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Montag, Dezember 07, 2015

Mei, damals

An jedem meiner Geburtstage ruft meine Mutter an*, gratuliert mir und erzählt mir, wie das alles so war, damals vor 39 Jahren. Und zwar so:
"Also, es war der Nikolausabend 1976, genau für den Tag hatte der Frauenarzt den Entbindungstermin vorausgesagt **, wir sassen vor dem Fernseher und sahen einen Krimi an***, draussen fing es an, richtig fest zu schneien und mitten im Film ist meine Fruchtblase geplatzt. Wir haben erst noch überlegt, den Film fertig zu schauen****, aber dann ist uns eingefallen, wie weit wir noch fahren müssen, und dann sind wir doch direkt los. Es hat im Schneetreiben dann ewig gedauert, bis wir in Regensburg waren*****, und dann ach, so genau, weiss ich das auch nicht mehr, auf jeden Fall haben sie dich mit der Saugglocke geholt. Und dann, ich konnte mich gar nicht so richtig freuen, weil mir wurde auf einmal ganz kalt und niemand hat auf mich gehört, und, weisst Du, wir haben an dem Nachmittag noch Anisplätzchen gebacken, irgendwie hatte ich dann das Gefühl, dass die Wände von dem Zimmer alle voller Anisplätzchen sind, und die kommen immer näher auf mich zu und ich habe total Panik gekriegt und dann erinnere ich mich an nichts mehr. Ich bin erst zwei Stunden später wieder aufgewacht, da hat man mir dann erzählt, es hätte auf einmal angefangen, wie wild zu bluten und niemand hat sich was tun getraut, weil wir diese Spezialversicherung mit Chefarztbehandlung hatten und der war nicht da, und das ging dann alles relativ lang, bis der gnädige Herr aufgetaucht ist. Ganz verblutet bin ich dann doch nicht, aber Anisplätzchen, mit denen kannst mich jagen, die esse ich nie wieder.****** Naja, und als sie uns dann nach ein paar Tagen wieder heimgeschickt haben, da hast Du dann so Durchfall gekriegt, nix ist dringeblieben und nach vier Tagen sind wir dann mit Dir zum Kinderarzt, da mussten wir dann direkt wieder ins Krankenhaus, weil Du schon so ausgetrocknet warst . Im Nachhinein wird mir da immer noch ganz schwummrig. Damals habe ich das noch gar nicht richtig verstanden, wie knapp das alles war. Aber danach haben wirs dann eigentlich ganz gut hingekriegt."

Und nur mit dieser Geschichte ist mein Geburtstag ein richtiger Geburtstag. Ich habe für unsere Jungs diese Tradition übrigens beibehalten und sie fordern ihre Geburtsgeschichte mittlerweile auch mehr oder weniger jedes Jahr im gleichen Wortlaut ein. Ihre Geschichten sind zwar nicht nur wegen der Geburtstagsmonate August und März nicht ganz so "Damals, als im Winter noch die Wölfe bis nach Pasing reingekommen sind"-dramatisch, aber es muss ja nicht immer grad um Leben und Tod gehen ;-) (Meine Mama hat übrigens heute das Detail mit den Anisplätzchen weggelassen, ich denke, ich rufe nochmal an, damit wir das nochmal korrigieren können ;-))


 
*Wir sind immerhin soweit, dass sie das am Abend macht und nicht mehr morgens, wenn sie denkt, dass ich wach bin und/oder zu meiner Geburtszeit um 04:20h (was, ich gebe es zu, auch relativ häufig der Fall war, und nein, ich wundere mich nicht mehr, von wem meine Kinder ihre Schlaflosigkeit geerbt haben, aber heute nacht habe ich dank Sekt etc. geschlafen wie ein Stein und hätte um 4:20 nicht mal müdes Grunzen für die Geburtstagsgeschichte gehabt)
 
** Praktisch pünktlich von Geburt an!
 
*** Das fand ich als Kind unglaublich spannend, wo wir doch dann irgendwann ganz lang keine Fernseher mehr hatten!
 
****Schien mir als Kind total logisch, s. ***, da lässt man sich von einer beginnenden Geburt doch nicht den Film versauen.
 
***** Meine Eltern lebten damals in Allershausen und warum sie die knapp 100km (Google Maps sagt 49 Minuten, aber damals ging die Autobahn noch nicht durch, es schneite und sie hatten erstens einen klapprigen (gelben) kleinen Fiat und zweitens ein fast da-es Baby) nach Regensburg, wo die Eltern meines Vaters wohnten, ins Krankenhaus fuhren, anstatt in eines der ungefähr 50 näher gelegenen Krankenhäuser, das konnte mir bisher niemand sagen. Ob es daran lag, dass meine Grosseltern irgendwie irgendjemand kannten und  super fanden und deswegen das Krankenhaus am unbedingt besten war oder ob sie so eine Art "In die Stadt deiner Väter"-Volkszählung-von-Augustus-Reenactment vorhatten, ich finde es auf jeden Fall eine totale Schnapsidee. Aber gut. Ich hatte damals noch nix zu sagen.
 
******Man weiss jetzt im Nachhinein natürlich nicht, wie das Ganze objektiv abgelaufen ist, aber das klingt insgesamt schon so, als ob ein näheres Krankenhaus nicht nur wegen der Fahrerei die bessere Wahl gewesen wäre. Und for the record: ICH liebe Anisplätzchen.

7 Kommentare:

  1. Happy Birthday. Wackere Leistung von Allerhausen nach Regensburg mit Wehen. Auch ohne klapprigen Fiat und Schneetreiben.
    LG aus Amberg, wir hätten hier auch eine Gyn gehabt. 😀😀😀 und wenn damals die Autobahn....

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  2. Herzlichen Glückwunsch!

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  3. Glückwunsch! Jetzt musste ich doch echt schmunzeln. Ich: gleicher Jahrgang, aber vom März, auch per Saugglocke (gabs wahrscheinlich günstig in dem Jahr) in einem Hedwigs-Krankenhaus, 45 km vom Wohnort der Eltern mit geplatzter Blase um 4.30 geboren ... Sachen gibts ;-)

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  4. Sehr schöne Geschichte. Auch wenn ich bei Mutter-ruft-am-Geburtstagmorgen-an-und-erzählt-Geburt immer an den Anfang von City Slickers denken muss (da ist es die Billy-Crystal-Figur, die den Anruf bekommt).

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  5. Da gratuliere ich doch mal ganz herzlich !!!!
    Einen schönen Geburtstag !
    Meine Mutter erzählte mir übrigens immer, dass sie gerade noch den Koffer auf den Schrank werfen konnte, bevor ich nahezu aus ihr rausgefallen bin....

    Liebe Grüße, Claudi

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  6. Jetzt wo du's sagst: Meine Mutti hat mir dieses Jahr meine Geburtsgeschichte gar nicht komplett erzählt: Damals im November allein im zugigen Zimmer, während die Hebamme nur ab und zu von draußen rief, sie solle nicht so laut sein. Dann bin ich um Punkt Mitternacht geboren und sie durfte sich aussuchen, ob es der 19. oder 20. sein sollte. Es wurde der 20. (und offizielle Geburtszeit ist 0:05 Uhr), denn das war der errechnete Termin (und außerdem so schön rund).

    Außerdem hatte sie noch keinen Kinderwagen, denn die waren im November 1970 eben ausverkauft (sozialistische Planwirtschaft) und meine Oma hat dann auf abenteuerliche Weise einen besorgt.

    Jedenfalls nachträglich alles Gute zum Geburtstag!

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  7. Genau, im Dezember '76 war ich acht, der Winter brach relativ früh herein. Ich weiss noch gut, wie meine Schwester abends rief "es schneit", und wir hinausgestürzt sind.

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