Heute mal wieder Samstag mit Wecker, weil wir Q. (und uns restliche 3 als Begleitpersonen) zum Lehrberufsinfoanlass meines Arbeitgebers angemeldet hatten. Ich finde all das ja im Moment sehr spannend (unnötig spannend, ich wüsste natürlich viel lieber schon genau, wie das alles so ausgeht): ich lerne das Schweizer Bildungssystem ja so vom Zuschauen. Bisher war alles noch recht einfach: Man kriegt einen Zettel: ab nächstem Jahr muss Ihr Kind in den Kindergarten, bitte ausfüllen, hingehen, fertig.
Und jetzt wirds spannend:
Je nach Notenschnitt kann man nach der 9. Klasse
sagt viel über das Selbstverständnis der Schweiz (damals?) aus.
- Dann kommt die Entscheidung der Schule/Kindergarten, ob Regelklasse oder EK, ausfüllen, hingehen, fertig.
- Die nächsten 6 Jahre: hingehen, fertig.
- Dann kommt die Entscheidung der Schule, für welche Schulform das Kind für die nächsten 3 Jahre passt, bitte ausfüllen, hingehen, fertig.
Und jetzt wirds spannend:
Je nach Notenschnitt kann man nach der 9. Klasse
- für weitere 3 Jahre aufs Gymnasium gehen
- oder
- eine Ausbildung machen
- oder eine Fachmittelschule machen
- oder die wildesten Kombinationen von allem.
Q. will ja (danke Netflix und Prime Video für "The good wife", "The good fight" und "Suits"; ist schon besser, als wenn er sich jetzt an Jessica Jones oder Luke Cage orientieren würde) Staatsanwalt oder Anwalt werden, das würde heissen: Gymnasium, Universität, Taxischein, aber erstens: wer weiss, ob er das auch in anderthalb Jahren noch möchte? und zweitens: der Notenschnitt für das Gymnasium (für die Zulassung zum Jurastudium habe ich noch gar nicht geschaut, da kann er sich dann selber drum kümmern) ist eine echte Hausnummer und von Noteninflation ist zumindest bei ihm an der Schule nichts zu merken, da wird die Skala ausgeschöpft.
Also. In der Schule, auf Elterninfo-Abenden, überall beschäftigen sie sich also aktuell mit dem Thema: "Was will ich später und wie kann ich da hinkommen und wenn ich es nicht weiss, wie kann ich das rausfinden?"*, sie hatten Besuch von ask!, haben diverse Talentchecks gemacht, waren auf zwei verschiedenen Berufsschauen, wo vor allem Lehrberufe vorgestellt werden. Lehrberufe sind für mich ja ... ein Buch mit Siegeln. Ich wüsste in Deutschland nicht, wann und wo und wie man eine Lehrstelle findet, und in der Schweiz erst recht nicht. Als ich (und Q. auf einem der Events) vom Lehrinfo-Tag bei meinem Arbeitgeber (noch dazu direkt vor unserer Haustür) las, habe ich uns ml angemeldet.
Joah. Wenn "wir" was können, dann ist es ... klotzen. Und professionell und überzeugen auftreten. (Q. war nur mittelbegeistert, weil "wir" erstens keine Staatsanwälte ausbilden und zweitens er all das ja durch familäres Influencing, Zukunftstage etc. eh schon alles kennt, aber ich bin beruhigt: vor Ostern 2020 müssen wir uns nicht um eine Lehrstelle für 2021 kümmern. Da wissen wir dann auch schon ein bisschen mehr über die Entwicklung des Notendurchschnitts. (Ich, bayerisch sozialisiert, wo man nach dem erfolgreichen Übertritt aufs Gymnasium in der 5. Klasse eigentlich kaum noch was zwischen einem selber und der Universität stehen hatte, während man hier allein für das Verbleiben in der Bezirksschule schon jedes Jahr einen astreinen Notenschnitt braucht, und für den Übertritt ans Gymnasium einen noch bessern, finde das noch recht sportlich, von 14/15jährigen zu erwarten, dass sie nicht nur wissen, was sie wirklich mal wollen, sondern auch für einen Plan B vorzudenken, für den Fall, dass die Noten nicht ganz reichen. Aber gut, bis Ostern müssen wir da jetzt mal nicht dran denken.)
Nachmittags dann: Shopping im Nachbarstädtchen. Der Hübsche hatte Friseurtermin, L. zu kleine Turnschuhe, Q. und ich kaputte Wanderschuhe, L. ausserdem Taschengeldausgabelust und so haben wir das alles erledigt. Ein Hoch auf den Einzelhandel: anscheinend wird "Lego Dimensions" entweder ad acta gelegt oder nur beim Müller ausgelistet, auf jeden Fall war Abverkauf und so hat L. sein Taschengeld in jede Menge Levelpacks investiert und ist högscht begeistert.
Ich bin verliebt in meine neuen Wanderschuhe (bei den Alten ist nach ... ich überlege..... der Wanderurlaub in Korsika 1999 war der letzte, in dem ich die VOR meinen aktuellen anhatte, also naja, so knapp 20 Jahren die Sohle abgefallen.), Q. hat die gleichen in der Männervariante und L. neue Turnschuhe, die der Hübsche (O-Ton) "gern in meiner Grösse gehabt hätte". Apropos Grösse: im Familienvergleich (vlnr Q., ich, L.) bin ich jetzt die mit den Babyfüssen.....
Wäre das auch geklärt.
Gegessen:
halbes Silsergipfeli, halbe Semmel mit Hummus
Burger (Test mit "Beyond Meat", die Kinder wussten von nix und haben vor Genuss gejuchzt) mit allem Tralalala und Süsskartoffelpommes
Gelesen:
Gletscherkrimi
Getragen:
Ringelshirt und Jeans und DIE BEQUEMSTEN WANDERSCHUHE EVER!
Gehört:
"Es ist unmöglich, dass Bundesrat Felber zu allen politischen Ereignissen gegenüber Journalisten Stellung nehmen kann. Schliesslich geschieht fast jeden Tag etwas Wichtiges." vom EDA (Eidgenössisches Departement für Aussenpolitik aka Aussenministerium) am 10.11.1989 im Namen von Bundesrat René Felber verfasst
sagt viel über das Selbstverständnis der Schweiz (damals?) aus.
Stressleveldurchschnitt gestern: 43
Selbstbweihräucherung: Q.s Lustlosigkeit dann irgendwann ignoriert respektive nicht persönlich genommen
*Es gab so einen Fragebogen, wo man für sich verschiedene Aussagen als wahr oder falsch ankreuzen sollte. Q. hat "Ich weiss, was mein Traumberuf ist" und "Ich habe mich schon entschieden, was ich später werden möchte" angekreuzt, weil, und ich weiss nicht, ob das naiv oder grossartig ist, "Mensch, Mami, wenn ich weiss, was mein Traumberuf ist, warum sollte ich mich für was anderes entscheiden?!"