Nachdem Frische Brise so schön die Situation in Hamburg und Berling geschildert hat (also: eigentlich, weil mich bestimmte Kommentare so unglaublich aufregen), möchte ich hier mal kurz die Situation in der Suburbia einer Schweizer Grossstadt (ja, mit 250 000 Einwohnern ist eine Stadt in der Schweiz eine Grossstadt) schildern.(und auch wenn ich weiss, dass das die Leute, die es davon abhalten soll, nicht davon abhalten wird: lesen Sie mal den "Vorab:"-Text bei Frau Brise gut durch. Bis auf die berufsbedingte Erfahrung sehe ich das genau so.) Und ich werde immer schreiben „hier ist das so und so“ und das heisst dann „genau hier, wo wir wohnen“, in der Nachbargemeinde oder, noch viel wahrscheinlicher, im Nachbarkanton kann alles schon wieder ganz anders sein.
Also: Die Schule beginnt hier mit dem Kindergarten, und zwar mit ca 4-5 Jahren. Es sind zwei Jahre Kindergarten obligatorisch, im ersten Jahr hat Kind 5 Halbtage, im zweiten 6 Halbtage. Bei uns im Dorf sieht das so aus, dass die Kinder im ersten Jahr den Freitag frei haben, dafür haben sie an einem Nachmittag von (und jetzt rufen wir uns ins Gedächtnis: „Halbtag“!) 13:30h bis 15:00h Kindergarten. Die Vormittage gehen von 8:30h bis 12:00h. Im zweiten Jahr kommt dann noch der Freitagmorgen dazu.
Da der Kindergarten hier eben zur Schule gehört, zahlt man dafür auch nichts, das Kind MUSS ja gehen. Dementsprechend gilt für die Kindergartenkinder auch der Schulferienkalender, in jeder Hinsicht, also, auch einfach mal daheimbleiben wegen kein Bock oder Ferien oder Oma hat Geburtstag ist nicht, bzw. nur nach Antrag bei der Schulleitung etc..
In der Grundschule sieht es dann so aus, dass die Kinder in den ersten drei Jahren wieder jeden Morgen von 8:30h bis 12:00h Unterricht haben, dazu einen Nachmittag in der Woche fix (Zeiten wie im Kindergarten), einen zweiten alle zwei Wochen. Sonderunterricht wie Muttersprache für nicht deutschsprachige Kinder oder Little Q.s heissgeliebter Religionsunterricht finden entweder Freitag nachmittag oder um 7:30h statt.
Achja: die Gründe, warum wir uns für die stinknormale Dorfschule entschieden haben (die btw. grossartig ist, zumindest nach dem, was ich nach anderthalb Jahren Schule und insg. zweieinhalb Jahren Kindergarten bisher sagen kann), sind genau die gleichen, die Frau Brise auch genannt hat.
Es ist ja nun so, dass man allein mit diesen Unterrichtszeiten die Schule/den Kindergarten nicht als Kinderbetreuung für berufstätige Eltern nutzen kann. Von der Schule bzw. Gemeinde gibt es deswegen sog. Tagesstrukturen. Dort wird eine Frühbetreuung von 7:00h morgens ab angeboten, die Kinder können dort zu Mittag essen (entweder selbstmitgebracht oder was angeboten wird) und entweder bis zum Beginn des Nachmittagsunterrichts bleiben oder danach heimgehen. Für uns bringt das aus zwei Gründen so nichts: erstens findet diese Betreuung in den Ferien nicht statt. Da wir (wie immer) weniger Urlaubstage (23) haben als die Kinder Ferien (13 Wochen), könnten wir diese Zeit zwar mit Ferienbetreuungsprogrammen zB meines Arbeitgebers überbrücken, aber erstens sind die Ferienzeiten in meinem Arbeitskanton zum Teil bis zu zwei Wochen verschoben, genauso das Betreuungsangebot, zweitens gibt es das „nur“ für drei Wochen in den Sommerferien und eine im Herbst, drittens sind die Jungs nicht so richtig begeistert davon, mit wildfremden Kindern und Betreuern unterwegs zu sein. (Viertens kostet das auch ordentlich, aber das zählt eigentlich nicht, wenn man sich unsere Lösung anschaut ;-)). Zweitens ist sie eben nur bis maximal halb zwei, d.h. an den Tagen, wo kein Nachmittagsunterricht ist, müsste ich um halb zwei zu Hause sein, an den Nachmittagstagen um drei. Auch das passt für uns nicht.
Wir haben uns deshalb für die Luxuslösung entschieden: unsere Kinder haben beide nach wie vor einen 80%-Platz in unserer Kinderkrippe. 80%, weil sie Mo-Do dorthin gehen. Freitags hat Little L. ja noch frei, ich auch und Little Q. kommt mittags von der Schule nach Hause. Luxus deshalb, weil die Kinderkrippe wunderbar ist. Ich habe schon oft davon geschwärmt. Little Q. geht in diese Einrichtung, seit er 2,5 Jahre ist (vorher war er in der Stadt), Little L., seit er 6 Monate ist. Mittlerweile sind beide in der Kindergärtner- und Schülergruppe für Kinder von 5-12. Sie sind dort sehr gut aufgehoben, sie haben (beste) Freunde dort, Little Q. macht auch seine Hausaufgaben dort. Die Öffnungszeiten sind von 6:30h – 18:00h, Schliesszeiten ist die Woche zwischen Weihnachten und Neujahr und die letzten beiden Sommerferienwochen (auch das : Luxus). Wir nutzen die Krippe normalerweise so, dass wir die Jungs morgens um 7:00h dort auf dem Weg zur Arbeit abliefern, sie frühstücken dort und gehen dann alleine (mittlerweile) in Schule oder Kindergarten. Mittags wird dort frisch gekocht, es wird gemeinsam gegessen, dann werden entweder Hausaufgaben gemacht oder zum Nachmittagsunterricht gegangen. Danach kommen sie wieder in die Kinderkrippe, wir holen sie meist so gegen halb sechs. Wenn das Wetter mitmacht (oder auch nicht ;-)), sind sie fast nur draussen unterwegs, es gibt einen grossen Garten, in der Umgebung sind viele Spielplätze/Sportplätze, der Wald und der Rhein sind nicht weit, in den Ferien werden auch mal Ganztagesausflüge gemacht. Wenn meine Jungs übrigens mal mit Freunden ausserhalb der Krippe abmachen möchten, dann machen sie das auch, das ist ja das praktische daran, dass hier im Dorf alles so nah beieinander ist. Nur Freundebesuch bekommen geht bei uns halt nur am Freitag oder am Wochenende.
Luxus ist das aber auch, weil wir, obwohl die Jungs natürlich (ausserhalb der Ferien) einen Grossteil des Tages in Schule und Kindergarten sind, den vollen Krippensatz bezahlen. Für die 4 Tage/Woche haben wir im letzten Jahr für beide Jungs (incl Geschwisterrabatt) zusammen über 35 000 Franken bezahlt (umrechnen in € dürfen Sie selber ;-)). Und klar: man kann Schweizer Löhne und Schweizer Steuern nicht mit den deutschen vergleichen, genausowenig aber auch die Lebenshaltungskosten in der Schweiz, klar, wir beide verdienen auch sehr gut (unterhalb eines gewissen Einkommens wird man von der Gemeinde bezuschusst), aber auch für uns ist das viel. (Zum Vergleich: für unser Haus zahlen wir pro Monat ungefähr die Hälfte vom monatlichen Krippenbeitrag ;-)) Wir haben uns allerdings bewusst dafür entschieden. Erstens wissen wir unsere Kinder dort bestmöglich aufgehoben und betreut, sie fühlen sich sehr, sehr wohl dort; zweitens arbeiten wir beide in Berufen, die uns sehr viel bedeuten, für die wir sehr viel Ausbildungszeit etc. investiert haben, und in denen es realistischerweise nun einmal keine Stellen gibt, die mit „ich gehe jeden Tag um 12:00h und in den Schulferien arbeite ich von zu Hause aus“ zu wuppen sind. Es war schon schwierig genug, eine mit „Freitag frei“ zu finden (ab September dann übrigens auch nicht mehr, dann erst ab Freitag mittag ;-))
Ich bin sehr, sehr froh und dankbar, dass wir diese wunderbare Einrichtung bei uns im Dorf haben; wie es allerdings weitergehen wird, wenn Little Q. das Maximalalter von 12 Jahren überschritten hat (okay, bis dahin ist er auch nicht mehr in der Grundschule und dann wird sowieso alles anders), das weiss ich noch nicht. Zur Zeit sind wohl auch Bestrebungen im Gange, die Tagesstrukturen, die Kinderkrippe und die Tagesfamilien irgendwie so unter einen Hut zu kriegen, dass sie maximal nützlich sind, man darf gespannt sein!
So, dies mal als kleiner (harhar) Bericht von ausserhalb der EU ;-) und von einer Mutter, die nicht arbeitet, weil sie muss, sondern weil sie will (doch, zur Erhaltung ihres geistigen und seelischen Wohlbefindens auch „muss“)
neid! aber ja, so isses in der urbanität. hier auf dem land - lassen wir das. :-D das thema kommt ja nicht zum ersten mal, und wenn man sich vor augen führt, dass der bezahlte mutterschaftsurlaub nur 14 wochen dauert, fragte ich mich: sind das nicht zustände wie damals in ostdeutschland? ich frage das nicht aus häme, ich will nur verdeutlichen, dass die schweiz nicht nur beneidenswerte züge wie höhere löhne etc. vorweisen kann. ;-)
AntwortenLöschenöhm, Rage, so weit ich weiss (West-Kind) war in Ostdeutschland damals die Betreuung VIEL besser als im Westen, und es war selbstverständlich dass Frauen arbeiten gingen. Neben dem Ampel-Männchen so ungefähr das Einzige worum ich die ehemaligen Ostdeutschen echt beneide (neben den inzwischen doch schon 14 Wochen Mutterschaftsurlaub hier in CH, bei Geburt meines Sohnes war das noch - abhängig vom Dienstalter - 0 - 4 Wochen (notabene: mein Sohn ist nicht anno dunnemals georen, sondern 1995).
AntwortenLöschenLiebe Rage,
AntwortenLöschenab 1976 konnten die Frauen im Osten mit Baby 1 Jahr zu Hause bleiben (bezahlt), danach startete die Krippe. Mich erinnert der Schweizer Mutterschutz an die USA, speziell an Kalifornien. Ist von Bundesstaat zu Bundesstaat auch verschieden, New York gewaehrt nur 8 Wochen und auch das nicht bezahlt.
Kinderbetreuung ist wirklich von Land zu Land ein schwieriges Thema. Jetzt in Oesterreich haben wir Glueck, dass unser Arbeitgeber eine Krippe/Kita hat. Die Volksschule bietet Betreuung bis 16.30 Uhr, in den Ferien nutzen wir Camps. Fazit, es ist machbar mit 2 Kindern, aber wir routieren auch ganz schoen.
Herzlichen Glückwunsch!!! So eine Betreuung gibt es hier leider nicht. Die "Ganztagsbetreuung" ist ziemlich lieblos und auf die Hausaufgabenbetreuung kann man sich nicht verlassen. Wir haben daher für uns eine "Luxusvariante" gewählt. Wir bezahlen die Betreuung von 7:30 bis 14 Uhr und die Maus geht nur an den drei Vormittagen hin, wenn ich arbeiten muss. Die Ferienbetreuung müssen wir auch irgendwie so regeln. Gott sei Dank springt ab und zu die Oma bzw. die Tante ein. Schade finde ich nur, dass wir gehaltsabhängig den Beitrag bezahlen müssen. Mein Kind ist bestimmt nicht pflegeintensiver, als ein Kind aus einer Familie mit geringerem Einkommen. Ich warte auf den Tag, wo ich für ein Brot 5 € zahlen muss, weil wir gut verdienen..
AntwortenLöschenLG Nomilinchen
danke für die infos! das ist in der tat interessant. mir kommt darum unser system von wiedereingliederung in die arbeit ab 14. woche so schräg vor. es heulen dann auch alle, dass man kinder so früh schon weggeben muss und was dann mit stillen etc ist, ber hey, «wir»haben das so gewollt! wir haben x-mal darüber abgestimmt, die heutige lösung existiert noch nicht lange. es gab auch längere varianten, aber die hatten an der urne alle keine chance. (einschub: es gab auch die variante einmaliger beitrag in der höhe von 4000 franken für hausfrauen, aber es wurde bemängelt, dass es völkergruppen gäbe, die sich dann wegen dieses geldes unkontrolliert und in jungen jahren zügellos vermehren könnten. leiderleider wahr, obwohl jeder weiss, wie lange 4000 franken mit einem kind hinreichen…)
AntwortenLöschenach, ich muss aufhören, darüber zu referieren, es macht mich extreme aggroling!