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Donnerstag, April 30, 2020

300420: Nabelschau

Heute war ... unrund. Ich war gereizt und unsicher und fahrig und ungeduldig, und zwar genau so lang, bis ich einen Moment hatte, drüber nachzudenken, warum wohl.
Und das war relativ einfach rauszufinden: Wir haben uns hier zuhause sehr gut eingegroovt, es ist zwar nicht immer alles Hunkydory, aber alles in allem sind wir alle vier guter Dinge, Schule läuft, Jobs laufen, Haushalt läuft, Sport läuft.
Jetzt wird sich das ändern: die Schulen machen am 11. Mai wieder auf, im Aargau sogar mit nahezu ohne Einschränkungen ausser 2m Abstand zwischen Erwachsenen und Kindern. Das BAG empfiehlt Masken, falls man die 2m Abstand nicht einhalten kann, es gibt wohl welche in den Grossverteilern zum Einkaufspreis, wir werden sehen. Unsere Arbeitgeber fangen an, ein Ramp-up-Programm vor Ort ab Mitte Mai zu initiieren. Geschäfte machen wieder auf, Restaurants öffnen wieder.

All das ist an sich ein Schritt zurück zur Normalität, ich kann in keinster Weise beurteilen, inwieweit das vernünftig ist (bin auch froh, das ich das nicht entscheiden muss), aber es fühlt sich gar nicht normal an.

So gesehen ist das sehr spannend, das zu beobachten, was das mit einem macht.

Der Ramp-up bei uns wird auf jeden Fall extrem behutsam laufen, es wird von Wochen und Monaten und mehreren Wellen gesprochen, und ich persönlich sehe meine Funktion ganz hinten in der Schlange für zurück an den Schreibtisch stehen. (Passend dazu merke ich übrigens, dass unsere fast neuen und sehr schönen Esszimmerstühle genau das sind, und zum Beispiel keine Bürostühle.)

Ich bin mal sehr gespannt, wie der Schulstart dann tatsächlich aussehen wird. Für L., der zu Fuss zur Schule geht, ist immerhin der Weg kein Thema, für Q., der normalerweise zu Stosszeiten mit dem ÖV fährt, sieht das ein bisschen anders aus. Wir haben abgemacht, dass er, wann immer möglich, mit dem Rad fahren wird und wenn es schüttet, bringen wir ihn mit dem Auto (wir werden ja noch ein Zeitchen* daheim sein).

Wir werden morgen mal sehen, ob es die vom Bund täglich gelieferte Million Masken auch in unserem Coop gibt und falls ja, für unsere Nachbarn und uns eine Packung besorgen. Es heisst ja so schön "Tragen Sie eine Maske, wenn Sie die 2m Abstand nicht einhalten können". Und auch wenn der Bund denkt, dass das beim Einkaufen und im ÖV möglich sein sollte, sehe ich das nach gerade den Erfahrungen heute ausserhalb der Stosszeiten im Baumarkt anders. Klar könnte man da 2m Abstand halten, aber man kann sich auch mit seinen Ü70 Buddies auf einen Schwatz mitten im Hauptgang treffen und in aller Ruhe und endlich mal wieder körperlicher Nähe austauschen, wer alles gestorben ist, seitdem man sich das letzte Mal gesehen hat. Also: Falls wir Masken bekommen, werden wir mit den Kindern das korrekte Anziehen und Entsorgen üben, und in die Schul- und EInkaufstaschen welche einpacken, just in case. (Im Baumarkt besorgt: Klodeckel, langweilig weiss, was L. nicht verstehen kann, er hätte den mit Affen genommen,


 Bügelbrett, 100kg Salz für die Wasserenthärtungsanlage, einen Sonnenschirm, einen neuen Teleskopstiel für den Bodenwischer, Balkonpflanzenerde und für die gute Laune zwei Tomatenpflanzen, eine Gurke, Koriander und Kapuzinerkresse- und Bohnensamen. Bis auf die Pflanzen alles Quarantänekollateralschäden)

Sonst:
Ich habe die Arbeitswoche heute um 18:30 beendet und muss ab jetzt irgendwie anfangen, weniger zu arbeiten, ich bin nämlich überstundentechnisch eine halbe Stunde vor "Die Personalabteilung steigt meinem Chef aufs Dach", dazu habe ich festgestellt, dass ich nicht nur noch den gesamten Jahresurlaub 2020 habe, sondern auch noch Reste von 2019. Wenn ich alles jetzt nähme, wäre die Pandemie rum, bis ich wieder arbeiten müsste, würde ich erst im Juli wieder anfangen zu arbeiten. Stattdessen habe ich meinen Kalender durchgefilzt und werde den einen oder anderen Tag mal zwischendrin freinehmen.
Mein frisch geflickter (= Schlauch und Pneu ausgetauscht gegen welche mit Pannenschutz) ist ... tada, undicht. Das ist ein bisschen traurig, aber auch der Radlmensch sieht ein, dass das nicht sein darf, also werde ich morgen in einer Regenpause dahin radeln und es nochmal abgeben.
Jonny ist eine "Mir Wurscht"-Katze. Ihm ist das Wetter egal, ihm ist egal, ob er wo reindarf, ob er da wohnt, ob eine andere Katze ihn mag, ob das Fressen ihm gehört, egal, er ist einfach lieb und das geht immer gut.
Sansa: nicht so. Ganz schlimm ist das Wetter aktuell, sie rennt andauernd rein und raus, aber niemand stellt den Regen ab. Heute kam sie (während einer Videokonferenz) patschnass jammernd rein und hat sich (mit nassen Füssen) auf meine Tastatur gesetzt und anklagend in die Kamera gestarrt.
Der Hübsche hat sich morgen auch freigenommen, also habe ich Semmelteig angesetzt und die Wecker für morgen ausgestellt und wir werden ausschlafen,

Gegessen:
getoasteten Hefezopf mit Honig
Salat mit gebratenem grünen Spargel und aufgetoastestes Brot
Tortellini mit Tomatensosse

Gelesen: "Der Abgrund"

Gesehen: "The Good Fight" zu Ende

Getragen: den Jumpsuit, damit er wäschetauglich ist, total unfotogen mit Kapuzenjacke, Unterhemd und Wollsocken, es schüttet hier nämlich seit drei Tagen durch und ist echt kalt geworden.

Stressleveldurchschnitt: morgen kommt der erste ganze Tag von der neuen Uhr. Die hat übrigens auch das neue Feature: "Bodybatterie". Bin mir noch nicht sicher, was das soll
Selbstbeweihräucherung: in dem "Beobachtungsmodus" geschaltet, bevor ich echt irrational wurde.

* es geht los. Ich habe mich seinerzeit über Q. amüsiert, der jedes Schweizer "li" mit "chen" ins Hochdeutsche übersetzte und zack, ich denke "es Zytli" und schreibe "ein Zeitchen".