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Montag, August 18, 2014

Die Jugend von heute ist auch nicht mehr das, was sie früher mal war.

Obwohl: wahrscheinlich schon. Aber ich bin alt. Und müde und spiessig.
Aber der Reihe nach:
Little L. hat bisher ausser seinem Schwimmkurs keine ausserkindergärtlichen Aktivitäten. Ist ja nicht schlimm, er hat sich bisher nicht beklagt, nicht den Wunsch danach geäussert, aber erstens muss man ja als Eltern immer auf der Hut sein, es nicht allzu falsch zu machen und man glaubt es kaum, was später (und damit meine ich Jahrzehnte) noch an angeblichen ungerechten Behandlungen rausgekramt wird. Doch das würde zu weit führen, Little Q. geht ausser Schwimmen noch zum Kampfsport und zu den Pfadis.
Für die Pfadis ist Little L. noch zu klein, aber beim Kampfsport, da gibt es eine Kindergruppe, für die wäre er alt genug und Little Q. hat früher (TM) auch in dieser Gruppe trainiert, was es für den kleinen Bruder natürlich per se schon mal interessant macht. Ausserdem glaubt Little L., dass zwei seiner Kindergartenkollegen auch da hin gehen und mit denen, das würde sicher Spass machen.
Heute also war Schnuppertag angesagt. Beginn ist um fünf, ich habe dementsprechend heute morgen schon um 6:58h meinen Bürorechner hochgefahren, um ja Punkt viertel nach vier das Werksareal verlassen zu können. Um 10 vor fünf sind Little L. und ich also im Dojo aufgeschlagen. Er war sehr verwundert, dass er sich umziehen sollte, ich war sehr verwundert, dass er verwundert war. Beides klärte sich, als wir den Trainingsraum betraten, ich mich an den Rand setzte, er sich dazu setzte und auf mein "Äh, die Kinder stellen sich da vorne alle schon auf" meinte: "Du hast gesagt "Mal anschauen." Anschauen heisst nicht Mitmachen, beim Anschauen sitzt man."
Gut, ich kenne meinen Sohn mittlerweile, wenn er das so sieht, dann ist das so, wenn ich ihn dann sanft oder nicht sanft dränge, mitzumachen, dann gibt das nix Gutes.
Wir sassen also am Rand, im Trainingsraum tobten 8 Kinder, Kindergartenkollegen sind keine da, am Rand sassen insgesamt 10 Elternteile. Ich dachte mir noch: "Schau an, Schuljahresanfang, lauter neue Kinder, alle kommen zum Schnuppern, das wird ja ein Chaos geben." Ich lag nicht ganz falsch, die Kinder waren aber nicht neu. Warum man am (sehr) frühen Abend sein Kind (zum Teil auch zu zweit) IN eine Trainingsstunde begleitet, das erschliesst sich mir nicht, aber das muss es ja auch nicht. Ich habe bei sowas eher den Plan, ein, zwei, drei Mal zum Schnuppern und Rückenstärken mitkommen, dann bringe und hole ich das Kind, bis es alt genug zum Alleinlaufen ist, aber das kann ja jeder machen, wie er will.
Nun denn, Little L kuschelte sich in Sportkleidung auf meinen Schoss und schaute zu, wie die Kinder zum Aufwärmen Sitzball spielten. Immerhin ein anderer Junge war auch noch zum ersten Mal da und kannte die Regeln noch nicht. Ein anderer Junge, ich nenne ihn hier mal Winston, so hiess er zwar nicht, aber der Name passt ziemlich gut in die Schublade in meinem Kopf, in der auch der echte Name ist, warf dem neuen Jungen den Ball mitten auf den Rücken. Der guckte verdutzt und Little L. schmunzelte. Der neue Junge reagierte nicht und Winston nahm den Ball noch einmal und pfefferte ihn dem neuen Jungen mitten ins Gesicht. Der neue Junge begann zu weinen, setzte sich auch zu seiner Mutter an den Rand und Little L. schmunzelte nicht mehr, sondern kuschelte sich noch ein bisschen fester an mich.
Die Stunde nahm also ihren Lauf, die Kinder stellten sich in einer Reihe auf, Winston stellte sich neben seinen Freund Justin (Name: s.o.), gab ihm erst mal eine Kopfnuss, dann wurde auf japanisch gezählt. Es wurde sich aufgewärmt, Winston, Justin und Marvin (s.o.) machten sich einen Spass daraus, extra schmerzhaft an den eigenen und fremden Extremitäten zu reissen.
Little L. rückt sich zurecht und meint: "Mami, wie lange muss ich zuschauen?" Wir haben uns mit Little Q. zum Stundenende verabredet, also "Schon noch ein bisschen, noch haben sie ja gar nicht richtig angefangen"
Es ging weiter mit Selbstverteidigung. Der eine packt den anderen an den Schultern, Hand hoch, drehen, einklemmen, wegschubsen ("Aber vorsichtig!") Schritt zurück, Üben in Zweiergruppen.
Die Mädchen machen das untereinander, Justin würgt Marvin, der hautihm mit dem Ellbogen auf die Nase und schubst ihn an die Wand. Die Trainer gehen dazwischen "Das macht man aber nicht als Kampfsportler".
Nächste Übung, die Gruppen werden neu gemischt. Ein bisher unauffälliger (oder gerade deshalb auffälliger ;-)) Junge ruft "Ich will aber auf keinen Fall mit dem Winston." Die Trainer verstehen das falsch und stecken ihn und Winston zusammen. Aufgabe: der eine hält den anderen am Kopf, der muss sich befreien. Winston packt mit beiden Händen büschelweise Haare des anderen Jungen, der natürlich jetzt nicht mehr so richtig Lust hat, die Hände seines Kontrahenten mit Schwung von seinem Kopf zu drücken.
Little L. rückt sich unbehaglich auf meinem Schoss zurecht. "Mami, ist es noch lang, bis Q. kommt? Ich glaube, ich habe genug zugeschaut und will lieber doch kein Kampfsport machen". Ich finde das eine sehr vernünftige Einschätzung und nach dem abschliessenden Fangis-Spiel schauen wir, dass wir rauskommen. Draussen wartet Winstons Mutter (und, es ist schon fast unglaubwürdig, wie perfekt alle Klischees bedient werden, von den 7cm Ansatz bei der weissgelben Blondierung über das glitzrige Handycase und die grossflächig tätowierten Kinderporträts bis zum Hund. Wobei da ein Pitbull noch einen Tacken besser gepasst hätte als die Bulldogge, aber das sind natürlich nur meine Vorurteile.) und fragt allen Ernstes: "Und, waren sie anständig?" Ich beschliesse, dass diese Frage nicht an mich gerichtet ist, sondern an Eltern, die das schon länger kennen und deshalb vielleicht im Kontext besser beurteilen können. Die kommen auch zu der Einschätzung "Doch, war gut." Dann halt.

Little Q. wartet gsd schon auf uns, auf dem Heimweg fragt Little L., ob er wirklich dreimal schnuppern gehen muss, er wäre sich ziemlich sicher, dass er da wirklich nicht hinmöchte und er ausserdem bei genauerer Überlegung doch auch glaubt, dass seien Kindergartenfreunde vielleicht doch gesagt haben, dass sie beim Unihockey wären, vielleicht wäre es da besser. Oder beim Fussball. Oder vielleicht sogar im Chor.

Bleiben Sie also dran, bis es bald (wenn ich weiss, wo und wann das trainiert wird) heisst: wir schnuppern Unihockey. Oder Fussball. Oder Chor.

7 Kommentare:

  1. Winston ist bestimmt so ein Kind, bei dem es hiess "schicken Sie ihn zum Kampfsport, dort lernt er Regeln"
    Ich glaube, ich muss diesen Blogeintrag meiner Kollegin zeigen, die meinte, unser ADHS-Kind (bei diesem kenne ich die Diagnose zufällig) in der Bibliothek "sollte Fussball im Verein spielen, damit er sich austoben kann". Äh ja... oder lieber nein...
    OT: in letzter Zeit liegen oft Werbeblöcke genau über dem "Testbild", dessen Text man eingeben soll.

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  2. Korrektur: das war keine Werbung, das war tatsächlich der Kontrolltext...

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  3. Kampfsport ist eigentlich toll für Kinder. Schade dass das so gelaufen ist. :( Normalerweise sollte da ein Trainer draufschauen und mit mehr Nachdruck dazwischen gehen. So ist es zumindest bei uns...

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  4. Horror! Little L ist ja so vernünftig, ich hätte genauso entschieden.
    Ist das die Schule in der dein Mann unterrichtet? ;)

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  5. @schwarzpunzel: ja, finde ich auch (Q. macht es in der gleichen Schule sehr Spass, mein Mann macht das ja auch, aber so, das ist nix).
    @sabigleinchen: nein, das ist die bei uns im Ort, der Mann ist in der "Grossstadt".

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  6. @sabigleinchen: In unserer Schule herrscht Zucht und Ordnung, auch für Kevin, Sören und Jaqueline...
    Nein, im Ernst, wir bieten kein Kindertraining an, weil ich unsere Techniken ehrlicherweise nicht auf dem Schulhof wiederfinden will und ich ausserdem selbst nicht diesen Zenmeister-Level erreicht habe um eine Rasselbande unter Kontrolle zu halten und ihnen gleichzeitig noch etwas Vernünftiges beizubringen...
    Deshalb grössten Respekt vor den Leuten, die das erfolgreich machen (wie z.B. die Lehrer von Little Q).

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  7. Köstlich geschrieben, wenn auch irgendwie traurig. Erinnert mich an die Zeit mit meinen kleinen Mäusen vor 20 Jahren. Da hießen die Kinder nur anderst. Und ich fands immer verwunderlich, wie sich Vorurteile immer wieder bestätigt haben. Allerdings verwächst sich ja auch viel. Und wenn ich heute so manche "unmögliche" Kinder vondamals wieder sehe, dann muß ich sagen:" Hat sich doch noch ganz gut verwachsen."

    Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt ;-) Und Dein kleiner Mann machts richtig. Top

    LG Ulli
    Alias Smutje Rosa

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