Donnerstag, September 01, 2016

Bekannt aus Film, Funk* und Fernsehen

Früher, als es noch Papierzeitungen gab , habe ich bei uns daheim immer begeistert die „Vermischten Anzeigen“ in der Süddeutschen gelesen. Ich habe mich immer gefragt (und frage mich heute noch), ob jemals jemand, der via solche Anzeige jemanden gesucht hat, weil ihm im Interregio von Moosburg nach Regensburg die strahlend blauen Augen von der hübschen brünetten jungen Schönheit im Abteil 17 so aufgefallen sind, erfolgreich war.
Aber auch sonst gab es dort grossartige Dinge zu entdecken, zum Beispiel habe ich in der 9. Klasse oder so, als dort eine „Familie, die ohne Fernseher lebt“ gesucht wurde, uns alle einfach mal gemeldet und so einen Drehtag für „TV, TV“ bei uns daheim organisiert. Das war wohl irgendein Format auf Premiere und die Schnipsel von einem Tag Drehen bei uns wurden dann mit unter anderem Hape Kerkeling zusammengeschnitten (oder so, wir hatten ja keinen Fernseher, deswegen weiss ich das nicht soooo genau). Ich hoffe schwer, dass das nirgends auf Youtube oder sonst in den Tiefen des Netzes zu finden ist, ich habe über 10 Jahre gebraucht, um zB dem Hübschen das Machwerk, in dem ich mit grauenvoller Brille, voll verpickelt und mit Zahnspange vor meinem grossformatigen Sammelbestellungssonnenuntergangsposter erkläre, dass ich gar kein Problem damit habe, wenn die anderen in der Schule über Beverly Hills 90210 reden und ich keine Ahnung hab und dass ich deswegen überhaupt nicht uncool wäre. (Sagen wir es mal so: das allein war nicht der Grund)
Nachdem das dann so ein Bombenerfolg war (ich sag nur: 12h Dreh, mit blauen Scheinwerfern zum Fenster rein, als wir dort total Rama-mässig zu Abend gegessen haben, Dreh-Team beim Ballett, beim Leichtathletik- und Trampolintraining, beim Klarinettenüben und halt nicht Fernsehen), habe ich sofort Blut geleckt, als ein ungefähr 8 Jahre altes blondes Mädchen für einen Kinofilm gesucht wurde. Ich weiss es nicht genau, wie ich meine Eltern dazu bekommen habe, meine kleinste Schwester allein mit der Familienkutsche nach München mitnehmen und dort bei dem Kindercasting vorstellen zu dürfen. Es war dort ziemlich genau so, wie man das aus den einschlägigen Reportagen kennt, lauter hochambitionierte Eltern mit aufgerüschten kleinen Blondinen, die schon ein Portfolio von Katalogfotos und Profiaufnahmen hatten. Und ich mit meiner kleinen Schwester. Als wir dann dran waren und in dem Raum mit .. keine Ahnung, den Castingleuten waren, wurde es dann sehr skurril. Meine kleine Schwester sagte kein Wort, nicht mal ihren Namen. Sie reagierte auch gar nicht, ausser irgendwann auf die Frage: „Willst Du vielleicht ene Milchschnitte?“, da nickte sie dann ganz schnell, schnappte sich die Milchschnitte und verdrückte sie schweigend.
Erstaunlicherweise erinnere ich mich nicht daran, dass die Castingleute ob dieses Schusses in den Ofen irgendwie auch nur ansatzweise genervt reagiert hätten, aber vielleicht war mir damals auch einfach noch nix peinlich. Ich habe meiner Schwester erklärt, dass das so halt echt nix mit dem Ruhm werden würde, aber das war ihr ziemlich wurscht, sie hatte ja eine Milchschnitte bekommen.
Der Film, um den es gegangen wäre, war übrigens „Jenseits der Stille“ und ich sag mal so: wenn die Handlung ein bisschen anders gewesen wäre, und das Kind taubstumm gewesen wäre, nicht die Eltern, dann wäre das Casting ganz anders ausgegangen und ich wäre die Schwester eines Kinderstars.


*Funk: ha, da fällt mir ein, dass ich aus irgendeinem Grund mal während der Doktorarbeit von Radio Arabella als Fachexperte zum Thema Zinnbelastung in Fussballtrikots interviewt wurde. Das wurde aber nie gesendet, weil ich mich högscht unprofessionell über die Fragen totgelacht habe, weil meine Laborkollegen mir Fratzen geschnitten haben.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich dachte, wenn man in München in der Chemie promoviert, kommt immer Galileo vorbei und fragt einen nach seiner Expertenmeinung.

kaltmamsell hat gesagt…

BUAHAHAHA! Das sind ja großartige Geschichten! Von fernsehlose Familie im Fernsehen über Kinderstaragentin bis Chemieexpertin!

Brigitte hat gesagt…

Frau-Chemie-Promotion =Alleinstellungsmerkmal? Aber da ich im Momemt stark mit Gender-Fragen beschäftigt bin, eim heftiger Applaus!

Anonym hat gesagt…

tolle geschichten, wunderbar erzählt, dankeschön!
iris