Datenschutzerklärung und Amazonpartnerlinks

Sonntag, April 30, 2017

Resilienz

Mittlerweile ist es fast 10 Jahre her, dass wir hier nach Suburbia gezogen sind. Nach unserem Umzug Mitte Mai haben wir interessiert beobachtet, was die Vorbesitzer im Garten so alles angepflanzt hatten: sehr viel verschiedene Sorten Minze, von denen nur eine gut schmeckt, Schilf, Bambus, Kletterrosen in rot und Weiss, Geissblatt in gelb, eine Zaubernuss, das alles im hinteren Teil des Gartens und Veilchen, einen protzig-kitschigen Rosenstock in pfirsichfarbenpink und einen Kletterrosenstrauch in weiss, der ungefähr 1 Tag lang blüht, aber unserem Eingangsbereich eine gewisse Dornräschenschloss-Optik verleiht.
Wir haben die scheussliche Minze ausgerupft, durch Salbei, Rosmarin (stimmt gar nicht, der war schon drin, aber auf den Originalstock ist uns beim Umzug das Sofa draufgefallen, deswegen mussten wir da Ersatz beschaffen. Für den Rosmarin. Das Sofa hat überlebt), Lavendel, Zitronenmelisse und ein paar Wurzelknollen der unglaublich schönen, schlichten dunkelroten Pfingstrosen aus dem Garten meines Elternhauses ersetzt.
Im Vorgarten haben wir den protzigen Rosenstrauch durch Ignorieren, despektierliche Äusserungen, inkompetenten Zuschnitt ("Ach, das geht schon noch weg, der packt das. Ups.") im Laufe einiger Jahre getötet, die Veilchen gehegt und gepflegt, durch wild gemischte Krokusse, Schneeglöckchen, Glockenblumen, Himmelsschlüssel, Tulpen in ... interessanten Farben, Zierlauch und Taglilien ergänzt. Was mir bei nahezu jedem Haustüröffnen ein Lächeln auf die Lippen zaubert, sind die Schwertlilien, die ich mit einer Uralt-Forenbekanntschaft gegen selbstgesiedete Seife getauscht habe. All das wird durch die Dornröschenrose und den grossen Fliederbusch eingerahmt und es klingt eigentlich wunder-, wunderschön.
Allerdings kämpfe ich seit eben diesen 10 Jahren gegen Windmühlen in Form von Legionen an .... in dieser Hinsicht erziehungsresistenen Nachbarskindern und -enkeln aus der ganzen Siedlung, die mit Stockkämpfen, Schwerthieben, Rollerrennen (DURCH MEIN BEET!), Ringkämpfen (IN MEINEM BEET!) seit 10 Jahren verhindern, dass auch nur eine einzige Schwertlilienknospe zum Blühen kommt. Ich bin beeindruckt, dass die Pflanze sich überhaupt noch die Mühe macht, Knospen zu treiben (der zickige Rosenstock hätte schon lang aufgegeben), wo doch jede einzelne (und auch die Tulpen, Taglilien und Zierlauchdinger) spätestens an dem Tag, wo sich die ersten Blütenblätter aus dem grünen Schutzmantel hervorwagen und ich mich den ganzen Arbeitstag insgeheim darauf freue, beim Heimkommen von einer wunerschönen Blüte begrüsst zu werden, abgeschlagen oder zermatscht werden.
Ich bin ... echt ratlos. Ich will ja weder (ich habe auch die Zeit dazu gar nicht) eine alte keifende Vettel sein, die hinter dem Küchenvorhang auf der Lauer liegt und die Übeltäter schimpfend und mit dem Wasserschlauch drohend vertreibt, noch möchte ich MEIN Beet mit einem hässlichen Stacheldrahtzaun oder Elektrozaun oder sonst irgendwas schützen, ich finde auch, dass Kinder ihre Kräfte ausprobieren müssen und Schwertkämpfe und Rollerrennen austragen können dürfen müssen. Wenn dabei einer mal in mein Beet fällt (und dummerweise auf die Tulpen anstatt den zickigen Rosenstock), dann bin ich die erste, die mit Pflaster und Trostgummibärchen zur Hilfe eilt. Aber wenn jedes Jahr eine neue Generation von Dreikäsehochs mit Schwung und mutwillig ihre Roller IN MEIN BEET wirft und die mit etwas Glück überlebenden Schwertlilienknospen dann mit dem Holzschwert abschlägt und auf dem Boden zertrampelt, dann bin ich wütend. Und ratlos.


Und so ertappe ich mich dabei, wie ich in der Küche Grillspiesse vorbereite und mit schmalen Augen die zwei Kinder, die vor unserem Küchenfenster auf dem Weg spielen, beobachte. Als der eine rückwärts Richtung Schwertlilie läuft und anfängt, die Blätter abzurupfen, hole ich tief Luft, reisse die Haustür auf und schreie aus vollem Hals: "Verschwindet, ihr Kackbratzen, es reicht jetzt, ich habe euch letzte Woche erst gesagt, dass ihr euren Roller nicht ins Beet schmeissen soll, jetzt lass Deine Dreckpfoten von meinen Pflanzen! Wenn Du was ausrupfen must, dann mach das in DEINEM GARTEN!" öffne ich behutsam die Haustür, gehe auf das Kind zu, gehe in die Hocke, löse seine kleinen verkrampften Hände von der Schwertlilienknospe und sage mit ruhiger Stimme: "Könntest Du bitte aufhören, die Pflanzen abzurupfen? Die würden superschön blühen, aber nur, wenn Du sie, wie ich Dir letzte Woche schon gesagt habe, in Ruhe lässt. Nicht abrupfen, nichts reinschmeissen, einfach in Ruhe lassen. Meinst Du, das klappt?"  Grosse Augen starren mich mit leerem Blick an, ich seufze, gehe zurück in die Küche und verabschiede mich innerlich auch für dieses Jahr von Schwertlilienblüten.

2 Kommentare:

  1. Oh ja, das klingt frustrierend!
    Wir haben unser Haus ja erst recht frisch und sind grade erst dabei alles herzurichten...
    Den schandfleck vorm Haus haben wir zu einem schönen beet mit frühblühern und Stauden verwandelt...
    Letzte Woche muss dann ein ausgewachsenes Exemplar Ihrer Gartenzerstörer hier gewesen sein...über Nacht waren plötzlich einige Ansammlungen osterglocken/narzissen mitsamt zwiebeln komplett verschwunden...
    Ich vermute Kinder hätten es auf die Straße geworfen oder Blätter nebst Erde auf dem weg zurück gelassen...tierspuren waren auch keine da...

    Ich drücke Ihnen die Daumen, dass Sie doch noch Blüten erleben werden!
    Liebe Grüße

    AntwortenLöschen
  2. Genau das ist der Grund, weshalb unser Vorgarten nur aus Rasen (und Klee, Löwenzahn und ein paar Disteln) besteht! Blühendes gibt es erst, wenn meine und sämtliche Nachbarskinder der Pubertät entwachsen sind und nicht mehr ihre Bälle, longboards, Fahrräder, Roller, etc. pp in unserem Vorgarten parken. Aber gut, das jüngste Kind ist sechs... sind ja nur noch ca 9 Jahre! Solange hat der Mährobotet eben Spaß! Dem machen Bälle, Räder und Roller nix, die umfährt er und Basta!

    AntwortenLöschen

Bitte benehmen Sie sich. Und bitte geben Sie mir keine Tipps, danke. Wenn Sie es doch tun, landet Ihr Kommentar im Spam.