Donnerstag, August 21, 2014

Partyplaner: eine Parabel

Normalerweise werde ich ja nach Berichten von Kindergeburtstagen gerne mal gefragt, warum ich das nicht beruflich machen möchte (Diesmal übrigens nicht, es gab auch nur einen trolligen Kommentar bisher, das ist schon ein bisschen schwach.).

Ich habe mir (aus aktuellem Anlass) mal vorgestellt, wie das in etwa ablaufen könnte, wenn ich das im Auftrag für jemanden machen würde.

Also, die Eltern des Geburtstagskindes haben also bei mir eine Mottoparty bestellt. In einem ersten Treffen besprechen wir Grundlegendes, ich schlage (lassen Sie mich für dieses hypothetische Beispiel auf Bekanntes zurückgreifen) eine "Harry Potter"-Party vor. Ein Budget gibt es nicht, "Sagen Sie einfach, was das dann kostet, das kriegen wir schon hin. Die Party zum 70. von Oma Erna, wo wir den Bus gemietet haben für die ganzen alten Leute, die haben wir ja auch gezahlt gekriegt.", ich soll mir mal was einfallen lassen, das nächste Mal ein Konzept vorstellen, damit man was Handfestes hat.
Zum nächsten Treffen komme ich also mit der Idee, dass die Kinder sozusagen einen Schnuppertag in Hogwarts haben, dass es als verschiedene Unterrichtsfächer getarnte Spiele gibt, die Deko, Kuchen, Einladung alles soll thematisch passen. Für die Umsetzung benötige ich ein Team, ich schlage vor, das Ganze mit meinem Team an geübten Helfern zu machen, es kommt der erste Einwand: "Das klingt ja nach einem Megaaufwand. Geld für externe Helfer haben wir nicht, da nehmen wir die Patenonkel und -tanten und uns Eltern als Helfer, das geht schon. Dann sieht das Ganze auch nicht so fertig gekauft aus. Fürs nächste Mal arbeiten Sie das Konzept mal weiter aus, da kommen dann die Patenonkel und so auch dazu, da können wir das dann gemeinsam mal besprechen."
Für das nächste Treffen habe ich eine Agenda, Muster für die Einladungen, Dekoideen, einer Auswahl an Mitgebseln, ein paar Kuchenvorschläge und eine Liste an erprobten Spielen, incl. Anleitungen für die betreuenden Onkel und Tanten.
Ich mache meinen Ordner auf und will mit der Vorstellung anfangen, da kommt vom Patenonkel 1: "Wir sollten noch mal über den Zeitplan reden. Ich finde, dass vier Stunden zu lang sind. Die Kinder haben auch Schule und mein Noah zB, der hat morgens Schwimmkurs und da ist der dann platt und dann kann er nicht noch vier Stunden auf einen Geburtstag". Es entspinnt sich eine wilde Diskussion, ob nun vier Stunden viel sind oder wenig, ob Schwimmen oder Geburtstag anstrengender ist und ob man den Schwimmkurs nicht mal ausfallen lassen kann.
Irgendwann komme ich auch zu Wort und stelle das Konzept "Schnuppertag in Hogwarts" vor.
Eine Patentante meldet sich und meint "Wie sieht es denn mit den Gästen aus? Ich habe ja gehört, dass es so christliche Eltern gibt, die Harry Potter total ablehnen. Was ist, wenn wir da irgendwas lostreten?"
Ein anderer Onkel meint "Ich finde, wir sollten nichts machen, was so kommerziell besetzt ist. Mit Riesenfilmindustrie dahinter. Das ist doch alles nur Geldschneiderei."
Ein dritter meint: "Wieso überhaupt einen extern geplanten Mottogeburtstag? Früher, da haben wir auch nur daheim Topfschlagen und Blinde Kuh gespielt. das war uns damals gut genug."
Eine Tante wirft ein: "Meine Cheyenne, die war letztens auf einem Geburtstag im Kunstmuseum eingeladen. Da haben die Kinder auch richtig was gelernt."
Irgendwann (die Zeit drängt, die Onkel, Tanten und Eltern haben noch wichtige soziale Termine und es kann ja mal nicht so schwer sein, einen läppischen Kindergeburtstag zu planen) kommen wir zu dem Teil mit den Spielen. Es gibt Kommentare wie "Wie, wir müssen das betreuen? Wir haben doch Sie organisiert!" und "Porzellanmalen? Gibt es Vorlagen? Was ist, wenn das dann voll hässlich wird?" und "Ich will aber auf gar keine Fall das mit den Zauberstäben bei Olivander machen. Ich bin nicht so spontan und ich kenne mich damit nicht aus, ich kann da keine Geschichten dazu erzählen." und "Wie, den Kindern Post-its auf die Stirn kleben? Müssen das wirklich die teuren 3M-Post-its sein? Ich habe gehört, dass man von den Weichmachern in dem Kleber Dengue-Fieber kriegen kann. Mein Noel-Emil ist hochsensibel, der verträgt es nicht, wenn man ihm was auf die Haut klebt." und "Wie? Wir sollen uns verkleiden? Wo ist denn da die Autorität hin? Ich werde mir sicher keine Warze aufs Kinn kleben. Und ich will nur Dumbledore sein und auf keinen Fall Argus Filch." und "Wie ist das versicherungstechnisch, wenn sich jemand verletzt, zB beim Besenrennen?" und "Was sollen die Nachbarn denken?" und "Die von schräg gegenüber von meiner Schwiegermutter, die hatten letztens auch einen Partyplaner organisiert und der war nicht so kompliziert und da gabs eine Hüpfburg." und "Mit diesen ganzen Wettkampfspielen, da wird ein sehr ungutes Konkurrenzgehabe gefördert, das finde ich nicht schön".

Als Fazit bekomme ich dann zwar "Nehmen Sie es uns nicht übel, Sie machen das schon, das wird richtig cool, glaube ich", aber ganz ehrlich: sowas mache ich für andere Menschen nur, wenn ich richtig, richtig gut dafür bezahlt werde. Und es hilft, wenn am Heimweg im Auto diese beiden Lieder auf voller Lautstärke laufen.



und




Und falls das jetzt zu verschlüsselt war:
1. Ich werde nie im Leben Partyplaner
2. Ich mag meinen Job sehr gerne. Meistens.
3. Ich habe nicht geheult. Nur einmal gekiekst.
4. Ich habe grossartige Kollegen, die mir heute ungefragt das hier hingelegt haben.

9 Kommentare:

Indica hat gesagt…

Gute Güte, warum sollten Sie sich das antun? ;-)

Ebend! Sie haben doch einen tollen Job, den Sie gern machen und für den Sie gut bezahlt werden.

Ich habe mich köstlich amüsiert und kann es mir so richtig vorstellen - als Event-Frau kann ich Ihnen nur sagen: Das ist auch mit dem Auftrag "Erwachsene bespaßen" nicht anders.

Pterry hat gesagt…

hat nur nebenbei mit deinem Post zu tun: GEMA, ick hasse dir

Anonym hat gesagt…

Das passt doch dazu:
http://grochtdreis.de/weblog/2014/08/06/webdesign-verhandlungen-im-richtigen-leben/

Beste Grüße aus Hamburg!
Gundi

Anonym hat gesagt…

You made my day.... Ich lache immer noch.

Dabei ist es doch wirklich so echt, ob nun bei Kindergeburtstagen, Elternabenden im Kindergarten, Elternrunden auf Spielplätzen und so weiter...... Oh Gott, ich spüre, wie mein Hals anschwillt. ;-)

Liebe Grüsse, Caroline

Julika hat gesagt…

Ach Du liebe Zeit, was habe ich gelacht! Dengue-Fieber!! Von Weichmachern! Darauf könnten Leute glatt kommen....
Liebe Grüße
Julika

Sabine hat gesagt…

Bis zum "wenn das z vrachlüsselt war" hab ich noch gedacht, daß es auch ein (zwei, drei) Firmenmeeting sein könnte... :-D

keinhölzchen hat gesagt…

Diese fiktive Diskussion kommt mir merkwürdig bekannt vor (warum nur?) und "das hier" hängt aus Gründen seit einigen Jahren an der Pinwand im Büro :)))

(Grinse noch immer ...)

Anonym hat gesagt…

Habe das Schild ausgedruckt und direkt meinen Kollegen hingehängt, die Betonwand hat schon fast eine Delle...

Planungsbüro Wahnsinn live...

LG aus NRW
Susanne

Anonym hat gesagt…

P.S. und bei mir läuft dann Molotov von Seeed im Auto

Susanne