal bei Kiki vorbei, die hat praktische Tipps für Homeoffice-Neulinge und ja, das lässt sich durchaus auch auf "Mit Kindern zu Hause" übertragen. Oder auf "Homeoffice mit Kindern zu Hause")



Gegessen:
  • Mohn- und Sesamsemmel mit Frischkäse und Tomaten (der Kenner merkt: Schweiz in Not, weil Silsergipfeli UND Nussbrötli waren aus.)
  • Obstteller und noch eine Semmel mit Avocadocreme
  • gebackene Süsskartoffelspalten NICHT mit Hoisin-Mayo aus der KaptnCook App, die ist nämlich total in die Hose gegangen und ausserdem ist Erdnussbutter verrührt mit Sojasosse KEINE Hoisin-Sosse. Ich habe stattdessen dann ... Hoisinsosse mit Schmand, Knoblauch, etwas Sojasosse, Reisessig und geraspeltem Ingwer verrührt. War gut und sah auch nicht aus wie schon mal gegessen
 Gelesen:
morgens um viertel nach sieben endlich den "Verräter" aus. Meine Güte, das war ein hartes Stück Arbeit, und zwar nicht wegen Buch, das ist sehr, sehr spannend, die Trilogie ist in sich abgeschlossen, alles super, nein, ich war die letzten Abende immer so müde, dass ich nach ein paar Seiten mitten im grossen Showdown eingeschlafen bin, dann weitergeträumt habe und jeweils am nächsten Tag nochmal zurückgehen musste, um zu schauen, was jetzt echt und was geträumt war

Getragen:
man könnte denken, Vorbereitung auf HomeofficeSchlumpigkeit: meine 15 Jahre alte Bootcut-Jeans, die so schön weich (und leider auch morsch) ist, dass sie bequemer als jede Jogginghose ist, Longsleeve und Socken. Auf denen bin ich dann übrigens bei "Kommt mal alle schnell rauf, die Sansa hat sich sooooooo süss eingekuschelt" auf der Treppe ausgerutscht (Q. war nicht ganz unschuldig da dran), ganz blöd hingefallen, mit kurzem Schreck, ob jetzt an Hand oder Fuss was echt kaputt ist, aber phew, nur geschürft und geprellt, es ist halt schon der falsche Moment, um mit einem dummen Unfall in der Notaufnahme zu landen.

Gesehen:
Picard und Orville

Stressleveldurchschnitt gestern: 27
Selbstbeweihräucherung: heute mal nicht nur mich, sondern meine Schwestern und mich, den Hübschen und seinen Bruder und unsere Eltern: ich finde es wirklich toll, wie wir trotz der räumlichen Entfernung uns alle zusammentun, absprechen, helfen, organisieren. (Und seit gestern abend/heute morgen weiss ich: auf dem bayerischen Dorf gibt es keine Lieferheld, keinen Bringmeister, keinen Rewe-Lieferdienst, aber trotzdem kriegt man es hin, dass für Mensch und Tier gesorgt ist. Und ja, entgegen meiner Überzeugung bestelle ich dann auch bei einem Demeterhof, wenn die Steinerjünger die einzigen sind, die die kleinen Dörfer direkt am Rand des Speckgürtels beliefern, dann sind mir die edelsteingefüllten Kuhhörner, die sie auf ihren Feldern vergraben, auch egal.