Montag, Februar 02, 2015

20 Kg leichter

Wenn die Waage richtig gut wäre, würde sie ab heute ca 20 kg weniger anzeigen. Um soviel fühle ich mich ungefähr erleichtert nach dem Einschulungsgespräch heute.
Dazu muss man sagen, dass ich überhaupt und im allgemeinen dazu tendiere, heikle, schwierige, unangenehme Gespräche in Gedanken schon vorab zu führen. Immer und immer wieder. Und mein Gesprächspartner im Kopf kommt auf so viele Argumente und Ideen, auf die ich dann eben im Voraus schon Gegenargumente und Begründungen, warum das keine so guten Ideen sind vorbereite, dass mich in dem realen Gespräch dann eigentlich nichts mehr überraschen kann. (Ich mache das auch bei Auseinandersetzungen und Diskussionen mit dem Hübschen so, der dann gar nicht so recht weiss, wie ihm geschieht, wenn ich dann anfange real zu diskutieren, weil ich schon so einen Hals auf den Hübschen in meinem Kopf habe, der ein und dasselbe Thema mit so vielen verschiedenen Ansätzen mit mir durchdiskutiert hat, von denen der reale Hübsche gar nichts weiss.)

Also: aus Gründen ("persistente frühkindliche Reflexe" wurden diagnostiziert, es wurde uns nahegelegt, Little L. psychomotirisch abklären zu lassen, weil er sich schlecht konzentrieren könne) hatte ich das Gefühl, Little L.s Kindergärtnerin würde uns heute entweder sagen, dass Little L. noch ein drittes Jahr in den Kindergarten gehen solle oder aber, dass er nicht in die Regelklasse, sondern in die Einschulungsklasse, in der der Erstklassstoff auf zwei Jahre verteilt wird, eingeschult würde.
In meinem Kopf habe ich das seit Anfang Dezember mit den verschiedensten Argumentationsstrategien ausdiskutiert ("Er ist fünf, da muss man noch nicht stundenlang stillsitzen, er buchstabiert, er rechnet, er schreibt, er will unbedingt lesen lernen, mag sein, dass mann in der EK gezielter fördern kann, aber wenn es so langsam geht, ist er überhaupt nicht gefordert und lernt nie vorwärts zu machen, er ist fünf, mag sein, dass er der Jüngste im Kindergarten ist, aber in der Schule wird eh individuell gefördert und gefordert, das sehen wir beim Grossen auch, der konnte btw. noch viel weniger stillsitzen und hat in der Schule überhaupt keine Probleme, er ist FÜNF!!!!"), ich habe mich über Einspruchsmöglichkeiten informiert, nachgelesen, wie und wo man Beschwerde gegen den Entscheid einlegen kann, mich bei anderen Eltern über den Verlauf der Einschulungsgespräche erkundigt, ich habe gestern bei "The Avengers" genau beobachtet, wie Dr. Banner das mit dem zum Hulk werden macht,  naja, sowas. Über Monate.
Heute war es dann also soweit, vor uns war ein Elternpaar dran, das offensichtlich mit dem Entscheid überhaupt nicht glücklich war, und dann sassen wir auf den winzigen Stühlchen, vor uns das Zeugnis, die Kindergärtnerin hatte einen detaillierten Bogen vor sich, mit noch mehr Kreuzchen, und ich bildete mir ein, viele Kreuze am ganz rechten (schlechten?) Rand zu sehen, ich war total zittrig und aufgeregt, und dann ging es also los, es wurde in aller Ruhe jedes einzelne Zeugniskreuz besprochen, ich war die ganze Zeit bereit, loszukrähen: "Das stimmt alles nicht, Little L. ist total selbst-, sozial- und sachkompetent!" und so unter Strom und in Erwartung wenigstens eines einzigen Argumentes, das ich dank meiner virtuellen Diskussionen mittlerweile meisterhaft entkräften hätte können, dass ich tatsächlich bis kurz vor Schluss brauchte, um zu realisieren, dass es in dem ganzen Gespräch überhaupt nicht darum ging, Little L. in eine defizitäre, therapiebedürftige Schublade zu stecken, sondern mehr oder weniger ein Loblied auf unseren ruhigen, (ein bisschen faulen, wenn es ihn nicht interessiert), abwartenden, aufgeschlossenen, klugen Sohn war, das mit "Und alles andere als die normale erste Klasse würde aus meiner Sicht keinen Sinn machen, wir wollen ihn ja nicht unterfordern" endete.
Mhmm. Da habe ich glatt das Geniessen verpasst. Und ja, ich muss der Kindergärtnerin ein bisschen Abbitte leisten für all die Diskussionen, die ich mit ihrer Projektion in meinem Kopf geführt habe. Und nein, ich nehme mir nicht vor, mir un Zukunft nicht so einen Kopf zu machen, weil: ich bin ich, das wäre ja schon unrealistisch.

In diesem Sinne:

4 Kommentare:

sabigleinchen hat gesagt…

Alles andere hätte mich ja gewundert :).
Da hast du das Leiden jetzt schon ein wenig verdient resp. dir selber zuzuschreiben. Aber ich sehe, du weisst das ja :). Hauptsache alles ist gut und der Einschulung steht nichts im Wege. Wahnsinn, dass er dieses Jahr auch schon in die Schule kommt. Gar nicht mehr klein der kleine Bruder :).
Ich war übrigens auch eine der jüngsten und bin mit 6 in die Schule gekommen. Das geht schon :)

Ilona hat gesagt…

Ich musste soooo lächeln. Ich mach das oft sooo ähnlich und musste mir dann gerechtfertigter Weise sagen lassen: Man kann sich das Leben schon schwer machen! Aber besser ist, man ist darauf vorbereitet! Wie schön, dass Alles gut ist!

Anonym hat gesagt…

Kennst du das Buch Anleitung zum Unglücklichsein von Watzlawick? Fiel mir gerade bei deinem Text ein.
Oft macht man sich Gedanken über ungelegte Eier, die sich dann als komplett harmlos herausstellen ;-)

Unknown hat gesagt…

Daumen hoch! Und alles mal hinten runter sacken lassen. Meine Güte, das Gemache...die Kinder sind 5...FÜNF! Und dann das ganze:Kann nicht, muss aber, wird vielleicht nicht und diese Bögen...SIE SIND FÜNF!Unser eines Enkelkind wird im Sommer auch mit 5 und 4 Monaten eingeschult, es ist mir ganz schlecht bei dem Gedanken...Obwohl pfiffig und gewitzt und und...SIE SIND DOCH KLEINE KINDER! Und jetzt wird mal etwas ausgeruht, liebe Frau Brüllen! Bitte!Liebe Grüße!