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Dienstag, Dezember 15, 2020

151220: Müde

 Ich habe gestern schon vor 11 das Licht ausgemacht, das ist, glaube ich, die letzten 100 Jahre nicht passiert. Trotzdem bin ich ... müde. Sehr müde.

Es ist die ungute Zeit vor der Weihnachtspause, wo man ganz kurz dachte, dass man jetzt aber echt alles erledigt hätte und dann andere Leute das auch machen und das heisst, man bekommt die abstrusesten Sachen auf den Schreibtisch, für den keiner Zeit hatte, bis halt ... kurz vor Weihnachten ("Ich habe gesehen, dass Du bals OOO bist bis Ende Jahr, hier total abstruse Dokumente, über die sich Leute seit Anfangs September streiten, die Du noch nie gesehen hast, bitte rechtskräftig unterschreiben. Sofort."). Heute, morgen und übermorgen stehen noch lange Abendmeetings an, jeweils mit recht weitreichender Bedeutung und ich habe echt Mühe, meine Motivation zusammenzukratzen oder wenigstens die Kamera auszumachen, wenn ich die Augen nicht mehr vom Rollen abhalten kann. 

Meine Bullshit-Toleranz ist einfach aufgebraucht. 

Das merken aktuell auch die Kinder, wenn zB auf "Könnt ihr bitte die Spülmaschine ausräumen?", während der Hübsche und ich in Meetings sitzen, diskutiert wird, wer denn wieviel Messer eingeräumt hat und wer denn schon mal anfangen könnte mit den Tellern. Ich habe mich nicht mal 100% versichert, ob ich auf mute bin, als ich zur Tür rausbrüllterief: "Mit der Scheissaktion grad habt ihr grad dafür gesorgt, dass ihr die Wäsche auch noch aufhängt!" (Da wurde dann nicht mehr diskutiert oder nur noch leise. Ja, Achtsamkeit und Bindungsorientierte Erziehung wird hier grossgeschrieben.) Aktuelles Erziehungsziel: Jedes "Ich komm gleich" auf eine Aufforderung wird knallhart sanktioniert als genau das, was es ist: eine reflexhafte Antwort aus dem Reptilienhirn, die bedeutet: "Ich habe null Interesse daran, was Du willst, was los ist, ich kaufe mir hiermit 5 weitere Minuten, das geht sicher ein paar Mal gut, war was?"

Merkt mans? Ja, ich bin müde.

Auch müde vom Internet, Umienne hat das sehr treffend formuliert: "Das Internet wird mühsam. Ich halte es fast nicht aus, dass Deutschland auf Social Media in kollektive Hysterie wegen Lockdown und omg jemand hat das nicht ganz durchdacht fällt. Es fehlt mir, gesehen zu werden. Niemand kümmert es, dass die Schweiz so beschissen da steht. (Ganz Afrika lächelt pseudo-mitleidig)" (ich ergänze btw "Das Internet" um: Arbeitskollegen, die nicht in der Schweiz leben, Freunde, Bekannte, Familie, eigentlich alle, die nicht in der Schweiz leben. Ich verstehe das gewissermassen, jeder sieht am ehesten das, was vor der eigenen Haustür passiert und einen am direktesten betrifft. Im Moment ist das tatsächlich fast schmerzhaft.)

Selber schuld, niemand zwingt mich, "Internet" zu lesen, niemand hat die Schweiz gezwungen, die zweite UND dritte Welle frontal zu nehmen, ich weiss.

Ich bin müde und möchte so nicht sein.

Lichtblicke: 

Jonny, den wir am frühen Abend ein bisschen besorgt gesucht haben, weil er schon lang draussen war, es in Strömen schüttete und er nicht bei den Lieblingsnachbarn war, UND den wir später wegen paralleler Abendmeetings nicht noch suchen konnten, kam kurz nach dem Beginn dieser Meetings platschnass und müde ganz von allein heim. 

Kurze Aufregung, als Sansa vermeintlich entwischt war: sie lag HINTER allen Jacken und Mänteln in einem Garderobenregal, hatte sich eine Fleece- und eine Skijacke runtergeangelt und sich ein Nest gebaut und reagierte vor lauter Gemütlichkeit auf kein Rufen udn Leckerlitütenrascheln.

Q., der in seinem Online-Piohock unbeirrt von der Weltlage das Pfila 2021 plant und sich für den Futurakurs im April anmeldet

Gespräche mit Nachbarinnen (im strömenden Regen auf Abstand beim Postholen und durch das Küchenfenster) und ehemaligen Kollegen, die ein bisschen die Illusion von Leben ausserhalb unserer Kernfamilienblase vorspiegeln.

Noch zwei Tage Arbeit und dann versuchen, mich wieder zu berappeln. Oder schon vorher am besten.


Gegessen:

Special K

Currykarottensuppe mit Quinoaknoblauchcrunch

Gyozas und Tonnen von gemischtem Salat (doch, das haben wir die ganz Zeit zu Hause gemacht: gut gegessen, fast immer frisch selber gekocht. Was will  man auch anderes machen in der Lieferdienstdiaspora..... Captn Cook-App ftw! Für die Ferien habe ich mir vorgenommen, mal wieder über die App hinauszuschauen und meine Ottolenghi-Bücher zB abzustauben).


gelesen: "7 Lügen"

Gesehen: beim Strampeln die "R. Kelly"-Doku, ich habe das dumpfe Gefühl, dass die auch zu meiner grummeligen Grundstimmung beiträgt. Für die Launenverbesserung zum Einschlafen: "Weihnachten daheim", das ist harmlos-nette Unterhaltung, die nicht total doof ist.

Stressleveldurchschnitt gestern: 16 (heute: grad mal Bandl leer gewesen vor lauter Relaxen gestern)

Selbstbeweihräucherung: Niemanden physisch gebissen und auch niemandem gesagt: "Dann macht Euren Scheiss doch allein, ich hab da genauso wenig Bock drauf wie ihr"

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