Nachtrag zu gestern abend: es hatte sein gutes, dass ich die bisherigen Kombucha-Ansätze in der Zweitfermentation jeweils nach 2 Tagen mal vorsichtig geöffnet habe und auf Sprudeligkeit getestet habe. Dieses Druckablassen sorgte dafür, dass sie verlustfrei nach 3 Tagen Fermentation öffenbar waren. 4 Tage ohne zwischendrin Druckablassen führten (nach Kühlen!) dazu, dass ich die erste Flasche gewohnt vorsichtig mit festem Druck auf den Deckel öffnete (es sind so Bügelflaschen) und mit einem wild sprühenden Ding in der Küche stand. Ich musste so lachen UND brauchte beide Daumen, um den Deckel draufzuhalten, ich musste also ein Kind bitten, mir den Bügel wieder runterzudrücken. Dann bin ich damit vor die Haustür gegangen und habe sie ploppen lassen. Ich war danach total verwundert, die aromatisierenden Mangostücke weit im Vorgarten verteilt zu sehen, es ging so schnell, ich hatte die erste Fontäne überhaupt nicht bemerkt.
Heute also der Test mit dem zweiten Teilbatch (Himbeere), gleich draussen. Nicht ganz so dramatisch (weil nicht geploppt, sondern kontrolliert), aber auch deutlicher Materialverlust, also: in Zukunft wieder zwischenentlasten.
Heute hätte (nach Zwischenweckung nach einer halben Stunde Schlaf, weil Maus, die wir aber weder gestern nacht noch heute morgen gefunden haben) mein Wecker um halb sieben geläutet, tatsächlich hat aber der Rauchmelder um zwanzig nach sechs lautstark (mit Trillerpfeifengeräusch, wtf?!) nach neuen Batterien verlangt. Ich bin dann gleich wachgeblieben, ich hatte ja um 8 einen Einsatz am Arbeitstag am Markhof, das ist der "Aussenposten" unserer (haha, wie das klingt, aber ich habe jetzt ja einen 500CHF-Anteilsschein) Genossenschaft, wo vor allem Lagergemüse angebaut wird. Das Praktische ist: er liegt, anders als der Haupthof, direkt gegenüber von unserem Dorf auf der anderen Rheinseite, d.h. ich bin mit dem Rad in 10 Minuten dort.
Für unser (ab November auf eine Korbgrösse grösser umgestelltes) Abo müssen wir im Jahr mindestens 8h Arbeitseinsatz leisten. Die kann man entweder zu mehreren oder alleine machen, die Summe muss halt stimmen. Ich habe mich entschlossen, da vom Rest der Familie nichts zu erwarten, sondern nur so viel zu committen, wie ich allein zu leisten bereit bin, weil es ja mein "Sidequest" ist. Wer mitkommen mag, darf jederzeit gern, aber es muss niemand.
Das Ganze ist so organisiert, dass es verschiedene vorangekündigte Arbeitssamstage auf den beiden Höfen gibt, die von 8-16h gehen, man meldet sich für entweder halbe oder ganze Tage an, gibt Bescheid, ob man für Znüni und Mittag da ist oder nicht, und dann trägt man halt ein, wieviel man gearbeitet hat.
Es war noch recht düster (Sonnenaufgang ist irgendwie 8:10h oder so) beim Start, auch kühl, aber egal.
Angesagt war heute Sellerieernte. Die angestellten Mitarbeiter auf dem Hof waren noch Kartoffeln ernten (ab sieben, im Stockdunkeln, aber auf einem Kartoffelernter hat es wohl Licht oben drauf) und kamen gegen neun dazu. Es gab für uns eine kurze Einweisung (Erde abschütteln, Wurzeln abschneiden, Grün abschneiden, einigermassen sauber, aber lieber mehr als weniger Erde dranlassen, auf keinen Fall den Sellerie verletzen, weil sie werden eh noch alle gewaschen und gelagert, wenn sie verletzt sind, gehen sie schneller kaputt.
Der Traktor mit der blauen Maschine hinten dran hatte schon 3 Fahrspuren vorbereitet, in denen die Sellerieknollen mit Erde dran bereit lagen, es wurden kleine, superscharfe Messer und Handschuhe ausgeteilt und los gings. Später sah ich die blaue Maschine noch im Einsatz: sie schneidet erst das Grün vom Sellerie in ungefähr 3cm Höhe ab, dann fährt eine breite, flache "Schaufel" unter die Knollen und schneidet schon einen Teil der Wurzeln ab. Diese Schicht fällt dann hinten runter und dabei lösen sich die Knollen mit der Erde aussenrum portionsweise raus. Wegen des Grünzeugabschneidens riecht das ganze Feld intensiv nach Sellerie.
Die gesäuberten Knollen wurden in Kisten und Körben gesammelt, in grosse Holzkisten geleert und sobald der Traktorhänger voll war, weggebracht.
Das ist der berühmt-berücktigte Kardy, der die Geister scheidet. Ich finde, er klingt wie was, was ich echt gerne mag, aber ich denke, wir haben ihn für dieses Jahr verpasst. |
Huddle-Board :-) |
Die Arbeit war ... auf die Dauer anstrengender als ich gedacht hatte, ich war nach 2h schon froh, dass ich mich nur für einen halben Tag angemeldet hatte. Es geht, allein weil halt auf dem Boden gearbeitet wird, auf Knie und Rücken und irgendwann hatte ich auch keine Kraft mehr in den Händen / dem linken Handgelenk. Sehr beeindruckend! (ich habe wirklich versucht, keine Regenwürmer zu verletzen / halbieren, aber es liess sich nicht immer vermeiden)
Nach 2h gab es eine Kaffeepause mit Kuchen, das war sehr angenehm; um halb eins gab es MIttagessen für alle, aber ich hatte mich nicht angemeldet und radelte mit erdverschmierten Schuhen zurück.
Insgesamt wurden im Frühjahr wohl 42 500 Selleriesetzlinge gepflanzt, davon sind natürlich nicht alle was geworden, aber "es war ein Superselleriejahr". Als ich gegangen bin, war, würde ich sagen, etwas mehr als die Hälfte abgeerntet.
Für mich war das eine sehr coole Erfahrung, weil: krass, wie viel manuelle Arbeit dahinter steckt, auch /grad in so "langweiligem Standardgemüse" (ich liebe Sellerie). Krass, wie anstrengend das ist!
Der Genossenschaftsaspekt war auch lustig, es war eine Mischung aus Klischees, die sich da versammelt hatte:
- die Angestellten des Hofs, eine Mischung aus Ökogemüsebauern und osteuropäischen Profi-Erntern,
- gehobene Mittelschichtler, die etwas für die Umwelt und das gute Gewissen tun wollen, mit dem Ebike/Rad oder dem Elektroauto angefahren kommen (tatsächlich die meisten mit dem Rad!), in gut genutzten, teuren Outdoorklamotten und Wanderschuhen, so Ende 40 bis Ende 50, manche mit Teenagerkindern dabei
- junge Familien mit Kindern, alle im Lastenrad, Fahrradanhänger, Elektrobulli angereist, Babies im Tragetuch, die Kinder schwanken zwischen totaler Begeisterung und absolut keinen Bock mehr und heulen und toben, als sie den Moment, wo man auf den Traktoranhänger hätte klettern können und wie die Bosse zurück zum Mittagessen fahren hätten können, verpasst haben
- Genossenschaftsurgesteine, die schon dabei waren, als der Aussenposten noch ein Gedankenspiel war
- alternative Künstlerinnen in wallenden Kleidern, die ohne Hemmungen die persönlichsten und privatesten Geschichten miteinander besprechen, egal, ob alle anderen das auch hören oder nicht (es gibt wirklich Menschen, die "als ihr Geliebter gestorben ist, hat sie dann als Kurtisane weitergemacht und so viele Geliebte gehabt, die waren dann alle bei dem Fest letzte Woche da" im Bekanntenkreis haben.)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Bitte benehmen Sie sich. Und bitte geben Sie mir keine Tipps, danke. Wenn Sie es doch tun, landet Ihr Kommentar im Spam.