Heute allerdings: nicht so. Pünktlich zu Beginn der Mittagszeit (so gegen halb 12) ging auf einmal nichts mehr. Das Liftsteuersystem behauptete standhaft, die Lifte wären überlastet, man solle es doch später nochmal probieren. Mein Kollege und ich waren zu hungrig um zu warten, aber andererseits: zur Kantine geht es nur runter (18 Stockwerke), das ist ja schnell erledigt. Ich habe noch in weiser Voraussicht meine wunderschönen, aber nicht sooooooo hardcore staircaserunning kompatiblen dunkelblauen Wildlederpumps gegen flache Ballerinas * ausgetauscht, dummerweise (Schrittzählerchallenge!!!) das Handy auf dem Schreibtisch liegen lassen und wir haben uns schwungvoll auf den Weg nach unten gemacht.
Das Treppenhaus war viel bevölkerter als sonst, die meisten Leute noch guter Dinge (mal so unter uns: für Leute, die für normales Laufen** nicht eingeschränkt sind, mögen 18 Stockwerke viel klingen, aber runter ist das nun echt kein Hexenwerk, da wirds einem höchstens schwindlig.), wir haben lecker gegessen, kurz geschaut: Lifte gehen immer noch nicht, wir sind also ein Stockwerk nach oben gelaufen, haben einen Kaffee getrunken, aber irgendwann war nix mehr mit warten, weil ich einen Termin am anderen Standort hatte und nicht nur einmal quer durch die Stadt, sondern auch noch einmal rauf in mein Cubicle (und natürlich wieder ganz runter) musste, weil da noch mein Laptop und alles lag.
Die Lifte gingen immer noch nicht, also machten wir uns wieder auf den Weg nach oben und ja, 17 Stockwerke rauf, das ist schon ein bisschen anstrengend. Aber andererseits war das jetzt ja nun auch keine Notfallsituation, jeder von den Turmbewohnern konnte sich ja eigentlich ausrechnen, dass das nun nicht sooooo lang gehen würde, bis der Lift wieder laufen würde. Es gab ja nach wie vor Licht, frische Luft, Wasser, Kaffee, Tee, Snack-Automaten, funktionierende Toiletten und überhaupt die gesamte Infrastruktur, nur halt keine Lifte, im ganzen Turm. Im Treppenhaus herrschte eine sehr interessante Stimmung. Die meisten Leute reagierten mit kleinen Witzchen und blöden Kommentaren, je nach Laufrichtung mit mehr oder weniger Puste und roten Köpfen. Manche Leute machten auch keine Witze, sondern grimmige Gesichter, aber was mich echt erschütterte, waren Menschen, (also, nicht nur einer) die weinend, verschwitzt, panisch auf Treppenstufen sassen. (Ich fragte, ob ich helfen könnte, wurde aber schniefend weggewedelt) .
Es ist ja jetzt nicht so, dass irgendwie der Turm um uns rum abbrannte oder einstürzte oder irgendeine Art Notfall eingetreten war, die Lifte waren gerade mal für ... 40 Minuten ausgefallen. Vielleicht bin ich wirklich unsensibel (naja, what else is new? :-)), aber ich verstehe wirklich nicht, wie man dadurch so aufgelöst werden kann. (Klar, für lauftechnisch eingeschränkte Menschen war das schon wirklich doof, wir haben zwei Kollegen auf dem Stockwerk, die tatsächlich auf die Lifte angewiesen sind, aber für die kurze Zeit? Von denen hat auch keiner geweint.)
Nun ja. Oben angekommen habe ich also ein Glas Wasser getrunken, meine Sachen zusammengepackt (die praktischen Ballerinas grad angelassen) und mich wieder auf den Weg nach unten gemacht (angeblich wären die Lifte da mit Notstrom wieder gefahren, aber mit meinen Rollkragenproblemen fahre ich nicht 21 Stockwerke mit Notstrom im Lift.
Zum Cooldown noch ein kleiner 2.5km-Marsch durch die Stadt und schon zeigt sich, die Wochenend-Malaise ist vorbei.
Nach ca anderthalb Stunden kam dann die Entwarnung: die Lifte laufen wieder.
Ich persönlich (ich habe vermutlich zuviel "Homeland" oder so gesehen) vermute ja ein bisschen, dass das ein Testrun des Ereignisdienstes war, um die immer noch ausstehende Evakuierungsübung für den Elfenbeinturm für den Notfall besser planen zu können. Man kann jetzt schon sagen: es wird Tränen geben (wobei es dann ja eh nur runter gehen wird....).
* Für den Fall, dass ich mal in die Produktion muss (oder mich beim Mittagessen mit Sosse vollschlabbere oder so), habe ich ein komplettes Outfit, das den Sicherheitsrichtlinien entspricht, im Büro, also: lange Hose und passendes Oberteil. Dazu gehören natürlich dann Laborkittel, Anstosskappe und Sicherheitsschuhe, die Ballerinas habe ich eher für den Sommer und potentielle Blasen durch schönes, aber nicht ganz so lauftaugliches Schuhwerk im Büro. Ausserdem Strickjacke, frische Socken, Deo, Makeup-Notfallkit, Bürste, Haarwachs, Handcreme, Sonnencreme, Pflaster, Kopfschmerztabletten, Notfall-Studentenfutter, also: ich könnte vermutlich eine Zeitlang in meinem Cubicle überleben :-)
** im Schweizer Sinn, also: "gehen" für die Deutschen, das ist jetzt kein Witz. Deutsches "Laufen" heisst hier "Rennen" oder "Säckle")
** im Schweizer Sinn, also: "gehen" für die Deutschen, das ist jetzt kein Witz. Deutsches "Laufen" heisst hier "Rennen" oder "Säckle")
Besser auf der Treppe hocken und verschnaufen als mit dem Lift steckenbleiben und Platzangst bekommen oder zur Toilette müssen. Warum also die Panik dieser Menschen? Vermutlich nehmen die am Wochenende für 100 Meter zum Bäcker um frische Brötchen zu holen ihren Wagen.
AntwortenLöschenIch stelle mir gerade vor, dass da jemand wegen 5-Mark-Münze-großen Blasen an der Verse wegen Highheels weint :)
AntwortenLöschenDie letzten Jahre hatte ich einen Kollegen, der konnte nicht ins Treppenhaus wegen Höhenangst (4. Stock) und die tolle Sicht, die man bei uns hat(te, im damaligen Gebäude).
Die Frage ist natürlich, ob sie wegen des Lifts geweint hat oder es schlichtweg ein privates Problem gab, dass nun zeitgleich mit dem Liftproblem aufgetreten ist.
AntwortenLöschenDazu würde ich jetzt eher tendieren...
4 leute sitzen zeitgleich verschwitzt und heulend wegen privater probleme im treppenhaus, das so voll ist wie ein pendlerzug zur Rushhour? hmmmm
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