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Mittwoch, Dezember 18, 2013

Drei Jahre später

Heute morgen wollte ich Little L. aufwecken und stand vor einem leeren Bett. Nach dem ersten Schreck machte ich mich auf die Suche und alles war nur ein Missverständnis, weil er gleichzeitig vor meinem leeren Bett stand und genau das gleiche, nämlich „Höh?“, dachte.
Und ja, heute bin ich ganz besonders dankbar dafür, dass ich diesen grossen kleinen Mann nur kurzfristig verloren glauben musste und er sonst so präsent in unserem Leben ist, wie es eben nur unsere 200%-Kinder sind.
Heute ist nicht nur ein ganz normaler Mittwoch in der letzten Schulwoche vor Weihnachten, an dem auch noch die Generalprobe für die Weihnachtsaufführung stattfindet, nein, es ist auch der dritte Jahrestag eines der schwärzesten Tage meines Mutterseins.
Vor drei Jahren (auch da wäre am Abend Weihnachtsaufführung gewesen) fuhr ich mit den beiden Jungs im Schneematschtreiben mit dem Bus zum Kinderarzt, weil beide husten und schnupften und Little L. über Nacht leicht zu fiebern begonnen hatte. Kurz vor dem Wochenende (der Kinderdoc wird diese Begründung kennen) wollte ich da doch noch den Kinderarzt drauf schauen lassen.
Was dann kam, wissen Sie: Notaufnahme im Kinderspital, Auflauf der Kinderkardiologen, lauter fehlgeschlagene Versuche, das kleine Herz wieder in einen normalen Rhythmus zu kriegen, Krankenwagentransport ins andere Kinderspital, das mit der Intensivstation, Elektrokonversion, Überwachung, heim. Das Ganze gefolgt von „Ups, das kommt ja jetzt immer wieder“, Betablockern (auch das schön: Nebenwirkungen: evtl. Kammerflimmern) unter Überwachung, Ausreizen der Maximaldosis, immer noch keine zuverlässige Wirkung, Gedankenspiele über eine Herzoperation an einem Zweijährigen oder die Gabe von Medikamenten, die vermutlich sein Herz in Ordnung gebracht hätten, dafür aber die Augen (grauer Star mit zwei? Fuck yeah.) und die Schilddrüse für immer zerstört hätten, dann noch ein Quäntchen Betablocker auf die absolute Maximaldosis obendrauf und zack: es funktioniert. Danach dann der eigentlich einfache Teil: dem in dieser Hinsicht erstaunlich kooperativen Kind die in der Apotheke extra auf Kinderdosierung runtergemischten Kapseln dem Körpergewicht angepasst verabreichen, d.h. immer mit Spritze und Schnapsglas unterwegs (die Standardfrage bei Auswärtsübernachtungen beim Frühstück: „Habt ihr einen Eierbecher? Oder ein Schnapsglas? Fürs Kind“), morgens und abends und immer, wenn man unsicher ist, das Herz abhören, alle drei Monate zur Kontrolle in die Kinderkardiologie, und erstmal aufatmen, weil die Zeit bis zum vierten Geburtstag, wo eine Katheteroperation zum Standard gehören würde (Ha. Ha. Ha.) so überbrückt werden kann. Dann nach einem Jahr statt Operation Betablocker ausschleichen, weil alles so gut aussieht. Das ist zwar dann für einen Monat nicht so schön (Entzugserscheinungen wie Halluzinationen, Schlafwandeln, Alpträume), aber hey: eigentlich Kindergeburtstag im Vergleich zu „Keine Ahnung, was Ihr Kind hat, aber das Video ist toll, kann ich das auf einem Kongress zeigen?“
Nach nunmehr anderthalb Jahren ganz ohne Betablocker und, soweit wir das sagen können, auch ganz ohne weiteres Herzflattern waren wir letzte Woche zu der, wie wir dachten, allerletzten Abschlusskontrolle in der Kinderkardiologie. Es sieht soweit alles grossartig aus und es scheint das eingetreten zu sein, was ich vor drei Jahren als Beschwichtigung der kurz vor dem Zusammenklappen stehenden Eltern angesehen hatte: Neben: „Das kann man super operieren, das ist medikamentös vermutlich gut in den Griff zu bekommen, man kann gut auch sein Leben lang Betablocker nehmen“ hiess es nämlich in einem Nebensatz auch „Oder das Ganze verwächst sich einfach.“
Das scheint nun passiert zu sein, und ich finde es jetzt auch nicht schlimm, dass der Kardiologe, der Little L. jetzt übernommen hat, weil seine ursprüngliche Ärztin in Pension geht, lieber von „weiter grobmaschig kontrollieren“ redet als von „So, abgeschlossen, fertig, Sie müssen nie wieder kommen.“
Da Little L. insofern untypisch ist, dass er bumperlgesund auf die Welt kam und nicht schon als Neugeborener mit Herzproblemen eingeliefert wurde, möchte man sich absichern und ihn doch alle heilige Zeit wieder sehen, das Herz kontrollieren und ein 24h EKG machen. Das findet Little L. nun zwar gar nicht mehr toll, aber ich finde, das werden wir irgendwie hinkriegen.



Ich hätte vor drei Jahren niemals gedacht, dass wir das alles so unbeschadet überstehen würden. Ich hätte nie gedacht, dass wir Little L. ohne unterschwellige Angst ansehen können würden, dass wir wieder ohne Stethoskop und Notfallbetablocker in den Urlaub fahren würden (okay, das haben wir bisher noch nicht gemacht, vielleicht lassen wir das nächsten Sommer daheim ;-)), dass man über so eine Zeit auch wieder hinwegkommt.
Und so bin ich überhaupt (und heute ganz besonders) unendlich dankbar für meine zwei gesunden Kinder und dafür, dass wir diese Zeit hinter uns gebracht haben.

10 Kommentare:

  1. Ja als Mama bleiben auch solche Zeiten immer irgendwie present.
    Aber man darf so froh und dankbar sein,dass vieles sich zum Guten wendet und dann sag auch ich ,ein Hoch auf die moderne Medizin.
    Liebe vorweihnachtliche Grüße aus der Pfalz.
    Petra

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  2. Ach Frau Brüllen - ich habe nen Tränchen im Augenwinkel und schicke eine Umarmung. <3

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  3. Das kann ich so gut nachvollziehen! Hach ich hab Gänsehaut und echt Tränen in den Augen, weil ich mir so gut vorstellen kann wie es den Eltern und dem Kind dabei geht. Ich freue mich wirklich sehr für Euch, dass es nun so ist, wie es ist!!

    <3

    Lieben Gruß, Isabella

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  4. Ich wünsche Euch, dass es gut bleibt!

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  5. Jetzt musste ich doch mal schlucken. Ich freu' mich so doll für Euch, dass alles in Ordnung ist mit dem Kleinen. Ich schick' Dir einen dicken Drücker - und jetzt bitte Weihnachtszeit genießen :D.

    Aber sag mal, seine Haare sehen so dunkel aus auf dem Bild. Ich hab ihn doch viiiiel blonder in Erinnerung?

    LG
    Bianka

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  6. ich auch - und so viele positive Gedanken können nur Gutes bewirken.

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  7. Als Herzchenmama kann ich das mehr als gut nachvollziehen, diese Erleichterung!!! Wir wechseln grade von halbjährlicher Kontrolle zur engmaschigeren, 3-monatlicher Kontrolle :-( Ich freu mich SEHR mit Ihnen und hoffe und wünsche für Euch alle, daß sich das nun wirklich völlig verwachsen hat! Genießen Sie ihre 200%-Jungs!

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  8. Wir freuen uns für euch :) Was ist schon wichtiger, als ein gesundes Kind zu haben bzw. auf dem besten Weg dorthin zu sein ?
    Alles Gute für Euch und besonders Litte L. ;)

    LG
    Stefanie

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  9. meinen kommentar hat es scheinbar geschluckt. deshalb nochmal:

    ich freu mich mit euch und kann so gut mitfühlen. hier nicht das herz, sondern die lunge.

    inszwischen bei einem tollen arzt und das ist schon richtig viel wert. ich hör nur noch manchmal im schlaf den alarm der zu geringen sättigung......

    fühl dich mal unbekannterweise umarmt!

    steffi

    btw: ich dachte schoki in die schweiz ist wie eulen nach athen, aber wenn das jeder denkt, dann kommst du ja nie zu was ;-) ich wünsch euch frohe weihnachten!!!!

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