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Donnerstag, Juni 04, 2015

Geschichtsstunde

Gestern kam in einer Kaffeepause das Gespräch auf die (über Umwege über die Erzählung über ein Baugesuch und die damit verbundenen Einsprüche incl folgender Gerichtsverhandlung und dem dafür engagierten Anwalt, dessen Vater wiederum einer der und laut Wikipedia der seinerzeit letzte lebende, jetzt aber gestorbene, der) Ölsoldaten.

Mir sagte der Begriff gar nichts, aber nachdem ich mich da ein wenig eingelesen habe und das gar nicht uninteressant ist, möchte ich da natürlich gerne mit Ihnen teilen
Also. Im zweiten Weltkrieg gab es auch in der Schweiz, obwohl es da den Leuten wohl noch besser ging als woanders, wenig zu essen.  Deswegen (okay, die Einleitung ist blöd, aber egal) waren Kinder und Zivilisten wohl immer mal wieder froh, wenn sie von den vor Ort stationierten Soldaten mal was von der Armeeverpflegung* abbekamen
1940 wurden in Magden (das ist ganz nah bei uns) dort durch Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände bei der dort stationierten Festungskompanie Käseschnitten anstatt in Erdnussöl in Maschinengewehröl gebraten. (Maschinengewehre wurden damals mit Öl, das mit Trikresylphosphat** versetzt war, gekühlt. Das war sehr wertvoll und durfte nicht verschwendet werden und dummerweise wurde mal eine Restmenge in einen leern Erdnussölcontainer aus der Küche gefüllt. Der ist dann dummerweise wieder in der Küche gelandet und dummerweise wurden dann Käseschnitten drin gebraten. Dummerweise waren die Soldaten wohl keine kulinarischen Höhenflüge gewohnt und haben brav aufgegessen und dummerweise auch noch mit der Zivilbevölkerung geteilt. So wurden an die 100 Personen (darunter ein 5jähriges Mädchen) vergiftet und erlitten unter anderem Lähmungen. (Datenbankeintrag Alexandria).
In der Folge haben sich dann wohl Schweizer Militär und Staat nicht gerade mit Ruhm bekleckert, was den Umgang mit den Opfern angeht. In der Öffentlichkeit war der Fall aber sehr präsent***, so dass aus diesem Anlasse heraus dann die Glückskette entstand
Aus Risikoanalystensicht ist es interessant, dass im gleichen Jahr in einem anderen Kanton ein analoger Fall auftrat. (In unserem „Discrepancy Management System“ würde das als „Recurring Deviation“ behandelt) Es wurden aber auch Massnahmen ergriffen (In meinem systemgebundenen Hirn poppt sofort das Feld „Recurring Deviation – Actions Identified and Implemented“ und „Nachverfolgung im CAPA xy“ auf), wir würden dazu Corrective Actions sagen, und zwar wurden die MGs auf Wasserkühlung umgerüstet.

So. Sag mal einer, Kaffeetrinken wäre nicht lehrreich.

*Exkurs: Laut meinem allerersten Chef hat Dosenwurscht beim Schweizer Militär einen unglaublich schrecklichen „Spitznamen“, dass ich das hier gar nicht aufschreiben kann. Nur so viel: in Deutschland käme man für die Verwendung dieses Ausdruckes hoffentlich in den Knast. Andererseits ist die Militärverpflegung so legendär, dass Cailler eine ihrer Edition Suisse-Schokoladen davon inspirieren liess.

** Heute wird Trikresylphosphat wegen seiner Giftigkeit praktisch nicht mehr eingesetzt, nur noch in Fluzeugmotorenöl und wird dort für die immer wieder gemeldeten Vergiftungserscheinungen bei Kabinenpersonal und Piloten verantwortlich gemacht. Mhmm.


*** ich finde es högscht interessant, wie man je nach Lebensort und –generation mit anderen lokalen Tragödien im Hinterkopf aufwächst. Bei mir waren es das Oktoberfestattentatdie RAF-Fahndungen, die Sache mit dem Erdloch und der Einsturz der Marienplatz-U-Bahnhofdecke.
Ach ja: und Sie wissen ja, gell, morgen ist WMDEDGT, also überlegen Sie sich schon mal, was Sie morgen so machen und aufschreiben wollen ;-)

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