Bisher war in unserem Haushalt Musik im Sonn von Musizieren ja eher ein Stiefkind. Ich habe selber zwar lang (sehr lang) und gern Klarinette (auch und besonders gern im Orchester) und Klavier gespielt, das Klavier ist mit uns ins jetzt gar nicht mehr neue Haus gezogen, aber ich spiele leider überhaupt nicht mehr.
Die Kinder haben relativ wenig Interesse an Musikinstrumenten gezeigt und mit einer Mischung aus schlechtem Gewissen (Sie machen ja schon keine Mandarinkurse, singen in keinem Chor und Kunstworkshops machen sie auch nicht, mit der Früh- und Mittelförderung wird das so nix) und Erleichterung (nicht noch was zum Organisieren) habe ich das hingenommen und die Kinderfreizeitaktivitäten waren auf Schwimmen, Unihockey und Pfadfinder beschränkt.
Jetzt ist Q. aber in der vierten Klasse und da beginnt bei uns in der Schule "JEKI" aka "Jedes Kind ein Instrument" und Q. ist in der Streicherklasse gelandet. Da landet man übrigens per Zufall (a-Klasse = Percussion, b = Streicher, c = Bläser) und hat dann nur noch die Wahl zwischen eben Musikinstrumenten dieser Sparten. Die Instrumentenmiete und der Unterricht wird von der Gemeinde übernommen.
Es gibt eine erstaunlich grosse Gruppe an Eltern, die das total doof findet, und zwar aus dem Grund: "Ein Kind zu einem Instrument zwingen und das dann auch noch benoten, das finde ich furchtbar. Ich habe meinem Kind gleich gesagt, von mir aus muss es nicht üben, wenn er dann deswegen schlechte Noten kriegt, dann bin ich aber ganz schnell bei der Schulleitung."
Ja, ne? Während ich den Teil mit "Das Kind hat keine Wahl, was die Instrumentenart angeht" noch halbwegs verstehe, hakt es beim zweiten Teil schon eher und beim dritten: Ja, ne, dann muss man sich auch nicht wundern, wenn das Kind auf einmal keine Lust zum Üben hat, oder? Den Zwang, zu etwas, was einem nicht liegt, sehe ich nicht ganz so dramatisch. Ich sehe es eher als Chance, dass Kinder etwas ausprobieren können. Wenn es ihnen keine Freude macht: geschenkt, nach drei Jahren ist das vorbei. Besser als die Kinder die an Malen, Gedichtinterpretation, binomischen Formeln, Leichtathletik, Thermodynamik, Grammatik, Shakespeare, dem natürlichen Habitat des Stichlings etc keine Freude haben, das müssen sie länger machen. Ich denke aber, dass eine Chance besteht, dass Kinder, die aus welchen Gründen auch immer, seien es die Eltern, die keine Draht zur Musik haben, die als Kind zum Üben gezwungen wurden und denen von Musiklehrern mit alten Lehrmethoden der Spass an der Musik ausgetrieben wurde, und die sich nicht vorstellen können, dass sich in den letzten 30 Jahren etwas geändert hat und ihre Kinder vor etwas behüten wollen, was es so überhaupt nicht mehr gibt*, sei es aus finanziellen Gründen, sei es aus peer group pressure, sei es wegen dem bei Neumond umgefallenen Sack Reis in China, sonst nie ein Instrument in die Hand genommen hätten, so die Liebe zum oder wenigstens ein Grundverständnis für und Freude am Musizieren entdecken. Im schlimmsten Fall sind es drei Jahre lang ein ungeliebtes Schulfach. Well. Da gibt es mehr, oder?
Anyway: Streicherklasse. Q. hat sich ein Cello gewünscht und bekommen. Bis letzten Dienstag haben sie v.a. praktische Voraussetzungen gelernt, wie "wie weit darf ich die Stachelschraube aufdrehen?", "Ich darf mich nicht aufs Cello setzen" "Bogen Entspannen heisst nicht, dass die Haare locker rumflattern", "Ich schmiere meinem Banknachbarn kein Kollophonium in die Haare", aber eben: Am Dienstag wurden die Instrumente ausgegeben. Little Q. ist so unendlich stolz und verliebt in sein Cello. Jeden Abend vor dem Schlafengehen wird immer nochmal das Cello vorgenommen, "Mami, nein, auf gar keinen Fall an den Wirbeln drehen, das hat der xy gemacht, dann ist erst der Steg rausgefallen, dann hat der Herr z. das repariert, dann hat er in die andere Richtung gedreht und dann ist eine Saite gerissen", im Pyjama sitzt er dann andächtig auf dem Dachboden und streicht auf den leeren Saiten. "Wenn man es gut macht, klingt es wie lautes Summen. Wenn es wie Husten klingt, ist es falsch."
Und ja, mir ist klar, dass eine Anfangseuphorie selten drei Jahre (oder länger) hält, aber es ist ein guter Anfang!
Unser Hauptproblem ist es aktuell eher, dass Little Q. in Zukunft dienstags Schulranzen, Sportzeug und eben das Cello in die Schule bringen muss und ich nicht genau weiss, wie das physisch gehen soll. Ich habe schon meine kleine Schwester, SME für Celli bei uns in der Familie, gefragt, wie sie das gemacht hat, damals als sie mindestens genauso bepackt in die Schule gefahren ist, aber vielleicht haben Sie ja eine Antwort für mich, bis sie sich meldet?
*Ich habe hier nie meine Meinung zu der unsäglichen Bundesjugendspielpetition und dem ganzen noch unsäglicheren Buhei drumrum kundgetan, aber wenn vermutlich können Sie sich die jetzt denken.
Geht evtl. schon Sportzeug einen Tag eher mitnehmen? und einen Tag später mit zurück, oder so?
AntwortenLöschenHabe aber keine Erfahrungen damit.
JEKI ist so toll... und diese ingoranten Eltern (Chance? umsonst? hallo?!) gehörten eigentlich mit dem Kopf voran in die große Trommel und feste druff ;-)
AntwortenLöschenWunderbar, dass Q. sein Instrument liebt.
Zum Transport: Es gibt gepolsterte Cello-Taschen mit Rucksackträgern, das ist sicherer als an der Hand (sieht witzig aus, so ein Cello auf Beinen :-) ) Die Schulsachen, wenn möglich, reduzieren und halt an dem Tag in eine Umhängetasche packen. Kann der Sportbeutel vielleicht schon am Tag vorher mitgenommen und in der Schule gelagert werden?
Viel, viel Freude weiterhin!
Anne (hier seit 5. Klasse Tuba auf Beinen, inzwischen 7 Jahre)
Tochter1 hatte ein Jahr Kontrabass auf der alten Schule (Musikgymnasium, nicht wirklich gewählt). Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass sie das regelmäßig mit der Bahn wuer durch die Stadt zerrt, sie hatte dann eins in der Schule und eins zuhause, weil man die Instrumente recht preisgünstig mieten kann. Wenn die Schule das mitmacht, wäre das vielleicht was?
AntwortenLöschenAls Alternative gibt es Trolleys dafür, wie die preislich sind und ob man die mieten kann, weiß ich allerdings nicht.
Hier habe ich übrigens nach etwa sechs Monaten das erste Musikstück erkannt, ab da hab ich es langsam gern gehört. Viel Spaß!
Ich wünschte, das wär hier auch so. Hier kostet ein Jahr Instrumentalunterricht 1'000.-, da überlegt man sich schon sehr gut, ob das Kind das wirkluch durchzieht und so. Die Grosse hat dann auch nach 1 Jahr Klavier geschmissen, nach 2 Jahren genau so teurer Theatergruppe mit Gitarre begonnen und da lassen wir sie seit 5 Jahren dran, langsam kommt die Freude....
AntwortenLöschenDer Mittlere will jetzt mit Saxophon starten, nur weil das niemand spielt, den er kennt... für mich ein noch zu dürftiges Argument. .ich würde ihn vor allem eher bei den Streichern sehn...aber jomei, wenn man halt mal ausprobieren könnte, ohne soviel auszugeben... schee wär's.
Zum Cellotransport:Turnbeutel an oder im Ranzen verstauen? Cello entweder über dem Ranzen im Rucksack tragen? Oder ginge das in der Hand? Ist bestimmt meeega umständlich!
Danke.
AntwortenLöschenMir haben 4 Jahre erzwungener Gitarrenunterricht auch nicht geschadet. Und auch nicht die Frustration zu erkennen, dass ich weder Taktgefühl haben noch es durch Singen ausgleichen kann.
Meine Argumentation für Eltern, die ihr Kind vor dem Schrecken der Musikwelt bewahren wollen: Du willst ein gut gebildetes Kind? Dazu gehört klassische Musik! Besser als Fugentheorie zu lernen ist doch das praktische Probieren! Und zweites Todschlagargument: Musik fördert das mathematische Denken ;-)
Aber eigentlich argumentiere ich nicht, schicke mein Kind zu den Bundesjugendspielen und und bin einfach eine ignorante Rabenmutter.
LG aus Mainz von Sabine
Hmm,
AntwortenLöschenich sehe hier am Bahnhof öfter mal Leute, die Cellikoffer rucksackartig tragen.
T. war in einer Bläserklasse und er fand es Horror. Und ganz ehrlich: Ich konnte ihn verstehen. Für lärmempfindliche Menschen sind 20 in ein Blasinstrument trötende Nicht-Könner echt ein Graus. Aber die Streicherklasse fand ich ganz okay. Das Prinzip, dass jedes Kind die Chance hat, ein Instrument zu lernen, finde ich aber grundsätzlich natürlich super.
AntwortenLöschenDer Hiesige trug sein Cello in einer weichen Cellotasche (Rucksack) auf dem Rücken, den Ranzen vorne und den Turnbeutel in der Hand. Vom Kind sah man nix mehr. Aber so ein 1/4-Cello ist ja nicht sooo gross und schwer, da ging das schon. Nachteil des weichen Rucksackes: das Cello ist nicht so gut geschützt wie in einem harten Koffer. Aber ween lil'Q sein Cello jetzt schon so liebt sehe ich da kein Problem.
AntwortenLöschenViel Spass dem Grossen mit diesem tollen Instrument.
Also ich finde es toll!
AntwortenLöschenMeine Tochter trällert auch ständig, was sie im Musikunterricht lernen und das in einer Lautstärke.... ein Nachbar fragte schon, warum sie soviel schreit (der Papa ihrer Freundin ^^)
ABER, sie hat Freude dran und wir üben, dass es nicht ganz so laut sein muss... ich befürchte aber auch, dass sie den Schulchor für sich entdeckt ^^ und Blockflöte will sie auch...wir werden sehen...
Aber das Geschleppe ist echt blöd... bei uns an der Schule hat jedes Kind einen Spind, da kann das Sportzeug auch einen Tag vorher deponiert werden und einen Tag später mit nach Hause genommen werden... bzw. ist es hier von Montag bis Freitag im Spind und geht am WOchenende zum waschen mit heim.
Aber selbst ranzen und cello finde ich noch ne ganz schöne schlepperei...
sonst frag mal in der schule, wie das die anderen eltern so handhaben...
Liebe Grüße!
Das wusste ich gar nicht, dass es das gibt. Wie cool :). Das bringt vielen Kindern sicher mehr als vieles andere was man in der Schule lernen muss. Bezahlt wird es auch noch, was will man mehr. Alle haben die gleichen Möglichkeiten, denn gerade Musikunterricht scheitert sicher auch oft am finanziellen oder aber daran, dass die Eltern eben auch kein Instrument spielen gelernt haben und ihrem Kind das dann auch gar nicht anbieten.
AntwortenLöschenIch habe klassisch mit Sopranblockflöte angefangen, dann Altblockflöte gespielt und zuletzt noch kurz Gitarre. Letzteres wäre das tollste der drei, ich hatte aber leider wenig Talent :D.
Cello ist eine tolle Wahl, sicher wunderschön wenn man's dann mal kann :D
Ich wäre froh, wenn es solche Angebote an deutschen Schulen geben würde. So haben wir 5 Jahre lang für den privaten Gitarrenunterricht des Ältesten monatlich über 80 € gezahlt. Der Jüngere war bis vor kurzem 4 Jahre im örtlichen Musikverein und spielt Trompete. Leider konnten wir ihn ein Jahr nach dem bestandenen D1 nicht mehr dazu bewegen, weiter zu machen. Was sicherlich auch der Tatsache geschuldet ist, dass er keinen gleichatrigen Jungen in der Kapelle hatte und zudem zuletzt der einzige Trompeter war. Dafür hat er nun zu den örtlichen Sportschützen gewechselt und räumt dort alles ab. Nebenbei ist er seit 7 Jahren engagierter Pfadi. Und Kampfsportler.
AntwortenLöschenFür K1 würde ich einen Cellorucksack empfehlen (hatten wir für die Gitarren auch) und für den Schulranzen einen Trolly. Den benutzten hier die Söhne auch während der Grundschulzeit.
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag.
Bettina S. -Cosimainlove-
Naja, das gibt es auch an deutschen Schulen.
AntwortenLöschenBei meinem Sohn ab der 1. Klasse. Nennt sich Instrumentenkarussell, weil man ein Jahr lang erstmal verschiedene Instrumente kennen lernen soll.
Ab der 2. Klasse wird sich dann für ein Instrument entschieden.
Das ist aber generell freiwillig und findet meistens in einer 6. Stunde statt.
Boah, das ist ja ein grandioses Angebot! Hier werden diverse Musikkurse als AG angeboten. Aber die Wartelisten sind lang und es kostet natürlich ordentlich. Auch die Instrumente müssen selbst angeschafft werden.
AntwortenLöschenDas Logistikproblem haben wir auch, ebenfalls Dienstags. Da müssen Ranzen, Schwimmtasche und Gitarre irgendwie zur Schule und zurück kommen. Wir machen's jetzt so, dass ich ihr die Schwimmtasche montags schon mitgebe und die dann in der Schule bleibt. Dienstags muss sie also nur Ranzen + Gitarre hinschleppen. Dann hole ich sie jetzt Dienstags immer von der Schule ab (sonst kommt sie auch oft zu Fuß) und helfe ihr auf dem Rückweg beim Tragen. "Normale" Sportsachen könnten ja auch über Nacht in der Schule bleiben und dann Mittwochs den Weg zurück antreten, aber die nassen Schwimmsachen müssen natürlich aufgehängt werden.