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Donnerstag, Februar 09, 2017

Himmlische Ruhe

Ich bin ja Anfang des Jahres in ein Grossraumbüro in einem Grossraumhochhaus umgezogen. Ich hatte zwar seit Jahren schon kein Einzelbüro mehr (bei meinem allerersten Arbeitgeber hatte ich noch verschiedene Büros, die ich mir nur mit geerbten Riesenpflanzen und Unmengen geerbter voller Aktenordner und (sich erstaunlicherweise vermehrenden) Kryostaten teilte. Ab dann hatte ich immer Bürokollegen und das war nach einer kurzen Gewöhnungsphase sogar sehr angenehm. Klar, für laaaaaaange Telefonate oder Gespräche, die nicht alle was angehen, musste man sich ein ruhiges Plätzchen suchen, aber alles in allem: super.

Ich kannte vor meinem Umzug in den Elfenbeinturm Open Offices nur als mucksmäuschenstille Räume, wo man leise tippen muss, am besten auch leise atmen und klackernde Schuhe oder quietschende Bodenplatten sind sehr, sehr schwierig. Ich jedoch tippe (anscheinend, das wurde mir tatsächlich mal als Kritikpunkt mitgeteilt) laut, ich atme, manchmal, wenn ich dazu die Augen rolle, schnaufe ich sogar und alle meine Schuhe machen Lärm (und ich habe ja einen angeblich von einem Orthopädenbekannten unserer ehemaligen Nachbarin medizinisch allein durch akustische Diagnose durch eine Stockwerkdecke bestätigten Fersengang aka „scharfen Schritt“). Ich hatte also grösste Bedenken, das bad girl auf dem Stockwerk zu sein und nur noch schleichen zu dürfen.

Nun ja. Die Leute auf unserem Stockwerk jedoch .... sind ... kommunikativ. Sehr. Mit Leuten am Telefon, mit Leuten auf dem Stockwerk, mit sich selber, andauernd. Und ja, es stört mich. Sehr. Ich weiss mehr über die Essensvorlieben, Krankheitsgeschichten, Beziehungsprobleme, Schulprobleme meiner Büronachbarn und deren Eltern, Kinder, Nachbarn, entfernten Bekannten, als ich jemals zu träumen gewagt hätte. Anscheinend stört das ausser mir aber nur eine Handvoll anderer Leute, wir rollen gemeinsam Augen, seufzen (leise), setzen in fast schon eleganten synchronen Bewegungen die Kopfhörer auf, aber bisher haben wir es harmoniesüchtig vermieden, das anzusprechen. Der Moment, wo man das hätte vernünftig loswerden könnte, ist vermutlich auch schon eine Zeitlang vorbei. „Mich stört es seit 13 Monaten, dass Du beim Arbeiten pfeifst und mit dem Dokumentenleitsystem sprichst“. Schwierig. (Und vor manchen lauten Leuten hier habe ich echt Angst ...)

Nun ja. Eine Alternative ist natürlich, sich in die (eigentlich für die lauten Sachen gedachten) Quiet Booths zu verziehen, aber da kommt mir einerseits mein Problem mit abgeschlossenen kleinen Räumen in die Quere, zum anderen sind die Leute auf dem Stockwerk hier nicht nur kommunikativ, sondern auch unglaublich neugierig. Ein Aufenthalt in der quiet booth scheint wie ein blinkender Leuchtwegweiser „Achtung, da hat jemand Geheimnisse!!!!1!!“ zu wirken. (Wahrscheinlich wäre es am einfachsten, auf die jedesmal folgende Frage „Hast Du was zu verheimlichen oder warum gehst Du da rein?“ ehrlich zu antworten: „Ich kann mich bei Deinem Gebabbel nicht konzentrieren.“ Ich habe das letzte Mal gesagt: "Ich hab mit dem Tierarzt telefoniert und wusste nicht, dass Dich der Gesundheitszustand meiner Katze so sehr interessiert" und werde jetzt andauernd gefragt, wie es der Katze geht. Super übrigens.).

Also habe ich mir bisher mit Kopfhörern beholfen und entweder Musik oder, wenn ich mich wirklich 1500% konzentrieren muss, mit dem Ton von diversen stundenlangen Videos von einsamen Stränden. Das einzige, was mir einen Strich durch diese Rechnung macht, ist, dass ich von dem Arbeitsheadset Ohrmuschel-Weh bekomme, wenn ich ihn zu lange aufhabe. Von dem quietschbunten „Bitte sprich mich nicht an“-On Ears (Affiliate-Link) für die öffentlichen Verkehrsmittel tut mein abstehendes Ohr nicht so schnell weh, aber doch auch irgendwann. Die mit dem Smartphone kommenden In-Ears tun mir nicht aussen, sondern innen im Ohr weh, es ist also kompliziert.
Letzte Woche habe ich spontan dann active-noise-cancelling-In-ears (Affiliate-Link)bestellt (die auf dem --absolut lesenswerten-- Beauty-und-mehr-Blog „Der blasse Schimmer“ mal empfohlen wurden). Ich hätte sie eigentlich gern in türkis genommen, war aber nicht bereit, allein für die Wunschfarbe nochmal 30 Euro draufzulegen, jetzt sind sie halt pink. Ist insofern super, weil sie so niemand hier im Haus oder bei der Arbeit „zufällig“ für seine normalen Smartphone-Hörer halten kann, weil die Kinder sie (trotz „Es gibt keine Mädchen- oder Bubenfarben“) nicht einfach so mal ausprobieren werden.

Gestern also kamen sie und ich weiss nicht, warum ich damit so lang gewartet habe. Durch die verschieden grossen mitgelieferten Ohrnupsies passen sie perfekt und die noise-cancelling-Technologie ist .... magisch. Auch ohne Musik ist es .... als ob die Umgebung ausgeschaltet wäre. Erinnern Sie sich noch an „Deep Space Nine“, wo Benjamin Cisco immer wieder die Propheten im Wurmloch getroffen hat, in diesem unwirklichen weissen Raum ohne Schatten, Echo oder so? Gefühlt beamen mich meine pinken Kopfhörer da hin. Ein toller Arbeitsplatz. (Ich warte nur drauf, dass ich vor Schreck vom Stuhl falle und mich mit den pinken Kabeln stranguliere, wenn ich in meinem weissen, stillen mentalen Happyplace arbeite und mir jemand auf die Schulter tippt.)

5 Kommentare:

  1. Woah, schrecklich!!! Ich hatte mal eine Kollegin die auch den ganzen Tag mit Schatzi telefoniert hat: Schatzi das Katzenfutter steht oben links in der Küche, Schatzi nein, auf dem anderen Regal, Schatzi nein, geh mal in den Flur, aber Schatzi das hatten wir doch besprochen usw. Sie hat es auch nicht gestört, dass ja auch der Chef ihre ständigen Telefonate zumindest ansatzweise mitbekommen hat. Irgendwann ist mir der Kragen geplatzt und ich habe gesagt, sie möchte doch mit Schatzi nicht während der Arbeitszeit telefonieren und wenn dann in dringenden Fällen dazu raus gehen und Privates nicht im Büro besprechen. Daraufhin hat sie dann heulend das Büro verlassen und wenig später zum Glück gekündigt. Seitdem bin ICH die Doofe im Büro und werde immer augenzwinkernd gebeten, mit neuen Kollegen etwas milder zu kommunizieren ... wtf?!

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  2. Das geht bei mir schon mit ganz normalen in-ears so. Nachdem ich dann aus meiner Konzentrationskoma gerissen auch noch erschreckt aufquiekend den ganzen Open Space erschrecke haben die Kollegen sich jetzt angewöhnt immer von vorne auf mich zuzulaufen und wenn garnix hilft mit der Hand vor meinen Augen herumzuwedeln

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  3. Frau Bruellen, ich bin am verzweifeln.

    Auf der Suche nach neuen Kopfhörern suche ich den alten Blogpost der Skull-Kopfhörer. Wann war der? :D Die nette Suchmaschine ist mir keine Hilfe.

    Lieben Dank,

    Maria

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    1. @maria: voila http://bruellen.blogspot.ch/2016/01/eingependelt.html

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  4. Lieben Dank für die prompte Antwort :)

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