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Mittwoch, Mai 17, 2017

Klonk

Meinem rechter oberer Schneidezahn fehlt seit über 17 Jahren eine kleine Ecke. Die habe ich mir in der Silvesternacht 1999/2000 mit einer Sektflasche abgeschlagen. Das ist ungefähr das Wildeste, was ich jemals in nicht ganz nüchternem Zustand gemacht habe. Wir waren zu dieser Zeit Diplomanden und haben in Schwabing gewohnt. Silvester haben wir mit der Truppe, mit der wir alles zusammen gemacht haben, bei einem Freund im Westend erst gemeinsam gekocht (und getrunken), dann sind wir zu Fuss (mit Getränken) Richtung offizielles Feuerwerk gewandert. Dort war dann alles so unglaublich voll, dass wir lieber mal eine Lücke zwischen den Prachtbauten gesucht haben, die nicht abgesperrt war und zack, auf einmal waren wir (und unsere Sektflaschen) auf der Seite der Absperrungen, auf der nur die Polizisten und das Feuerwerk waren. Erwachsen und vernünftig und überhaupt, wie ich jetzt halt, bin würde ich das und das Folgende heute nicht mehr machen, aber als die (in Anbetracht der eigentlich sehr angespannten Situation und überhaupt) sehr freundlichen Polizisten uns aufforderten, uns doch gefälligst hinter die Absperrung zu begeben, und nur weil der Durchschlupf, den wir gefunden hatten, beim Absperren vergessen worden wäre, hiesse das nicht, dass wir jetzt da auf dem freien Platz rumturnen könnten und überhaupt: Feuerwerk, hopp, marsch jetzt!, da (und ich frage mich immer noch, wie ich so betrunken gewesen sein konnte, das zu tun und gleichzeitig nicht betrunken genug, um das vergessen zu haben) habe ich einen der Polizisten fest umarmt, auf den Mund (oder die Wange? das weiss ich nicht mehr) geküsst, ihm ein wunderschönes Silvester und neues Jahrtausend gewünscht und das mit einem kräftigen Schluck aus meiner Sektflasche bekräftigt. Dabei war ich dann nicht so geschickt im Zielen und habe mir ebendiese Ecke aus dem Zahn geschlagen. (Der Rest des Abends war unspektakulär, wir haben uns zwar nicht hinter die Absperrung, sondern direkt davor gestellt, das Feuerwerk war mittel, die Böller, die in der zusammengequetschten Menschenmenge gezündet wurden, echt doof und danach hatte ich trotz damals jahrelangem Vegetariertum unglaublich Appetit auf ein Brathähnchen und der Hübsche (und die schon geschlossenen Buden auf der Feiermeile) weigerte sich, diesem Jieper nachzugeben, weil es mir am nächsten Tag sicher leid tun würde. Wir sind dann noch auf einer anderen Party gelandet, wo ich den ersten Red Bull meines Lebens getrunken habe, und danach war mir so unglaublich schlecht, dass das auch der einzige blieb. (Jajajaja, es lag bestimmt nur am Red Bull, ich weiss).

Nun ja, liebe Kinder, macht das alles nicht nach, aber das könnt ihr eh nicht, weil bevor es den nächsten Milleniumswechsel gibt, sind wir ja eh alle nur noch Sternenstaub. Oder so.

Auf jeden Fall musste ich gestern an diesen Abend denken, als ich mich vorbeugte, um meine Tasse "Lady Grey"-Tee an die Lippen zu führen und, ach, man weiss es nicht, gleichzeitig zur Seite schaute, weil der Hübsche irgendwas Witziges gesagt hatte, und zack, schon hatte ich mir mit der grossen Teetasse (die habe ich von meinen letzten Dollar-Scheinen gekauft, als ich in San Diego die Zelte nach meinem Forschungsaufenthalt dort abbrach. Die beiden dickwandigen Starbucks-Tassen und das seltsamfarbige Geschirr, das ich aus seltsamen Gründen im Fluggepäck mit nach Hause genommen habe, leben immer noch!) so blöd gegen genau den Zahn gedotzt, dass noch ein kleines Stückchen abgebrochen ist. Nicht schlimm, ich denke, in zwei, drei Monaten habe ich mich dran gewöhnt und laufe nicht mehr die ganze Zeit mit der Zungenspitze zwischen den Zähnen rum.

Tja. Auch wenn "Mit der Sektflasche nach Küssen eines fremden Mannes ausgeschlagen" recht cool klingt, bin ich doch froh, dass man das altersangemessen auch in der Variante "Auf dem Sofa beim Seriengucken mit dem Ehemann mit der Teetasse" hinbekommt.

1 Kommentar:

  1. Damals, in grauer Vorzeit erinnere ich mich auch noch an so ein oder zwei Handlungen, die ich mir heute gar nie nicht mehr machen würde.. was alohol (ja, das is richtig so geschrieben) alles so anrichtet.. Heidenei.. Allerdings hat mich ein Stück (vertretbare) Würde und nicht ein Stück Zahn gekostet ��

    Liebe Grüße
    Nicola

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